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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 4: DER FALL +BSE* 297<br />

<strong>der</strong> <strong>Politik</strong>) sollten das reflexive Protestpotential ablenken, das durch BSE freigesetzt wurde.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs war dieses im Fall von BSE von vorne here<strong>in</strong> nur sehr begrenzt. Dagegen spricht<br />

auch nicht die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat meßbare Reaktion <strong>der</strong> Verbraucher. Denn selbst wo diese +verschreckt*<br />

wurden und sich den Angeboten <strong>der</strong> R<strong>in</strong>dfleisch<strong>in</strong>dustrie entzogen, wurde meist nur auf an<strong>der</strong>e<br />

Fleischsorten +ausgewichen*. So stieg <strong>in</strong> Großbritannien <strong>in</strong>folge <strong>der</strong> BSE-Ängste <strong>der</strong> Absatz<br />

von Schwe<strong>in</strong>e- und Lammfleisch an, und schon nach kurzer Zeit war e<strong>in</strong>e +Normalisierung*<br />

67<br />

auch beim R<strong>in</strong>dfleischkonsum festzustellen. Diese +gemäßigte* Reaktion <strong>der</strong> Verbraucher<br />

ist me<strong>in</strong>es Erachtens aber nur begrenzt auf den Erfolg <strong>der</strong> politischen Deflexionsversuche<br />

zurückzuführen. Der Fleischverzehr, <strong>der</strong> an sich Ausdruck e<strong>in</strong>es problematischen <strong>in</strong>strumentellen<br />

Umgangs mit an<strong>der</strong>en Lebewesen ist und (so +exzessiv* wie er betrieben wird) überdies e<strong>in</strong>e<br />

+<strong>in</strong>humane* Massentierhaltung erfor<strong>der</strong>t, stellt <strong>in</strong> <strong>der</strong> britischen und auch <strong>der</strong> kont<strong>in</strong>entalen<br />

Kultur e<strong>in</strong>e unh<strong>in</strong>terfragte Selbstverständlichkeit dar, und speziell R<strong>in</strong>dfleisch hat <strong>in</strong> Groß-<br />

britannien e<strong>in</strong>e hohe (nationale) symbolische Bedeutung (siehe auch Abschnitt 4.5). Die<br />

überwiegende Mehrheit <strong>der</strong> Menschen ist zudem zu träge, ihre Gewohnheiten grundlegend<br />

zu än<strong>der</strong>n, und man geht lieber e<strong>in</strong> Risiko e<strong>in</strong>, so lange dieses nicht konkret und faßbar ist,<br />

d.h. wenn nicht wirklich klar ist, daß das tägliche Stück Fleisch auf dem Teller nicht nur für<br />

das Schlachtvieh, son<strong>der</strong>n auch für den Esser tödlich ist. Abgestützt wird diese Trägheit <strong>der</strong><br />

Konsumenten durch das enorme +Momentum* <strong>der</strong> R<strong>in</strong>dfleisch<strong>in</strong>dustrie. Die eher hilflosen<br />

Deflexionsversuche hätten also vielleicht, wenn man sich auf die Seite <strong>der</strong> <strong>in</strong>stitutionalisierten<br />

<strong>Politik</strong> stellt, lieber gleich ganz unterlassen bleiben sollen. Anstatt durch allzu durchsichtige<br />

Manöver die eigene Legitimität zu untergraben, wäre es klüger gewesen, auf die Selbstbegrenzung<br />

<strong>der</strong> Reflexivität durch bestehende Trägheitsmomente zu bauen.<br />

4.4 MEDIALE ASPEKTE DES POLITISCHEN BSE-DRAMAS<br />

Was bewog – ausgerechnet – e<strong>in</strong>en britischen Landwirtschaftsm<strong>in</strong>ister dazu, se<strong>in</strong>e Tochter<br />

vor laufenden Kameras mit e<strong>in</strong>er amerikanischen Fast-Food-Spezialität zu +beglücken*, die<br />

irreführen<strong>der</strong> Weise +Hamburger* genannt wird – obwohl doch die +Güte* solcher Kost im<br />

allgeme<strong>in</strong>en eher bezweifelt wird und e<strong>in</strong> +echter* Brite sich im beson<strong>der</strong>en schon aus<br />

Patriotismus <strong>der</strong>lei eher +unbritischen* Gaumenfreuden verweigern müßte? Und was bewog<br />

an<strong>der</strong>erseits die Tochter jenes britischen Landwirtschaftsm<strong>in</strong>isters dazu, diesen Hamburger

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