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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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260 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

das sie temporalisiert wie entpersonalisiert und damit weniger offensichtlich ersche<strong>in</strong>en läßt.<br />

Doch was passiert, wenn dieser im System <strong>der</strong> liberalen Demokratie zentrale Mechanismus<br />

<strong>der</strong> Machtlegitimation und rituellen E<strong>in</strong>heitsstiftung durch soziale Transformationsprozesse<br />

auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Sozialstruktur und <strong>der</strong> Kultur unterm<strong>in</strong>iert wird?<br />

Es sche<strong>in</strong>t aktuell <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat angebracht, sich diese Frage zu stellen. Denn wie (<strong>in</strong> Abschnitt<br />

2.5) beschrieben, hat e<strong>in</strong>e immense Wohlstandssteigerung <strong>in</strong> den +fortgeschrittenen* Industrie-<br />

gesellschaften zu e<strong>in</strong>er weitgehenden Auflösung <strong>der</strong> alten Klassen- bzw. Schichtungsverhältnisse<br />

geführt, was mit dem Begriff <strong>der</strong> +Individualisierung* soziologisch zu fassen versucht wurde.<br />

Dieser verweist auf e<strong>in</strong>e Pluralisierung und Auffächerung <strong>der</strong> kulturellen Muster wie <strong>der</strong> <strong>in</strong>di-<br />

viduellen Ausdrucks- und Lebensformen. Individualisierung ist jedoch, obwohl die ästhetische<br />

Dimension <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat an Bedeutung gew<strong>in</strong>nt, ke<strong>in</strong> bloßes Oberflächenphänomen, son<strong>der</strong>n<br />

mit ihr ist auch e<strong>in</strong> tiefgreifen<strong>der</strong> Wertewandel h<strong>in</strong> zu postmateriellen Werten verbunden,<br />

was sich auf politischer Ebene <strong>in</strong> den verschiedenen Ersche<strong>in</strong>ungsformen <strong>der</strong> Subpolitik (<strong>in</strong>sbe-<br />

son<strong>der</strong>e den neuen sozialen Bewegungen) manifestiert, die die <strong>in</strong>stitutionelle <strong>Politik</strong> zunehmend<br />

herausfor<strong>der</strong>n. E<strong>in</strong>igen Beobachtern ersche<strong>in</strong>t dieser Wandel, <strong>der</strong> die bestehenden Verhältnisse<br />

<strong>in</strong> Frage stellt, als sozialer Auflösungsprozeß, als Werteverfall und Orientierungsverlust etc.<br />

Diese e<strong>in</strong>seitig negative Interpretation wird von mir, wie unter Verweis auf die Argumente<br />

Becks dargelegt (siehe S. 191f.), nicht geteilt – wenngleich natürlich die Frage nach <strong>der</strong> sozialen<br />

Orientierung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividualisierten Gesellschaft sicherlich berechtigt ist (vgl. dazu auch<br />

74<br />

Dettl<strong>in</strong>g: <strong>Politik</strong> und Lebenswelt; Kap. 4). Ferner habe ich kritisch herausgestellt, daß die<br />

neue +Sozialmoral des eigenen Lebens*, von <strong>der</strong> Beck spricht, genauso wie die Aufrechterhaltung<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong>dividualisierten Lebensstile, durch ungünstige ökonomische Entwicklungen gefährdet<br />

wird. E<strong>in</strong> Wi<strong>der</strong>spruch zwischen ökonomischer Basis und den kulturellen Formen und Inhalten<br />

tut sich auf, <strong>der</strong> zu Frustrationen und (daraus resultierend) zu Apathie o<strong>der</strong> zu Ersche<strong>in</strong>ungen<br />

von des<strong>in</strong>tegrativer Gewalt führen kann (siehe S. 190f. und S. 195).<br />

Diese Problematik e<strong>in</strong>er ökonomisch +entbetteten* Individualisierung (wie wir sie aktuell erleben),<br />

die verstärkt den +häßlichen Bürger* (Beck) hervortreten läßt, hat notwendig auch Auswirkungen<br />

auf die <strong>Politik</strong>. Im Wahlverhalten zeigt sie sich e<strong>in</strong>erseits <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abgabe von +Proteststimmen*<br />

für +radikale* Randparteien und an<strong>der</strong>erseits <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en Wahlmüdigkeit. Auf diese<br />

Weise wird <strong>der</strong> erzeugten Frustration Luft gemacht und Enttäuschung durch e<strong>in</strong>e Abwendung<br />

von <strong>der</strong> <strong>Politik</strong> ausgedrückt, was sich ganz konkret eben <strong>in</strong> s<strong>in</strong>kenden Wahlbeteiligungen

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