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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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192 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

an<strong>der</strong>er […], für die ich […] das eigene Leben e<strong>in</strong>schränke, aufgebe, um auf diese Weise<br />

im Erleben des Wi<strong>der</strong>stands des an<strong>der</strong>en das Eigene des eigenen Lebens zu erfahren und<br />

zu gestalten.* (Ebd.)<br />

Die Behauptung, daß Individualisierung zu e<strong>in</strong>er Wertediffusion o<strong>der</strong> gar e<strong>in</strong>er völligen +Ent-<br />

wertung* führt, beruht gemäß Beck nämlich auf zwei Mißverständnissen. Das erste Mißverständnis<br />

ist das +egoistische Marktmißverständnis*, das davon ausgeht, Individualisierung als Prozeß<br />

beziehe sich primär auf die ökonomische Entfaltung des Individuums <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er liberalistischen<br />

Ellbogengesellschaft (vgl. ebd; S. 168). Das zweite Mißverständnis ist das traditionalistische<br />

+Mißverständnis <strong>der</strong> Wir-Moral*. +Hier wird fälschlich von <strong>der</strong> Ablehnung traditional und organisch<br />

vorgegebener Solidaritätsformen und -normen auf die A- o<strong>der</strong> Antimoral <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividualisierten<br />

Gesellschaft geschlossen* (ebd.), die allerd<strong>in</strong>gs gemäß den obigen Ausführungen ja gerade<br />

auf <strong>der</strong> Selbstbegrenzung und Selbsts<strong>in</strong>ngebung des Individuums beruht. Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund<br />

hat sich, wie bereits an an<strong>der</strong>er Stelle erläutert (siehe S. 55f.), auch e<strong>in</strong> verän<strong>der</strong>tes <strong>Politik</strong>-<br />

verständnis herausgebildet, das se<strong>in</strong>e Entsprechung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wandel <strong>der</strong> politischen Kultur<br />

f<strong>in</strong>det: Das Politische wird immer weniger <strong>in</strong> den staatlichen Institutionen und politischen<br />

Organisationen verortet, son<strong>der</strong>n wan<strong>der</strong>t <strong>in</strong> die Alltagspraxis <strong>der</strong> Subpolitik ab (vgl. auch<br />

<strong>der</strong>s.: Die Erf<strong>in</strong>dung des Politischen; S. 154ff.).<br />

Ganz ähnliche Aussagen wie Beck trifft Anthony Giddens mit se<strong>in</strong>em ebenfalls schon dargelegten<br />

Konzept <strong>der</strong> +life politics* (vgl. Mo<strong>der</strong>nity and Self-Identity; S. 209ff. und siehe hier S. 56f.).<br />

Die +lebens(weltliche)* <strong>Politik</strong>, von <strong>der</strong> Giddens spricht, zielt nämlich genau auf die Schaffung<br />

moralisch rechtfertigbarer Lebensformen <strong>in</strong> Anbetracht <strong>der</strong> globalisierten Risiken und Inter-<br />

dependenzen unserer Gegenwart (vgl. ebd.; S. 215). Dabei treten e<strong>in</strong>e ganze Reihe von neuen<br />

moralischen und politischen Fragestellungen hervor: Welche Verantwortung hat die Menschheit<br />

gegenüber <strong>der</strong> Natur? Welche Rechte haben die Ungeborenen? Welches s<strong>in</strong>d die Grenzen<br />

wissenschaftlicher und technischer Innovation? Welche Rolle darf Gewalt <strong>in</strong> den zwischen-<br />

menschlichen und <strong>in</strong>ternationalen Beziehungen spielen? Welche Rechte und Pflichten haben<br />

die Individuen gegenüber ihrem Körper? Etc. (Vgl. ebd.; S. 227)<br />

Die <strong>in</strong>dividualisierte Gesellschaft ist also durch das Hervortreten neuer moralisch-politischer<br />

Fragen gekennzeichnet und zeigt eher Tendenzen zu e<strong>in</strong>er – durchaus nicht e<strong>in</strong>seitig zu be-<br />

grüßenden – (Re-)Moralisierung und Politisierung des sozialen Lebens als zu e<strong>in</strong>em +Verlust<br />

262<br />

<strong>der</strong> Tugend*. Das deckt sich auch mit den empirischen Befunden Ronald Ingleharts. Dieser

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