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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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300 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

e<strong>in</strong>gelassen haben: E<strong>in</strong>e Gesundheitskrise wurde – um vom Gefährdungspotential durch BSE<br />

abzulenken – zu e<strong>in</strong>er (primär ökonomisch thematisierten) R<strong>in</strong><strong>der</strong>krise umdef<strong>in</strong>iert (vgl. ebd.;<br />

S. 184ff.). Denn die +hard news* ökonomischer Schadensrechnungen (und natürlich auch<br />

symbolische Akte von <strong>Politik</strong>ern) lassen sich leichter mediengerecht aufbereiten als unsichere<br />

(und hoch komplexe) wissenschaftliche Aussagen über potentielle Risiken für Verbraucher.<br />

Trotzdem war und ist die Thematisierung von BSE <strong>in</strong> den Medien natürlich, wie dies für +Um-<br />

weltkrisen* allgeme<strong>in</strong> gilt, durch e<strong>in</strong>e hybride Mischung von solchen +hard news* (also Fakten<br />

mit schnell verfallendem Aktualitätswert) und eher unspezifischen, dafür aber zeitlich nicht<br />

so limitierten +soft news* gekennzeichnet (vgl. ebd.; S. 169f.).<br />

Hierauf aufbauend kommt es allerd<strong>in</strong>gs im Kontext <strong>der</strong> BSE-Krise auch noch auf an<strong>der</strong>e Art<br />

und Weise zu e<strong>in</strong>er deflexiven Redef<strong>in</strong>ition, bei <strong>der</strong> <strong>Politik</strong> und Medien (symbiotisch) zusammen-<br />

wirken: Das Problem BSE wird externalisiert und ersche<strong>in</strong>t dadurch nicht mehr selbsterzeugt,<br />

son<strong>der</strong>n vielmehr durch äußere E<strong>in</strong>flüsse verursacht. Die aktive Konstruktion e<strong>in</strong>es neuen<br />

Problems/Konfliktfeldes dient so zur Ablenkung von e<strong>in</strong>em bestehenden an<strong>der</strong>en und vielleicht<br />

brennen<strong>der</strong>en Problem (vgl. auch Edelman: Construct<strong>in</strong>g the Political Spectacle; S. 27f.).<br />

Um <strong>der</strong>art e<strong>in</strong>e Entlastung zu erreichen, appellierte man <strong>in</strong> Großbritannien an nationalistische<br />

Gefühle, und versuchte, e<strong>in</strong>en äußeren Fe<strong>in</strong>d zu konstruieren.<br />

Prädest<strong>in</strong>iert für die Rolle des äußeren Fe<strong>in</strong>des ist <strong>in</strong> Großbritannien +traditionell* Europa,<br />

<strong>der</strong> Kont<strong>in</strong>ent (zu dem sich das britische Inselreich nicht zählt) und hier <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Deutsch-<br />

land, das sich als Fe<strong>in</strong>dfigur deshalb beson<strong>der</strong>s gut eignet, weil es Kriegsgegner im Zweiten<br />

Weltkrieg war, welcher für die Briten trotz ihres Stehens auf <strong>der</strong> Siegerseite auch das Ende<br />

ihres kolonialen Empires (jedenfalls weiter Teile davon) mit sich brachte. Deshalb herrschen<br />

<strong>in</strong> Großbritannien noch immer ambivalente Gefühle, wenn an diesen Krieg gedacht wird,<br />

und es besteht offenbar e<strong>in</strong> latentes Verlangen, die Schlacht noch e<strong>in</strong>mal zu schlagen. Verstärkt<br />

wird diese Tendenz dadurch, daß <strong>der</strong> Kriegsverlierer Deutschland nach dem Krieg Großbritannien<br />

wirtschaftlich überflügelte. Die deutsche Wi<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung im Jahr 1990 schließlich schürte<br />

zusätzlich die untergründige Furcht vor e<strong>in</strong>em neuen Großdeutschland, das <strong>in</strong> Kooperation<br />

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mit Frankreich, dem an<strong>der</strong>en +Erzfe<strong>in</strong>d* <strong>der</strong> Briten, e<strong>in</strong>e aus britischer Sicht zu starke Über-<br />

macht darstellt.<br />

Bei den Verhandlungen zur Handhabung <strong>der</strong> BSE-Krise mit <strong>der</strong> EU (die man als von Deutschland<br />

und Frankreich dom<strong>in</strong>iert ansieht) bemühte die britische Presse denn auch ausgiebig die

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