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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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XXXVIII POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

+Die Welt <strong>der</strong> Technik […] ist sozusagen <strong>der</strong> ›große Mensch‹* (Gehlen: Die Seele im technischen<br />

Zeitalter; S. 9). Im technischen Staat, <strong>der</strong> auf <strong>der</strong> +Magie <strong>der</strong> Technik* fußt (vgl. ebd.; S. 13ff.),<br />

verwirklicht sich deshalb das menschliche Bedürfnis nach (politischer) Stabilität bei e<strong>in</strong>em<br />

gleichzeitigen (technisch-praktischen) Fortschritt (vgl. ebd.; S. 33). Es ist Helmuth Schelsky,<br />

<strong>der</strong> diese von Gehlen vorgezeichnete L<strong>in</strong>ie <strong>der</strong> Argumentation politisch weiterdenkt:<br />

+Wir behaupten nun, daß durch die Konstruktion <strong>der</strong> wissenschaftlich-technischen Zivilisation e<strong>in</strong><br />

neues Grundverhältnis von Mensch zu Mensch geschaffen wird, <strong>in</strong> welchem das Herrschaftsverhältnis<br />

se<strong>in</strong>e alte persönliche Beziehung <strong>der</strong> Macht von Personen über Personen verliert, an die Stelle <strong>der</strong><br />

politischen Normen und Gesetze aber Sachgesetzlichkeiten <strong>der</strong> wissenschaftlich-technischen Zivilisation<br />

treten […]* (Der Mensch <strong>in</strong> <strong>der</strong> wissenschaftlichen Zivilisation; S. 453)<br />

52<br />

Allerd<strong>in</strong>gs ist sich Schelsky (wie übrigens auch Gehlen) durchaus bewußt, daß die Technisierung<br />

e<strong>in</strong>e ambivalente Entwicklung hervorgerufen hat: +Der Mensch löst sich vom Naturzwang<br />

ab, um sich se<strong>in</strong>em eigenen Produktionszwang zu unterwerfen* (ebd.; S. 449). Nur sieht<br />

Schelsky überwiegend die positiven Aspekte dieser Selbstunterwerfung: +Aber die Phrase,<br />

daß damit die Technik uns beherrscht, ist doch falsch; die ›Technik‹ ist ja ke<strong>in</strong> <strong>in</strong> sich ruhendes,<br />

dem Menschen gegenüberstehendes absolutes Se<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n sie ist <strong>der</strong> Mensch als Wissenschaft<br />

und als Arbeit selbst* (ebd.; S. 450).<br />

So kritisch man gerade die letzte Äußerung betrachten sollte – <strong>in</strong> diesen Sätzen Schelskys<br />

ist das grundlegende Paradox <strong>der</strong> Domestizierung vorformuliert, nämlich daß mit <strong>der</strong> Eman-<br />

zipation von den Naturgewalten gleichzeitig neue Abhängigkeiten sowie technikerzeugte Risiken<br />

entstanden s<strong>in</strong>d (vgl. auch van <strong>der</strong> Loo/van Reijen: Mo<strong>der</strong>nisierung; S. 234f.). Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

ist die Entwicklung <strong>der</strong> Kultur – worauf <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Freud h<strong>in</strong>gewiesen hat – mit e<strong>in</strong>er vielfach<br />

problematischen Internalisierung von sozialen Zwängen e<strong>in</strong>her gegangen, was sich auch <strong>in</strong><br />

sozialen Krisenersche<strong>in</strong>ungen manifestieren kann.<br />

Hiermit s<strong>in</strong>d nun die vier wesentlichen Teilprozesse <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>nisierung, <strong>in</strong> all ihrer Wi<strong>der</strong>-<br />

sprüchlichkeit, kurz beleuchtet worden. Dabei ist hoffentlich klar geworden, daß diese unter-<br />

e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>in</strong> enger Wechselwirkung stehen und nur auf analytischer Ebene vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu<br />

trennen s<strong>in</strong>d.

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