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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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168 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

zementiert und für die <strong>Politik</strong> die problematische Folge aufwirft, daß weniger Parteiprogramme<br />

o<strong>der</strong> die sachlichen Kompetenzen e<strong>in</strong>es <strong>Politik</strong>ers zählen, als vielmehr alle<strong>in</strong>e se<strong>in</strong> Charisma<br />

(vgl. ebd.; S. 330). Sennetts Sicht <strong>der</strong> (politischen) Öffentlichkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>in</strong>dustriellen Massengesell-<br />

schaft ist also pessimistisch. Ich möchte mich diesem Pessimismus nicht une<strong>in</strong>geschränkt<br />

anschließen. Allerd<strong>in</strong>gs – und dies ist <strong>der</strong> Grund, warum ich Sennett so viel Raum zugestanden<br />

habe – ersche<strong>in</strong>en mir e<strong>in</strong>ige se<strong>in</strong>er Thesen durchaus überzeugend:<br />

• Die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Strukturen <strong>der</strong> Öffentlichkeit erfolgte <strong>in</strong> Wechselwirkung mit <strong>der</strong><br />

entfalteten kapitalistischen Dynamik.<br />

• Die Öffentlichkeit <strong>der</strong> <strong>in</strong>dustriellen Massengesellschaft war/ist stark hierarchisiert und gespalten<br />

<strong>in</strong> Akteure und Publikum (was auch mit <strong>der</strong> Etablierung elektronischer Medien zusammen-<br />

hängt).<br />

• Ferner ist sie (trotz Intimisierung) durch e<strong>in</strong> hohes Maß an Anonymität gekennzeichnet<br />

(was Sennett freilich bereits für die bürgerliche Öffentlichkeit herausstellt).<br />

• Die strikte Trennung von öffentlicher Sphäre und privater Sphäre beg<strong>in</strong>nt sich tendenziell<br />

aufzulösen. 217<br />

Natürlich f<strong>in</strong>den sich die meisten dieser Punkte auch <strong>in</strong> Habermas’ Betrachtung. So verweist<br />

dieser etwa ganz analog auf die im Zuge <strong>der</strong> Entwicklung erfolgte +Verschränkung <strong>der</strong> öffent-<br />

lichen Sphäre mit dem privaten Bereich* (Strukturwandel <strong>der</strong> Öffentlichkeit; S. 225). Allerd<strong>in</strong>gs<br />

bezeichnet er damit e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Sachverhalt als Sennett: Nach Habermas kommt es nämlich,<br />

wie erwähnt, im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t zu e<strong>in</strong>er +Gleichschaltung* <strong>der</strong> Interessen des Bürgertums<br />

und <strong>der</strong> öffentlichen Gewalt, d.h. <strong>der</strong> Staat wird mit dem Aufstieg des Bürgertums für dessen<br />

218<br />

privat(wirtschaftlich)e Belange <strong>in</strong>strumentalisiert. Durch diese Verschränkung zwischen Staat<br />

und privater Wirtschaftssphäre ist es nicht mehr möglich, öffentliche Institutionen klar von<br />

privaten abzugrenzen. (Vgl. ebd.; S. 225–238)<br />

Die Öffentlichkeit <strong>der</strong> <strong>in</strong>dustriellen Massengesellschaft ist also bei Habermas an<strong>der</strong>s als bei<br />

Sennett nicht so sehr von Intimisierung bedroht, son<strong>der</strong>n vielmehr gerade dadurch, daß diese<br />

nicht mehr die lebensweltlichen Belange gegenüber dem (Herrschafts-)System artikuliert. Der<br />

Bereich des Privaten/Intimen, <strong>der</strong> Lebenswelt, wird zudem immer weiter an den Rand abgedrängt<br />

und s<strong>in</strong>nentleert. Das Erwerbsleben beispielsweise, vormals Teil <strong>der</strong> Privatsphäre, wird zur<br />

selbständigen, staatlich geregelten Berufssphäre, und die Risikoabsicherungsfunktionen <strong>der</strong>

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