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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 5: REFLEXIV-DEFLEXIVE MODERNISIERUNG UND DIE DIFFUSION DES POLITISCHEN 391<br />

109<br />

prozessen, verstanden (siehe auch oben) und ist gleichzeitig e<strong>in</strong> zentrales +Medium* <strong>der</strong><br />

Kommunikation, <strong>in</strong>dem <strong>der</strong> Rekurs auf Wahrheit die (soziale) Kommunikation von Begrün-<br />

dungsansprüchen entlastet. Der gesellschaftliche +Wert* <strong>der</strong> Wahrheit wird also alle<strong>in</strong>e <strong>in</strong><br />

ihrer Dienlichkeit für die nach Luhmann zentrale Funktion <strong>der</strong> Komplexitätsreduktion und<br />

Stabilitätssicherung gesehen. Damit entfällt jedoch nach Habermas erstens e<strong>in</strong>e Kritisierbarkeit<br />

<strong>der</strong> +empirischen* Wahrheit(en) – was für diesen wie<strong>der</strong>um e<strong>in</strong> wesentliches Kriterium für<br />

e<strong>in</strong>e begründete, <strong>in</strong>tersubjektive Wahrheit darstellt, die auch unabhängig von Autorität, Vertrauen<br />

und Zwang etc. Gültigkeit beanspruchen kann und damit diesen Namen erst wirklich verdient.<br />

Zweitens muß Luhmann paradoxerweise, um zu se<strong>in</strong>er +empirischen*, pragmatisch verkürzten<br />

Bestimmung von Wahrheit gelangen zu können, zugleich implizit auf e<strong>in</strong>en +theoretischen*,<br />

auf diskursiven Begründungen beruhenden Wahrheitsbegriff rekurrieren. Luhmanns Ansatz<br />

wird also dem eigenen Anspruch – nämlich gerade ohne e<strong>in</strong>en solchen, <strong>in</strong>haltlich gefüllten<br />

Wahrheitsbegriff auszukommen – nicht gerecht. (Vgl. Theorie <strong>der</strong> Gesellschaft o<strong>der</strong> Sozial-<br />

technologie?; Abschnitt IV)<br />

Unter diesem Blickw<strong>in</strong>kel ersche<strong>in</strong>t die Systemtheorie konsequent als e<strong>in</strong>e +neue Form <strong>der</strong><br />

Ideologie*. Habermas illustriert dies auch an Luhmanns Verb<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong> auf formalisierten<br />

Verfahren beruhenden Legitimation des Rechts mit e<strong>in</strong>em funktionalisierten Ideologiebegriff:<br />

E<strong>in</strong>erseits wird von Luhmann betont, daß die Wirksamkeit des Rechtssystems auf <strong>der</strong> Aner-<br />

kennung <strong>der</strong> dem Recht Geltung verschaffenden Verfahren beruht (siehe auch hier S. 100ff.).<br />

An<strong>der</strong>seits besteht die Auffassung, daß zu diesen Verfahren abstützende Ideologien h<strong>in</strong>zutreten<br />

müssen, um ihnen die Anerkennung zu sichern. Dabei wird unter +Ideologie* von Luhmann<br />

freilich nicht <strong>der</strong> Ausfluß +falschen* Bewußtse<strong>in</strong>s verstanden, son<strong>der</strong>n er versteht unter Ideologien<br />

lediglich (austauschbare) Ideensysteme, die die Funktion erfüllen, das Handeln zu orientieren<br />

und zu rechtfertigen. In dieser Konstruktion übernimmt die funktionalistische Theorie gemäß<br />

Habermas jedoch selbst offensichtlich die Funktion e<strong>in</strong>er Ideologie: Sie stützt, ähnlich wie<br />

die idealistischen Rechtstheorien <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit, die bestehenden Herrschaftsverhältnis<br />

und tilgt den Anspruch auf diskursive Legitimation. (Vgl. ebd.; Abschnitt V.)<br />

Diese kritische E<strong>in</strong>schätzung durch Habermas ist natürlich nicht unwi<strong>der</strong>sprochen geblieben<br />

und hat e<strong>in</strong>e weitergehende Diskussion entfacht (vgl. v.a. die im Suhrkamp-Verlag erschienenen<br />

Folgebände von +Theorie <strong>der</strong> Gesellschaft o<strong>der</strong> Sozialtechnologie*). Es ist allerd<strong>in</strong>gs bezeichnend,<br />

daß selbst aus Kreisen e<strong>in</strong>er eher am +Ma<strong>in</strong>stream* orientierten Soziologie teilweise sehr ähnliche

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