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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 5: REFLEXIV-DEFLEXIVE MODERNISIERUNG UND DIE DIFFUSION DES POLITISCHEN 329<br />

dene Umbruch – <strong>in</strong>sofern er +real* ist – wurde zwar nicht vollzogen (im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Überw<strong>in</strong>dung<br />

des Brüchigen), aber er ist, so wie er sich damals darstellte, zwangsläufig vergangen. Die<br />

beschriebene Angst (wenn sie auch womöglich – <strong>in</strong>sofern sie +tatsächlich* war – nicht verschwun-<br />

den und aufgelöst se<strong>in</strong> mag) ist deshalb nicht +wirklich*, nicht gegenwärtig. Sie kann – als<br />

(Re-)Konstrukt – nur dazu dienen, zu vergegenwärtigen, d.h. uns selbst, unsere Gegenwart<br />

zu verstehen. Sie ist als solche die (gegenwärtige) Möglichkeit des Irrtums (über das Vergangene).<br />

Der mögliche Irrtum allerd<strong>in</strong>gs soll ke<strong>in</strong>e Angst auslösen. Lassen wir ihn geschehen.<br />

Doch bevor wir uns <strong>in</strong>s Geschehen(e) +stürzen*, bevor die treibende Angst <strong>in</strong> den Umbrüchen<br />

<strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne konkret gemacht wird, muß gefragt werden, was Angst überhaupt bedeutet,<br />

und ob sie – was immer sie bedeutet – nicht zu +unbedeutend* ist, um ihr hier e<strong>in</strong> so großes<br />

(erklärendes und deutendes) Gewicht zu geben. Angst ist schließlich als Affekt zwar e<strong>in</strong> allgegen-<br />

wärtiger Begleiter des menschlichen Dase<strong>in</strong>s, aber als solcher, so könnte man vermuten, vielleicht<br />

eher e<strong>in</strong> Beschäftigungsfeld für die (Individual-)Psychologie als für die aufgeworfenen Frage-<br />

stellungen wirklich relevant.<br />

Folgt man h<strong>in</strong>gegen Franz Neumann, so ist die Analyse <strong>der</strong> Angst gar <strong>der</strong> zentrale Schlüssel<br />

um soziale, politische und historische Entwicklungen zu verstehen (und im Verstehen gestalten<br />

zu können). Se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach war es nämlich ke<strong>in</strong>esfalls zufällig, daß Frankl<strong>in</strong> D. Roosevelt<br />

zu den von ihm 1941 gegen die Achsenmächte <strong>in</strong>s Feld geführten +Vier Freiheiten* auch<br />

die Freiheit von Not und die Freiheit von Furcht zählte. Beide s<strong>in</strong>d – im Gegensatz zur Me<strong>in</strong>ungs-<br />

und zur Religionsfreiheit (den an<strong>der</strong>en von Roosevelt gefor<strong>der</strong>ten Freiheiten) – negative<br />

17<br />

Freiheiten, und man könnte sogar behaupten, daß die Furcht bzw. die Angst geradezu das<br />

(negative) an<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Freiheit darstellt. Denn Angst macht es laut Neumann unmöglich, frei<br />

zu entscheiden. (Vgl. Angst und <strong>Politik</strong>; S. 261)<br />

Was Neumanns konkretes Angst-Konzept betrifft, so knüpft er an das klassische psychoanalytische<br />

18<br />

Modell Freuds an. Freud unterscheidet die sog. +Realangst* von +neurotischer Angst*. Während<br />

die Realangst als etwas +Rationelles und Begreifliches* ersche<strong>in</strong>t und +als Äußerung des Selbst-<br />

erhaltungstriebes* angesehen werden kann, also e<strong>in</strong>e nachvollziehbare Reaktion auf e<strong>in</strong>e<br />

+objektive* Gefährdung darstellt, fehlt <strong>der</strong> neurotischen Angst – die sich <strong>in</strong> diffusen Angst-<br />

neurosen, <strong>in</strong> Phobien und <strong>in</strong> hysterischer Angst äußert – dieser +reale* H<strong>in</strong>tergrund (vgl. Vorle-<br />

sungen zur E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Psychoanalyse; S. 309–314). An<strong>der</strong>erseits zeigt Freud auf, daß<br />

auch die neurotischen Formen <strong>der</strong> Angst, die gewissermaßen vom +Ich* produziert s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong>en

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