09.12.2012 Aufrufe

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

374 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

die Konfrontation mit <strong>der</strong> Staatsmacht gesucht, so hatten die jüngsten Studentenproteste vom<br />

Herbst 1997 den Charakter e<strong>in</strong>es +kreativen Ausstands* – <strong>der</strong> allerd<strong>in</strong>gs durchaus im E<strong>in</strong>klang<br />

mit den herrschenden Interessen stand. Und so fand man (rhetorische) Unterstützung für<br />

die erhobene For<strong>der</strong>ung nach besseren Studienbed<strong>in</strong>gungen auch von <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> offiziellen<br />

<strong>Politik</strong> und <strong>der</strong> Professorenschaft, während man so orig<strong>in</strong>elle wie harmlose Protestaktionen<br />

wie etwa Bücherläufe o<strong>der</strong> U-Bahnsem<strong>in</strong>are organisierte.<br />

Trotz <strong>der</strong> breiten Sympathie, die den Studenten +entgegenschlug*, waren ihre Anliegen natürlich<br />

zu speziell, um von <strong>der</strong> <strong>Politik</strong> und <strong>der</strong> Bevölkerung konkrete Unterstützung zu erfahren.<br />

Wo dagegen die +Volksmassen* aufgrund des +allgeme<strong>in</strong>en Interesses* tatsächlich noch mobilisiert<br />

werden können, beschränkt sich <strong>der</strong> +Wi<strong>der</strong>stand* meist auf re<strong>in</strong> symbolische Akte mit hohem<br />

emotionalem +Mehrwert* (wie die Lichterketten gegen Auslän<strong>der</strong>fe<strong>in</strong>dlichkeit) o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e moralisch<br />

+aufgeladene*, aber kaum e<strong>in</strong>schneidende Selbstbegrenzung des Konsums. Als Beispiel für<br />

diese +Konsumentenpolitik* können die von +Greenpeace* <strong>in</strong>itiierten Boykott-Aktionen gegen<br />

den Öl-Multi +Shell* dienen, welcher 1995 die ausgediente Fö<strong>der</strong>plattform +Brent Spar* im<br />

Atlantik versenken wollte, anstatt sie, wie von Greenpeace favorisiert, an Land zu entsorgen.<br />

Das Ausweichen <strong>der</strong> Verbraucher auf die Konkurrenz bewirkte e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>lenken des Shell-Kon-<br />

88<br />

zerns, was Ulrich Beck als Beleg für e<strong>in</strong>e subpolitische Konsumentenmacht selbst auf transnatio-<br />

naler/globaler Ebene gilt (vgl. Was ist Globalisierung; S. 121ff.). Me<strong>in</strong>es Erachtens zeigt sich<br />

hier jedoch nur, wie beschränkt Subpolitik zumeist ist. Denn zu weitergehenden Schritten,<br />

die das so umweltbelastende und risikoreiche System <strong>der</strong> Petro<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong>sgesamt <strong>in</strong> Frage<br />

gestellt hätten, waren die von Greenpeace und den Medien mobilisierten, jedoch zugleich<br />

auf ihre Mobilität bedachten Verbraucher offensichtlich nicht bereit. Man entledigte sich mit<br />

dem +Boykott* nur auf bequeme Art des eigenen schlechten (Autofahrer-)Gewissens.<br />

Man kann jedoch <strong>in</strong> <strong>der</strong> kritischen Betrachtung <strong>der</strong> Subpolitik noch weiter gehen: E<strong>in</strong>e (selbst)-<br />

beschränkte Subpolitik baut am Haus, das sie eigentlich e<strong>in</strong>reißen will. Denn ihre H<strong>in</strong>terfragungen<br />

des Systems s<strong>in</strong>d tatsächlich e<strong>in</strong> wichtiger reflexiver +Input* für dieses. Es wird so nämlich<br />

von außen angeregt (bzw. gezwungen), auf problematische Entwicklungen zu reagieren, die<br />

alle<strong>in</strong>e aus <strong>der</strong> Innenperspektive eventuell nicht o<strong>der</strong> nicht rechtzeitig wahrgenommen worden<br />

wären. Auf diese Weise stärken (begrenzte) subpolitische Reflexionen die Adaptionsfähigkeit<br />

des Systems. Ihre Impulse wirken, auch wenn sie zunächst als Herausfor<strong>der</strong>ungen betrachtet<br />

werden, letztendlich stabilisierend, und stellen e<strong>in</strong> aus dem Lot geratenes Gleichgewicht wie<strong>der</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!