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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 2: ZUR DIALEKTIK VON SOZIO-ÖKONOMISCHEM WANDEL UND POLITISCHER STATIK 159<br />

bedeutet dies gemäß se<strong>in</strong>en diskurstheoretischen Vorstellungen natürlich, daß <strong>der</strong> Prozeß<br />

<strong>der</strong> öffentlichen Me<strong>in</strong>ungsbildung den prozeduralen Kriterien e<strong>in</strong>es +herrschaftsfreien Diskurses*<br />

entsprechen sollte (vgl. ebd.; S. 438f.).<br />

In dieser Betrachtung durch Habermas kommt eher als bei Luhmann zum Ausdruck, daß<br />

Öffentlichkeit nicht nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>seitiger Prozeß (des Beobachtens) ist, son<strong>der</strong>n daß – auch<br />

wenn man zwischen Publikum und Akteuren differenzieren kann – <strong>in</strong> gewissem Umfang<br />

201<br />

e<strong>in</strong>e reziproke Struktur gegeben se<strong>in</strong> muß. Luhmanns Perspektive zeichnet sich dagegen<br />

durch e<strong>in</strong>e größere analytische Schärfe aus. Tatsächlich ist es e<strong>in</strong> wesentliches, von Habermas<br />

nicht <strong>in</strong> gleicher Weise herausgearbeitetes Merkmal <strong>der</strong> Öffentlichkeit, daß Individuen, die<br />

<strong>in</strong> den öffentlichen Raum treten, sich (<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel) darüber bewußt s<strong>in</strong>d, daß sie beobachtet<br />

werden (können) – d.h. ihr eigenes Beobachtetwerden beobachten. Genau diese Bewußtheit<br />

unterscheidet me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach das öffentliche vom privaten Handeln. Beide, sowohl<br />

Luhmann wie Habermas, zielen jedoch weniger auf Öffentlichkeit als (konkreten) Handlungs-<br />

zusammenhang, son<strong>der</strong>n betrachten, wie schon e<strong>in</strong>gangs festgestellt, Öffentlichkeit primär<br />

als Netz bzw. Medium von (massenmedial vermittelten) Kommunikation(en). 202<br />

Damit aber ist <strong>der</strong> Öffentlichkeitsbegriff von Habermas wie Luhmann e<strong>in</strong>geschränkt. Denn<br />

Öffentlichkeit existiert auch jenseits <strong>der</strong> medialen Kommunikationsnetze, und Kommunikation<br />

ist, wenn man so will, nur e<strong>in</strong>e spezifische Form des Handelns, d.h. e<strong>in</strong> Handeln, das darauf<br />

abzielt, an<strong>der</strong>en etwas mitzuteilen (bzw. Mitteilungen aufzunehmen). Im öffentlichen Bereich,<br />

so könnte man nun allerd<strong>in</strong>gs argumentieren, wird jede Handlung (z.B. auch das bloße Über-<br />

queren e<strong>in</strong>es Platzes) zu e<strong>in</strong>em solchen symbolischen, <strong>in</strong>teraktiven Handeln – <strong>in</strong>dem man<br />

um das Beobachtetwerden weiß und deshalb mit se<strong>in</strong>en Handlungen immer auch etwas<br />

ausdrückt, e<strong>in</strong>e Botschaft an (potentielle) Beobachter richtet. Doch diese Art +kommunikativen<br />

Handelns* ist, wie gesagt, bei Habermas (und auch bei Luhmann) nicht geme<strong>in</strong>t. Vielmehr<br />

dreht sich bei beiden alles um den öffentlichen Diskurs (Habermas) bzw. die (konstruierte)<br />

+Realität <strong>der</strong> Massenmedien* (Luhmann 1996), die die öffentliche Me<strong>in</strong>ung durch e<strong>in</strong>e Beobach-<br />

203<br />

tung zweiter Ordnung generiert bzw. spiegelt. Um demgegenüber den konkreten Handlungs-<br />

aspekt nicht zu vernachlässigen, möchte ich nochmals auf Goffman zurückkommen.<br />

Dieser liefert <strong>in</strong> dem Band +Wir alle spielen Theater* (1959) e<strong>in</strong>e brillante Analyse <strong>der</strong> +Selbst-<br />

darstellung im Alltag*. Zum alltäglichen Rollenspiel gehört erstens, als (öffentliche) +Fassade*,<br />

e<strong>in</strong> standardisiertes Ausdrucksrepertoire, +das <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelne im Verlauf se<strong>in</strong>er Vorstellung bewußt

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