09.12.2012 Aufrufe

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

KAP. 3: DIE ANTINOMIEN +KLASSISCHER* POLITIK IN DER GLOBALEN RISIKOGESELLSCHAFT 233<br />

Rechts macht es flexibel und starr zugleich: Es läßt sich zwar auf e<strong>in</strong>e Vielzahl von Fällen<br />

anwenden, bleibt selbst jedoch unverän<strong>der</strong>t. Problematisch wird diese zunächst vorteilhafte<br />

Kont<strong>in</strong>uität <strong>der</strong> rechtlichen +Formen*, wenn sie <strong>der</strong> Dynamik von sozialen Wandlungsprozessen<br />

nicht mehr gerecht wird. E<strong>in</strong>e immer detaillierte und immer weiter ausufernde Regulation<br />

ist – genauso übrigens wie e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> Rechtsunsicherheit und Entrechtlichung mündende<br />

Deregulation (siehe S. 237f.) – ke<strong>in</strong>e adäquate Lösung für dieses Dilemma. Denn die durch<br />

sie bewirkte +legal explosion* (siehe S. 116f.) erzeugt nur e<strong>in</strong>e Selbstlähmung des legislativen<br />

und judikativen Systems (das, wie weiter unten noch dargestellt wird, dadurch zudem <strong>in</strong><br />

immer größere Abhängigkeit von se<strong>in</strong>er Umwelt gerät).<br />

E<strong>in</strong>e ähnliche Problematik gilt auch für die am politisch-rechtlichen Regelungsprozeß beteiligten<br />

Institutionen: Ihr Netz stellt e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Struktur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er verän<strong>der</strong>lichen Welt dar,<br />

die auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite Sicherheit verspricht, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite aber umso größere Un-<br />

sicherheit produziert, sobald Situationen entstehen, die im Rahmen dieser Institutionen nicht<br />

+gemeistert* werden können. So hat denn auch Ulrich Beck im Kontext <strong>der</strong> Diskussion um<br />

den +Mo<strong>der</strong>nisierungskonflikt*, <strong>in</strong> dem sich die fortgeschrittenen Gesellschaften aktuell bef<strong>in</strong>den,<br />

e<strong>in</strong> +<strong>in</strong>stitutional lag* diagnostiziert: Das bestehende (politische) Institutionensystem, das immer<br />

noch auf <strong>in</strong> <strong>der</strong> sozialen +Wirklichkeit* längst überholten Modellen wie <strong>der</strong> +<strong>in</strong>dustriellen<br />

54<br />

Klassengesellschaft* und <strong>der</strong> +Vater-Mutter-K<strong>in</strong>d-Kle<strong>in</strong>familie* beruht, hält mit dem Tempo<br />

des sozialen Wandels, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e im Bereich <strong>der</strong> Lebenswelt, nicht Schritt und tendiert<br />

dazu, gegenüber <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>gesellschaftlichen Entwicklung zurückzufallen (vgl. Der Konflikt<br />

<strong>der</strong> zwei Mo<strong>der</strong>nen; S. 42ff.).<br />

Paradoxerweise droht diese Gefahr e<strong>in</strong>es +Zurückfallens* gerade dann, wenn Teilsysteme<br />

und ihre Institutionen beson<strong>der</strong>s erfolgreich bei <strong>der</strong> Regelung ihrer Konflikte waren bzw. s<strong>in</strong>d.<br />

Erfolg +verführt* nämlich zu e<strong>in</strong>em Festhalten an veralteten Strukturen, was sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Struktur-<br />

krise manifestieren kann. Walter Bühl hat diesen Zusammenhang so ausgedrückt:<br />

+Nichts führt leichter zur (dann sehr schmerzhaft empfundenen) Krise als e<strong>in</strong> ›Wirtschaftswun<strong>der</strong>‹, nichts<br />

gefährdet die Reaktionsfähigkeit und Umweltanpassung mehr als die Erfolgsgewißheit e<strong>in</strong>er Partei- und<br />

Verbandsführung […]* (Strukturkrise und Strukturwandel; S. 158)<br />

E<strong>in</strong>e latente Instabilität (als Folge von Wandlungsunfähigkeit) ist also die häufige Schattenseite<br />

des +Erfolgs*. Makrostabilität setzt gerade Mikrovariabilität voraus, denn nur so bleibt die Fähigkeit

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!