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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 3: DIE ANTINOMIEN +KLASSISCHER* POLITIK IN DER GLOBALEN RISIKOGESELLSCHAFT 247<br />

Rationalität, welche die logische und wi<strong>der</strong>spruchsfreie Begründung e<strong>in</strong>er jeden Aussage verlangt)<br />

früher o<strong>der</strong> später zwangsläufig erkennen, das es se<strong>in</strong>e eigene Grundlage, nämlich dieses<br />

Rationalitätspr<strong>in</strong>zip selbst, unmöglich (rational) begründen kann. So ist schon im Fundament<br />

<strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Wissenschaft die f<strong>in</strong>ale Aporie <strong>der</strong> spätmo<strong>der</strong>nen Wissenschafts- und Erkenntnis-<br />

theorie e<strong>in</strong>gegossen (siehe unten). Das Projekt <strong>der</strong> (e<strong>in</strong>fachen) Mo<strong>der</strong>ne, das wesentlich auf<br />

<strong>der</strong> wissenschaftlichen Vernunft, auf dem Versuch e<strong>in</strong>er rationalen Begründung des Se<strong>in</strong>s<br />

und des (politischen) Handels beruhte, war deshalb e<strong>in</strong> Projekt, das – gerade <strong>in</strong>dem es versuchte,<br />

so jegliche Ambivalenz zu tilgen – e<strong>in</strong>e umso größere Ambivalenz entfaltete.<br />

Es handelte sich <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Anfängen um e<strong>in</strong>e geradezu kopflose +Flucht <strong>in</strong>s<br />

Rationale*, die aufgrund <strong>der</strong> Erschütterung des mittelalterlichen Weltbilds unternommen wurde,<br />

um so das mit den traditionalen Sicherheiten zu erodieren drohende Selbst des neuzeitlichen<br />

Individuums zu stabilisieren (siehe auch Abschnitt 5.1.1). Denker wie z.B. Descartes, Machiavelli<br />

o<strong>der</strong> Hobbes stehen für dieses Projekt: Descartes suchte nach e<strong>in</strong>er sicheren, nicht mehr<br />

vernünftig anzweifelbaren Grundlage für die Philosophie (siehe auch S. XIVf.). Machiavellis<br />

zweckrationalistische Pragmatie <strong>der</strong> Macht zielte auf e<strong>in</strong>e Kontrolle <strong>der</strong> Launen <strong>der</strong> Fortuna<br />

(siehe S. 20ff.). Hobbes wollte den Text (d.h. den grundlegenden Gesellschaftsvertrag) für<br />

e<strong>in</strong>e stabile soziale Ordnung durch se<strong>in</strong>e +geometrische Methode* zw<strong>in</strong>gend (re)konstruieren<br />

und damit endgültig festschreiben (siehe S. 21ff.).<br />

Aber diese aus <strong>der</strong> Suche nach e<strong>in</strong>em neuen Fundament geborene Bewegung, die die +Positivität*<br />

<strong>der</strong> Wissenschaft <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund rückte und ihr damit quasireligiösen Status verlieh,<br />

konnte nur für e<strong>in</strong>e begrenzte Zeit die Selbstaufhebungstendenz <strong>der</strong> wissenschaftlichen Ratio-<br />

nalität überdecken. Denn je systematischer sich Wissenschaft mit sich selbst beschäftigte und<br />

aus ihrer Eigendynamik heraus zu e<strong>in</strong>em selbstreflexiven Unternehmen geriet, umso klarer<br />

mußte sie sich ihre letztliche Irrationalität beweisen. Bewußt wurde dies auch angesichts <strong>der</strong><br />

+praktischen* Katastrophen des Jahrhun<strong>der</strong>ts, <strong>der</strong> <strong>fatal</strong>en Verwirklichung <strong>der</strong> nach Horkheimer<br />

und Adorno geradezu zwangsläufig <strong>in</strong> den Schornste<strong>in</strong>en von Auschwitz endenden +Dialektik<br />

<strong>der</strong> Aufklärung*, die, über sich selbst aufgeklärt, nicht(s) mehr aufzuklären vermag – jedenfalls<br />

nicht im S<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es +Enlightenment*.<br />

Dieses grundsätzliche Dilemma <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Wissenschaft sche<strong>in</strong>t bereits auf, wenn Max<br />

Weber ernüchtert (doch im Pathos des +rechtschaffenen* Wissenschaftsarbeiters) für e<strong>in</strong>e<br />

Trennung von politischen Wertfragen und wissenschaftlichen Sachaussagen plädiert (vgl.

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