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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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324 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

zu können, son<strong>der</strong>n vielmehr e<strong>in</strong>em analytisch-heuristischen Zeck dient. Dabei berufe ich<br />

mich jedoch durchaus auf die (<strong>in</strong>dividuelle) Erfahrung e<strong>in</strong>er +Realität*, <strong>in</strong> <strong>der</strong> beide Elemente<br />

zwar vorhanden s<strong>in</strong>d, aber immer nur +vermischt* und niemals klar geschieden. E<strong>in</strong>e +reflexive*<br />

Haltung bestünde nun genau dar<strong>in</strong>, diese Une<strong>in</strong>deutigkeit und Ambivalenz des Se<strong>in</strong>s wahrzu-<br />

nehmen und zu spiegeln, anstatt sie zu verdrängen und von ihr abzulenken. Es handelt sich<br />

bei den begriffen +Reflexion* und +Deflexion* also um subjektiv-hermeneutische Kategorien,<br />

die die Art und Weise <strong>der</strong> Betrachtung ebenso charakterisieren, wie mit ihnen sie Zuordnungen<br />

vorgenommen werden, die jedoch immer auch +problematischen* Charakter haben, <strong>in</strong>dem<br />

sie sich (durch ihre subjektive, +empirische* Färbung) nicht +objektivieren* lassen.<br />

Reflexion bedeutet dabei <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ersten Annäherung die bewußte und aufrichtige Spiegelung<br />

(<strong>der</strong> Ambivalenz) <strong>der</strong> Welt im Denken wie im Handeln, während Deflexion demgegenüber<br />

als bewußte o<strong>der</strong> unbewußte (dann allerd<strong>in</strong>gs alle<strong>in</strong>e von <strong>in</strong>nen heraus nicht erkennbare)<br />

Unaufrichtigkeit, als +mauvaise foi* (Sartre) zu bezeichnen wäre, die Reflexionen begrenzt<br />

und auf E<strong>in</strong>deutigkeit beharrt. Was die E<strong>in</strong>ordnung +äußerer* Umstände und +fremden*<br />

Verhaltens anbelangt, so gibt es natürlich notwendigerweise immer nur Indizien und Ver-<br />

mutungen. Doch seien wir – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em reflexiven S<strong>in</strong>n – spekulativ, haben wir den Mut zur<br />

Vermutung! Denn Spekulation ist <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zige Weg, Aussagen über e<strong>in</strong>e Welt zu machen,<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> es ke<strong>in</strong>e Gewißheit gibt ist. Die subjektive +Evidenz* und die nach außen vermittelte,<br />

aber nicht opportunistisch allgeme<strong>in</strong>e Zustimmungsfähigkeit erstrebende, son<strong>der</strong>n verne<strong>in</strong>end<br />

gerade gegen den +common sense* gerichtete +Plausibilität* <strong>der</strong> Kennzeichnung e<strong>in</strong>es Umstands<br />

o<strong>der</strong> Verhaltens als reflexiv bzw. deflexiv soll und muß genügen. Und es gibt beispielsweise<br />

durchaus plausible Gründe für die hier im folgenden vertretene Annahme, daß <strong>in</strong> +Systemzusam-<br />

menhängen* die deflexive Komponente grundsätzlich stärker ausgeprägt ist als <strong>in</strong> den (<strong>in</strong>divi-<br />

duellen) Lebenwelten, da erstere abstrakter und durch e<strong>in</strong>e deutlichere +Entfremdung* geprägt<br />

s<strong>in</strong>d. Abstraktion und Entfremdung schaffen zwar größere Möglichkeiten für kognitive Refle-<br />

xionen, aber sie beh<strong>in</strong><strong>der</strong>n die für +kritische* Reflexionen notwendige Öffnung nach <strong>in</strong>nen<br />

wie nach außen: die konkrete Wahrnehmung als bestimmte Negation.<br />

Was aber, wenn die Lebenswelten, wie aktuell, <strong>in</strong> erheblichem Maß durch das System +kolo-<br />

nialisiert* s<strong>in</strong>d? Wo könnte dann <strong>der</strong> Ansatzpunkt <strong>der</strong> transzendierenden Negation liegen?<br />

Wir stecken <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Dilemma, e<strong>in</strong>e Aporie tut sich auf. Aber die Aporie ist, zum<strong>in</strong>dest gemäß<br />

<strong>der</strong> dialektischen +Hebammenkunst* des Sokrates, immer auch e<strong>in</strong> möglicher Umschlagspunkt.

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