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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 5: REFLEXIV-DEFLEXIVE MODERNISIERUNG UND DIE DIFFUSION DES POLITISCHEN 333<br />

Doch bevor nach den Möglichkeiten für e<strong>in</strong>e reflexive +Überschreitung* <strong>der</strong> Bewegung <strong>der</strong><br />

Mo<strong>der</strong>ne gefragt wird, bevor die Mo<strong>der</strong>ne +reflektiert* werden kann, müssen ihre angstvollen<br />

+Ursprünge* noch e<strong>in</strong>mal näher und vor allem konkret beleuchtet werden. Dies kann geschehen,<br />

<strong>in</strong>dem man die <strong>in</strong> ihr so dom<strong>in</strong>ante Ideologie des Rationalismus <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en historisch-biogra-<br />

phischen Kontext stellt, anstatt sie abstrakt und abgetrennt von ihrer +Genese* zu untersuchen.<br />

Bauman stellt sich dieser Aufgabe <strong>in</strong> ihrer historischen Dimension nicht sehr ausführlich. Er<br />

beschränkt sich darauf, den britischen Historiker Stephen Coll<strong>in</strong>s zu zitieren, <strong>der</strong> sich im Rahmen<br />

se<strong>in</strong>er Betrachtung <strong>der</strong> Grundlegung des mo<strong>der</strong>nen Staates im England <strong>der</strong> Renaissance auch<br />

mit dem Ordnungsdenken Thomas Hobbes’ ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>gesetzt hat und bemerkt: +Hobbes<br />

begriff, daß e<strong>in</strong>e im Fluß bef<strong>in</strong>dliche Welt natürlich war und Ordnung geschaffen werden<br />

mußte, um das, was natürlich war, zu unterdrücken.* (Zitiert nach ebd.; S. 17) 24<br />

Hobbes, dessen <strong>in</strong>strumentelle E<strong>in</strong>stellung zur +Natur* Coll<strong>in</strong>s hier treffend charakterisiert,<br />

ist für mich e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> <strong>in</strong>teressanten Figuren des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts, <strong>in</strong> welchem das rationalistische<br />

Denken antrat, <strong>in</strong> <strong>der</strong> theoretischen wie praktischen Krise <strong>der</strong> alten Ordnung die Hoheit zu<br />

erobern. Allerd<strong>in</strong>gs sticht Hobbes weniger wegen se<strong>in</strong>er philosophischen Brillanz hervor, son<strong>der</strong>n<br />

weil sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Biographie wie <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Werk die wi<strong>der</strong>sprüchlichen Tendenzen <strong>der</strong><br />

Angst-getriebenen Bewegung <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne so deutlich wie bei kaum e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Denker<br />

se<strong>in</strong>er Zeit spiegeln: Er ist e<strong>in</strong> +konservativer Revolutionär*, e<strong>in</strong> Bewahrer und Erneuerer,<br />

e<strong>in</strong>er, <strong>der</strong> von <strong>der</strong> scholastischen Denk-Ordnung Abschied nimmt, um mit <strong>der</strong> ordnenden<br />

Kraft <strong>der</strong> +geometrischen Methode* die bedrohte soziale Ordnung wie<strong>der</strong> herzustellen.<br />

Die sich aus dieser +gespaltenen* Position ergebenden (politik)theoretischen Folgerungen Hobbes’<br />

wurden bereits <strong>in</strong> Kapitel 1 relativ ausführlich dargestellt (siehe S. 21–25). Sie müssen deshalb<br />

hier nicht noch e<strong>in</strong>mal detailliert referiert werden. Und schon dort wurde von mir heraus-<br />

gestrichen, daß <strong>der</strong> Schlüssel zum Verständnis se<strong>in</strong>er zwar rational argumentierenden, aber<br />

– durch die totale (rechtliche) Entäußerung, die er den Vertragsschließenden mit se<strong>in</strong>em<br />

Vertragstext +diktiert* – letztendlich irrationalen vertragstheoretischen Konstruktion <strong>in</strong> <strong>der</strong> Angst<br />

zu suchen ist, die se<strong>in</strong> Leben begleitete: 25<br />

Schon Hobbes’ Geburt im Jahr 1688 stand unter dem drohenden E<strong>in</strong>druck des E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gens<br />

<strong>der</strong> spanischen Armada <strong>in</strong> britische Gewässer, was ihn <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Autobiographie zu <strong>der</strong> bekannten<br />

(und bereits zitierten) Bemerkung veranlaßt, se<strong>in</strong>e Mutter habe Zwill<strong>in</strong>ge geboren: ihn und<br />

die Furcht. Ansonsten spielt die Mutter <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en +Er<strong>in</strong>nerungen* so gut wie ke<strong>in</strong>e Rolle. Es

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