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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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248 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

Wissenschaft als Beruf; S. 45 und siehe auch S. XXXII). Es sche<strong>in</strong>t auf, wenn <strong>der</strong> +Kritische<br />

Rationalismus* von <strong>der</strong> Vorstellung <strong>der</strong> Beweisbarkeit von Sätzen Abschied nimmt und das<br />

negative Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Falsifizierung an ihre Stelle setzt, um den positivistischen Glauben an<br />

den Erkenntnisfortschritt zu retten (siehe auch Anmerkung 82, Prolog). Und es sche<strong>in</strong>t auf,<br />

wenn im postmo<strong>der</strong>nen Denken – ohne große Trauer, son<strong>der</strong>n im Gegenteil geradezu<br />

enthusiastisch – <strong>der</strong> wissenschaftliche Selbstzweifel dah<strong>in</strong>gehend radikalisiert wird, daß <strong>der</strong><br />

wissenschaftliche Diskurs nur noch gleichberechtigt als e<strong>in</strong>er unter vielen ersche<strong>in</strong>t (siehe<br />

S. XLVIff). In <strong>der</strong> aktuellen Wissenschaftssoziologie greift <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge die Reflexivität so weit,<br />

daß die Annahme <strong>der</strong> Relativität, die vormals nur die +Resultate* <strong>der</strong> ethnographisch abgebildeten<br />

Forschungsprozesse betraf, auch auf die eigenen Aussagen ausgedehnt wird (vgl. z.B.<br />

Woolgar/Ashmore: The Next Step).<br />

Die Stärke dieser Konzeptionen liegt dar<strong>in</strong>, daß sie sich ihrer eigenen Schwäche(n) bewußt<br />

s<strong>in</strong>d. Doch <strong>der</strong>art betreibt Wissenschaft, die ursprünglich genau e<strong>in</strong> Reflex <strong>der</strong> Abwehr von<br />

Schwäche war, ihre eigene +Entzauberung* (vgl. auch nochmals Bonß/Hartmann: Entzauberte<br />

Wissenschaft) – und unterm<strong>in</strong>iert damit ihre soziale Geltungs- und Legitimitätsgrundlage, die<br />

darauf beruht, daß ihr jenes Wahrheitsmonopol zugeschrieben wird, das e<strong>in</strong>st die Theologie<br />

<strong>in</strong> Beschlag hatte (siehe auch S. 144ff.). Durch diese schleichende, aber fortschreitende<br />

Delegitimierung und Relativierung <strong>der</strong> Wissenschaft wird sie als Instrument <strong>der</strong> Deflexion<br />

für die <strong>Politik</strong> zunehmend unbrauchbar.<br />

Der Prozeß <strong>der</strong> Entzauberung wird noch dadurch verschärft, daß es gerade im Zuge <strong>der</strong><br />

Ausbreitung und Popularisierung von Wissenschaft zu e<strong>in</strong>em +Trivialisierungsprozeß* kommt.<br />

Der Begriff <strong>der</strong> Trivialisierung wurde von Friedrich Tenbruck <strong>in</strong> den 70er Jahren <strong>in</strong> die (selbst-<br />

redend wissenschaftliche) Wissenschafts-Debatte geworfen. Tenbrucks Trivialisierungsbegriff<br />

bezeichnet allerd<strong>in</strong>gs etwas sehr ähnliches, wie das oben beschriebene Dilemma <strong>der</strong> wissen-<br />

schaftlichen Rationalität. Er führt nämlich aus, daß im Zuge <strong>der</strong> wissenschaftlichen Entwicklung<br />

Wissenschaft (zwangsläufig) e<strong>in</strong>en immer <strong>in</strong>strumentelleren, versachlichten Charakter erhält,<br />

und ihr +metaphysisches* bzw. hermeneutisches Element (d.h. ihr Moment als Bedeutungs-<br />

und S<strong>in</strong>nquelle) zugunsten ihres bloßen Nutzwertes zurücktritt. Genau diesen Prozeß <strong>der</strong><br />

+Ents<strong>in</strong>nlichung* von Wissenschaft me<strong>in</strong>t Tenbruck, wenn er von Trivialisierung spricht (vgl.<br />

Der Fortschritt <strong>der</strong> Wissenschaft als Trivialisierungsprozeß; S. 23f. und siehe auch Anmerkung<br />

189, Kap. 2).

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