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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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332 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

zeigt Bauman, im expliziten Anschluß an die Thesen <strong>der</strong> +Dialektik <strong>der</strong> Aufklärung*, zu Beg<strong>in</strong>n<br />

se<strong>in</strong>er Ausführungen über +Mo<strong>der</strong>ne und Ambivalenz* (1991) zunächst ebenfalls die gewaltvollen,<br />

Angst-getriebenen Tendenzen <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne auf, alles Ambivalente zu tilgen.<br />

Ambivalenz, das von <strong>der</strong> Empf<strong>in</strong>dung von Kontrollverlusten begleitete Une<strong>in</strong>deutige, ist laut<br />

Bauman paradoxerweise e<strong>in</strong> Produkt <strong>der</strong> Klassifizierungsbemühungen des mo<strong>der</strong>nen Rationalis-<br />

mus, <strong>der</strong> Ordnung <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Begriffssystemen herzustellen bestrebt ist (vgl. S. 13ff.): Sche<strong>in</strong>t<br />

Ambivalenz auf, so wird <strong>der</strong> Versuch gemacht, neue, differenziertere Klassen zu bilden, was<br />

aber zwangsläufig immer auch neue Möglichkeiten für Ambivalenz hervorbr<strong>in</strong>gt. Die Bewegung<br />

<strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne schafft also <strong>in</strong> ihren klassifizierenden E<strong>in</strong>- und Ausschließungen Ambivalenzen,<br />

die im Bemühen um die Herstellung von Ordnung immer vehementer bekämpft werden<br />

(vgl. ebd.; S. 15f.). Die Mo<strong>der</strong>ne ist demgemäß e<strong>in</strong>e ordnende Sisyphusarbeit, e<strong>in</strong> nie enden<strong>der</strong><br />

Krieg gegen die Ambivalenz und das Chaos. Und im Ordnen und Trennen ist die Mo<strong>der</strong>ne<br />

so (ohn)mächtig wie gewaltvoll. Was zweideutig und vermischt ist, untergräbt ihre trennende<br />

Macht und muß deshalb getilgt werden (vgl. ebd.; S. 19f. u. S. 25ff.).<br />

Das die Ambivalenz vernichtende (und ungewollt erzeugende) Ordnungsstreben <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne<br />

erstreckt sich aber natürlich nicht alle<strong>in</strong>e auf die Sprache und das Denken, son<strong>der</strong>n manifestiert<br />

sich auch im Bereich des Politischen: Der Staat soll als +Gärtner* <strong>in</strong> den +sozialen Wildwuchs*<br />

(beschneidend) e<strong>in</strong>greifen (vgl. ebd.; S. 40ff.). In <strong>der</strong> territorial und sozial abgegrenzten ima-<br />

g<strong>in</strong>ären Geme<strong>in</strong>schaft <strong>der</strong> +Nation* wird also – aus Angst vor dem Unbestimmten – E<strong>in</strong>heit<br />

und Homogenität angestrebt und somit e<strong>in</strong> Kampf gegen die Unbestimmtheit des (freilich<br />

nur sozial konstruierten) Fremden geführt (vgl. ebd.; S. 83ff. u. S. 97f.). Doch gerade <strong>der</strong><br />

Fremde, dessen +Prototyp* nach Bauman <strong>der</strong> Jude ist, kann – wo er dem Assimilationsdruck<br />

nicht nachgibt und sobald er se<strong>in</strong>e erzwungene Fremdheit (die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Assimilation natürlich<br />

nur umso deutlicher hervortritt) reflektiert – aus se<strong>in</strong>er Position <strong>der</strong> gleichzeitigen Nähe und<br />

Distanz heraus <strong>der</strong> Gesellschaft den Spiegel vorhalten (vgl. ebd.; S. 105ff.): Er verfügt über<br />

das +Gift <strong>der</strong> Heimatlosigkeit* als se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tellektuelle Waffe (vgl. ebd; S. 118). In diesem S<strong>in</strong>n<br />

liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erfahrung <strong>der</strong> Fremdheit e<strong>in</strong>e Chance zur Erkenntnis. Und da Fremdheit mit <strong>der</strong><br />

weitergehenden Mo<strong>der</strong>nisierung als trennende (und entwurzelnde) Differenzierung zu e<strong>in</strong>er<br />

allgeme<strong>in</strong>en, universalen Erfahrung wird (vgl. ebd.; S. 123), könnte die Mo<strong>der</strong>ne, <strong>in</strong>dem sie<br />

Entfremdungserfahrungen produziert, nicht nur Angst auslösen, son<strong>der</strong>n – im Bewußtse<strong>in</strong><br />

und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Reflexion <strong>der</strong> Angst – diese transzendieren (vgl. ebd.; S. 127ff.).

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