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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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XXXVI POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

Ähnlich wie Elias verfolgt auch Michel Foucault, <strong>der</strong> als +<strong>Post</strong>strukturalist* oft auch als (Vor)-<br />

Denker <strong>der</strong> +<strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne* herhalten muß, e<strong>in</strong>en sozialhistorischen Ansatz bei se<strong>in</strong>er Analyse<br />

47<br />

<strong>der</strong> gesellschaftlichen Verhältnisse. Er betont, daß im Zuge des Mo<strong>der</strong>nisierungsprozesses<br />

auf <strong>der</strong> Grundlage des rationalistischen Ordnungsdenkens alles An<strong>der</strong>sartige aus dem Bereich<br />

<strong>der</strong> Öffentlichkeit verbannt wurde. Auf <strong>der</strong> Ausstellungsfläche des öffentlichen Raumes sollte<br />

nur mehr die Normalität <strong>der</strong> Gesellschaft zur Schau gestellt werden. So kam es zu dem, was<br />

Foucault <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Buch +Wahns<strong>in</strong>n und Gesellschaft* (1961) die große Gefangenschaft nennt:<br />

Die Kranken und die Irren, die Verbrecher und die sog. +Arbeitsscheuen* wurden <strong>in</strong> Spitälern<br />

und Irrenanstalten, <strong>in</strong> Gefängnissen und Arbeitshäusern verwahrt (vgl. S. 68–98). Allerd<strong>in</strong>gs<br />

geschah die Internierung des An<strong>der</strong>sartigen auch im +humanitären* Bemühen um e<strong>in</strong>e Re<strong>in</strong>te-<br />

gration <strong>in</strong> die Gesellschaft, was Foucault jedoch ganz zu Recht als Ausfluß von Machtdenken<br />

48<br />

+denunziert*. Denn es handelt sich hier um den Versuch, den Bereich <strong>der</strong> sozialen Kontrolle<br />

selbst auf den Wahn und das Verbrechen auszudehnen.<br />

In e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Werk schil<strong>der</strong>t Foucault diesen Prozeß am Beispiel des Umgangs mit Del<strong>in</strong>-<br />

quenten. Dom<strong>in</strong>ierten früher grausame körperliche Strafen, die öffentlich vollzogen wurden,<br />

so entwickelte sich im Zuge <strong>der</strong> Aufklärung die Vorstellung, mit <strong>der</strong> Strafe den Menschen<br />

49<br />

zu +bessern*. Diszipl<strong>in</strong>ierung war aber auch hier das Ziel, und es wurde erreicht, <strong>in</strong>dem<br />

die +Verbrecher* sich die Sichtweise <strong>der</strong> Gesellschaft zu eigen machen sollten. Benthams<br />

Idee e<strong>in</strong>es Panoptikums – e<strong>in</strong>es r<strong>in</strong>gförmigen Gebäudes, das <strong>in</strong> Zellen unterteilt ist, die von<br />

<strong>der</strong> Mitte aus frei e<strong>in</strong>sehbar s<strong>in</strong>d – spiegelt diesen Gedanken:<br />

+Das Pr<strong>in</strong>zip des Kerkers wird [damit] umgekehrt […] Das volle Licht und <strong>der</strong> Blick des Aufsehers<br />

erfassen besser als das Dunkel, das auch schützte. Die Sichtbarkeit ist e<strong>in</strong>e Falle […] Derjenige, welcher<br />

<strong>der</strong> Sichtbarkeit unterworfen ist und dies weiß, übernimmt die Zwangsmittel <strong>der</strong> Macht und spielt<br />

sie gegen sich selber aus; er <strong>in</strong>ternalisiert das Machtverhältnis [zwischen Beobachter und Beobachtetem],<br />

<strong>in</strong> welchem er gleichzeitig beide Rollen spielt.* (Überwachen und Strafen; S. 257)<br />

Foucault hat hier an dem von ihm gewählten Beispiel e<strong>in</strong>en zentralen Punkt herausgearbeitet:<br />

Die gesellschaftlichen Verhältnisse s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne – ganz gemäß ihrem Selbstverständnis<br />

als aufgeklärte Gesellschaft, die den Idealen <strong>der</strong> +Freiheit, Gleichheit und Brü<strong>der</strong>lichkeit*<br />

verpflichtet ist – nicht mehr offen unterdrückerisch gestaltet. Das latent immer noch wirksame,<br />

ja <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne geradezu immanente Bestreben nach alles umfassen<strong>der</strong> Kontrolle mußte,<br />

um ke<strong>in</strong>e Wi<strong>der</strong>stände auszulösen, auf subtilere Weise als <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit umgesetzt

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