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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 5: REFLEXIV-DEFLEXIVE MODERNISIERUNG UND DIE DIFFUSION DES POLITISCHEN 331<br />

22<br />

gew<strong>in</strong>nen (vgl. ebd.; S. 14). Im weiteren Verlauf geht so schließlich +<strong>der</strong> Mythos […] <strong>in</strong><br />

die Aufklärung über und die Natur <strong>in</strong> die bloße Objektivität* (ebd.; S. 15). Allerd<strong>in</strong>gs ist die<br />

gewonnene Herrschaft über die <strong>in</strong>nere wie die äußere Natur zwiespältig: +Die Menschen<br />

bezahlen die Vermehrung ihrer Macht mit <strong>der</strong> Entfremdung von dem, worüber sie die Macht<br />

ausüben* (ebd.). Die Quelle dieses die Entfremdung immer weiter steigernden Herrschaftsstrebens<br />

ist die Angst, die sich damit – da sie sich wie<strong>der</strong>um aus Entfremdung speist – latent potenziert.<br />

So kommen Horkheimer und Adorno, wie bereits im Prolog zitiert (siehe S. XXXII), zu dem<br />

Schluß: +Aufklärung ist die radikal gewordene, mythische Angst.* (Ebd.; S. 22)<br />

In dieser parallelen Radikalisierung von Angst und Aufklärung geht die ursprüngliche Dialektik<br />

schließlich <strong>in</strong> E<strong>in</strong>dimensionalität über, und die zu e<strong>in</strong>em alles durchdr<strong>in</strong>genden System aus-<br />

geweitete kapitalistische Kultur<strong>in</strong>dustrie br<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong> identisches Individuum hervor, das mit<br />

allem identisch se<strong>in</strong> darf, nur nicht mit sich selbst (vgl. ebd.; S. 128ff. sowie Marcuse: Der<br />

e<strong>in</strong>dimensionale Mensch). Derart von se<strong>in</strong>er +authentischen Basis* abgeschnitten, wird das<br />

Selbst <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne zu e<strong>in</strong>em regressiven Selbst, und die +entfesselte* (subjektive) Vernunft<br />

entäußert sich aller (objektiven) Grundlagen, so daß <strong>in</strong> ihrem Namen nunmehr selbst die<br />

schrecklichste +Barbarei* möglich und rechtfertigbar wird (vgl. Dialektik <strong>der</strong> Aufklärung; S.<br />

177ff.). Die tabula rasa, die Revolution <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne, ist also tatsächlich e<strong>in</strong> Regreß, und<br />

die <strong>in</strong> ihrer Bewegung radikalisierte und +aufgestaute* Angst, die das verunsicherte Selbst<br />

<strong>in</strong> das schützende wie e<strong>in</strong>engende Gehäuse <strong>der</strong> rationalistischen Ordnung flüchten läßt (und<br />

die so verdrängt wird), entlädt sich potentiell <strong>in</strong> Gewalt. Das gleichzeitige Versprechen von<br />

Freiheit und Sicherheit bleibt auf diesem Weg une<strong>in</strong>lösbar. Was sich <strong>der</strong> mühevoll hergestellten<br />

Ordnung wi<strong>der</strong>setzt, muß vernichtet werden, denn sonst stürzt das Individuum zurück <strong>in</strong><br />

die Bodenlosigkeit <strong>der</strong> Angst.<br />

Diese Sicht ist aber natürlich selbst e<strong>in</strong> (mo<strong>der</strong>ner) Mythos, e<strong>in</strong>e Erzählung, die die verborgenen<br />

Potentiale <strong>der</strong> Dialektik <strong>der</strong> Angst und <strong>der</strong> Aufklärung nicht spiegelt und entfaltet, son<strong>der</strong>n<br />

23<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> ihrerseits e<strong>in</strong>dimensionalen Interpretation dieses Zusammenhangs ausblendet. In ihrer<br />

immer weiteren Radikalisierung könnte die Bewegung <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne sich nämlich vielleicht<br />

auch selbst überschreiten bzw. e<strong>in</strong>e neue Richtung e<strong>in</strong>schlagen. Sie könnte dann – wenn<br />

sie sich auf sich selbst zubewegt, <strong>in</strong>dem sie sich zu h<strong>in</strong>terfragen beg<strong>in</strong>nt und ihre Ängste ernst<br />

nimmt – möglicherweise <strong>der</strong> Ambivalenz, <strong>der</strong> Differenz und dem Wi<strong>der</strong>spruch ihren Raum<br />

lassen. Dies ist e<strong>in</strong>e Auffassung, wie sie ganz ähnlich auch Zygmunt Bauman vertritt. Allerd<strong>in</strong>gs

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