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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 3: DIE ANTINOMIEN +KLASSISCHER* POLITIK IN DER GLOBALEN RISIKOGESELLSCHAFT 251<br />

was im objektivierenden wissenschaftlichen Diskurs aber verschw<strong>in</strong>det, so daß durch diese<br />

Entpolitisierung e<strong>in</strong> umgekehrter Translationsverlust wie oben konstatiert werden kann: Der<br />

politische Diskurs wird durch Verwissenschaftlichung ebenso trivialisiert wie <strong>der</strong> wissenschaftliche<br />

Diskurs durch Politisierung.<br />

Beide Systeme – <strong>Politik</strong> und Wissenschaft – laufen deshalb im deflexiven Zusammenspiel<br />

zusätzlich Gefahr, daß sie an Legitimität e<strong>in</strong>büßen. Die Wissenschaft (<strong>der</strong>en tatsächliche Macht<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Setzung von kognitiven und technologischen Standards im Zusammenspiel mit <strong>der</strong><br />

Industrie und dem Bildungssystem liegt) läßt sich auf dieses Spiel e<strong>in</strong>, weil sie als Ausgleich<br />

für den politischen Rückgriff auf ihren Legitimitätspool nicht nur materiell entlohnt wird, son<strong>der</strong>n<br />

e<strong>in</strong>e sche<strong>in</strong>bare politische Def<strong>in</strong>itionsmacht erhält, die nur sche<strong>in</strong>bar ist, weil Wissenschaft<br />

durch ihre Politisierung eher <strong>in</strong> Abhängigkeit zur <strong>Politik</strong> gerät, als daß es zu e<strong>in</strong>er wirklichen<br />

Herrschaft <strong>der</strong> Experten kommen würde (siehe hierzu me<strong>in</strong>e Bemerkungen auf S. 149ff.).<br />

Diese Instrumentalisierung <strong>der</strong> Wissenschaft erkennt auch die Öffentlichkeit, wodurch Wissen-<br />

schaft ihr Wahrheitsmonopol zunehmend verliert.<br />

Aber nicht nur für die Wissenschaft selbst, son<strong>der</strong>n gleichermaßen für die <strong>Politik</strong> ist das (zudem<br />

ja immer schwieriger werdende) Zehren vom wissenschaftlichen Legitimitätspool +gefährlich*.<br />

Macht <strong>Politik</strong> zu exzessiv von <strong>der</strong> Ressource Wissenschaft gebrauch und ersche<strong>in</strong>t sie im<br />

Blick <strong>der</strong> Öffentlichkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge als zu +versachlicht*, so droht (ganz analog zur <strong>in</strong> Abschnitt<br />

3.2 aufgezeigten Problematik <strong>der</strong> Verrechtlichung) e<strong>in</strong>e Entfremdung zwischen <strong>Politik</strong> und<br />

Publikum, welches sich durch Verwissenschaftlichung (noch mehr als ohneh<strong>in</strong>) vom politischen<br />

Diskurs ausgeschlossen fühlt. Das Resultat e<strong>in</strong>er solchen Entfremdung kann e<strong>in</strong>e resignierende<br />

Abwendung <strong>der</strong> Menschen von <strong>der</strong> <strong>Politik</strong>, dem politischen Institutionensystem se<strong>in</strong> (Ent-<br />

politisierung). Es kann aber – durch das reflexive Bewußtse<strong>in</strong> für die Problematik <strong>der</strong> technischen<br />

Entwicklung – auch e<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>terfragung dieses Systems stattf<strong>in</strong>den und somit kritisches politisches<br />

Potential entfesselt werden, das sich <strong>in</strong> neuen Formen politisch organisiert (subpolitische<br />

Repolitisierung). Für diesen ambivalenten Prozeß des politischen Kulturwandels lassen sich<br />

auch empirische Belege f<strong>in</strong>den (siehe nochmals Abschnitt 2.5). Die hier beschriebene gegenseitige<br />

Schwächung und Delegitimierung von <strong>Politik</strong> und Wissenschaft durch Deflexionsversuche<br />

reflexiver Potentiale und Prozesse tritt <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e dann e<strong>in</strong>, wenn die Deflexion an e<strong>in</strong>e<br />

materielle Grenzen stößt, daß heißt, wenn sich konkrete Gefahren <strong>in</strong> den Weg stellen, die<br />

re<strong>in</strong> deflexiv nicht o<strong>der</strong> nur schwer zu meistern s<strong>in</strong>d.

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