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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 5: REFLEXIV-DEFLEXIVE MODERNISIERUNG UND DIE DIFFUSION DES POLITISCHEN 367<br />

die weitreichende persönliche und soziale Konsequenzen haben. In diesen schicksalhaften<br />

Momenten wird das Selbst sich se<strong>in</strong>er und se<strong>in</strong>er sozialen Verantwortung bewußt, <strong>in</strong>dem<br />

es auf die eigene Entscheidungskompetenz verwiesen wird und die Risiken und Chancen<br />

se<strong>in</strong>er Entscheidungen abwägen muß (vgl. ebd.; S. 112ff.). Genau diese ambivalente Verwiesen-<br />

heit des Selbst auf sich selbst erzeugt das neuartige Phänomen <strong>der</strong> +life politics*.<br />

Unter Rekurs auf Theodore Roszak, <strong>der</strong> von e<strong>in</strong>er subversiven politischen Kraft des Persönlichen<br />

81<br />

spricht (vgl. Person/Planet; S. XXVIII), betont auch Giddens dabei den subversiven Charakter<br />

<strong>der</strong> lebens(weltlichen) <strong>Politik</strong> – wobei für ihn jedoch <strong>der</strong>en reflexives Selbst-Projekt nicht<br />

schon an sich subversiv ist. Subversiv s<strong>in</strong>d vielmehr die aktuellen Transformationen des Sozialen,<br />

die von ihr nur gespiegelt werden: also die soziale Entbettung durch abstrakte Systeme o<strong>der</strong><br />

Globalisierungsprozesse etc. (vgl. Mo<strong>der</strong>nity and Self-Identity; S. 209 und siehe ebenso oben).<br />

Unter dem E<strong>in</strong>fluß dieser weitreichenden Verän<strong>der</strong>ungen im Gefüge <strong>der</strong> (Hoch-)Mo<strong>der</strong>ne<br />

wird auch <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuelle Lebensstil und sogar <strong>der</strong> Umgang mit dem (eigenen) Körper zu<br />

82<br />

e<strong>in</strong>er (hoch) politischen Frage (vgl. ebd.; S. 214–220). Deshalb hat lebens(weltliche) <strong>Politik</strong><br />

automatisch e<strong>in</strong>e globale Dimension, und moralische Fragen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Konzentration auf<br />

die ökonomisch-technische Entfaltung vorübergehend verdeckt wurden, gew<strong>in</strong>nen wie<strong>der</strong><br />

an Brisanz (vgl. ebd.; 220–231).<br />

Diese neue Brisanz von (globalen) moralischen Fragen läßt sich beispielsweise an <strong>der</strong> Verfassungs-<br />

debatte anläßlich <strong>der</strong> deutschen Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung ablesen, wo (angeregt durch die Ökolo-<br />

giebewegung) die letztendlich sogar durchgesetzte For<strong>der</strong>ung nach <strong>der</strong> Festschreibung e<strong>in</strong>es<br />

Staatsziels +Umweltschutz* erhoben wurde – e<strong>in</strong>e Staatszielbestimmung, die für Bernd Guggen-<br />

berger angesichts <strong>der</strong> globalen ökologischen Gefährdung mehr als berechtigt ist, denn +die<br />

Welt ist, erstmals, als ganze gefährdet […] Wollen wir sie bewahren, müssen wir sie als ganze<br />

bewahren. Zur Ökologie gibt es ebensowenig Alternativen wie zur Globalität.* Deshalb muß<br />

das +Denken [wie die Praxis] über die Gegenwart h<strong>in</strong>aus; und […] über den Staat h<strong>in</strong>aus*<br />

(Globalität und Zukunft; S. 27).<br />

Mit dieser Feststellung, die Guggenberger mit <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nach e<strong>in</strong>er weiteren, sowohl<br />

ökologisch-lebensweltlichen wie weltgeme<strong>in</strong>schaftlichen +Aufstockung* des Verfassungsstaats<br />

verb<strong>in</strong>det, knüpft er an Gedanken an, die er zusammen mit Claus Offe schon Mitte <strong>der</strong> 80er<br />

83<br />

Jahre (also etwa zeitgleich zu Becks +Risikogesellschaft*) entwickelt hat: Im Bewußtse<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Gefährdungsdimension <strong>der</strong> Umweltproblematik steht die klassische Mehrheitsdemokratie

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