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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 2: ZUR DIALEKTIK VON SOZIO-ÖKONOMISCHEM WANDEL UND POLITISCHER STATIK 151<br />

Es handelt sich also, wenn man die Richtigkeit von Schnei<strong>der</strong>s gewonnenem E<strong>in</strong>druck unterstellt,<br />

ganz e<strong>in</strong>deutig um e<strong>in</strong>en Prozeß (primär) deflexiver Verwissenschaftlichung, mit dem wir es<br />

zu tun haben. Die politischen Auftraggeber von wissenschaftlichen Gutachten und Unter-<br />

suchungen (Regierungen, Verwaltungen, Parteien etc.) s<strong>in</strong>d sich sehr wohl bewußt, daß sie<br />

mit den Ergebnissen ke<strong>in</strong>e objektive Wahrheit erhalten (obwohl sie natürlich die Fiktion wissen-<br />

schaftlicher Objektivität und Wahrheit gegenüber <strong>der</strong> Öffentlichkeit aufrecht zu erhalten ver-<br />

suchen). Sie brauchen dabei noch nicht e<strong>in</strong>mal den Wissenschaftlern die zu produzierenden<br />

Ergebnisse offen diktieren, son<strong>der</strong>n können sich auf die Antizipierung ihrer Wünsche bei<br />

ihren Auftragnehmern verlassen, wie auch die von Schnei<strong>der</strong> aufgezeichnete Äußerung e<strong>in</strong>es<br />

befragten Drogenbeauftragten belegt:<br />

+Also wenn e<strong>in</strong> Margar<strong>in</strong>ekonzern Auftragsmittel vergibt über die […] Schädlichkeit <strong>der</strong> Margar<strong>in</strong>e,<br />

kommt etwas an<strong>der</strong>es heraus als beim Butterkonzern. Und so ist es natürlich auch so, daß wenn <strong>der</strong><br />

Drogenbeauftragte, von dem e<strong>in</strong>e ganz bestimmte Positionen bekannt s<strong>in</strong>d, Aufträge vergibt, da kommen<br />

auch ganz bestimmte Sachen raus, die er sich wünscht.* (Zitiert nach Kooperation als strategischer<br />

Prozeß; S. 316)<br />

Ermöglicht bzw. erleichtert wird dieses System wissenschaftlicher Affirmation dadurch, daß<br />

neben <strong>der</strong> Abhängigkeit von +hauseigenen* Wissenschaftlern e<strong>in</strong>e Konkurrenzsituation unter<br />

den Experten und Forschungs<strong>in</strong>stituten um Aufträge gegeben ist. Will man e<strong>in</strong>e gute E<strong>in</strong>kom-<br />

mensquelle nicht verlieren, so muß man den meist nicht schwer zu erahnenden Wünschen<br />

des Auftraggebers entgegenkommen. Beson<strong>der</strong>s leicht gel<strong>in</strong>gt die +Manipulation* <strong>der</strong> Ergenisse<br />

bei Fragekomplexen, wo noch ke<strong>in</strong> wissenschaftlicher Konsens besteht (vgl. auch Benveniste:<br />

The Politics of Expertise; S. 61). Fällt e<strong>in</strong> Gutachten doch e<strong>in</strong>mal nicht wie erwünscht aus<br />

bzw. enthält es brisante Informationen, die man lieber nicht veröffentlichen will, so kann<br />

<strong>der</strong> Auftraggeber das Werk <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schublade verschw<strong>in</strong>den lassen: +Viele von diesen D<strong>in</strong>gern<br />

landen ja nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit*, bemerkt denn auch <strong>der</strong> von Schnei<strong>der</strong> befragte und<br />

oben bereits zitierte Drogenbeauftragte (Kooperation als strategischer Prozeß; S. 321).<br />

Ulrich Beck und Wolfgang Bonß haben <strong>in</strong> diesem Zusammenhang und <strong>in</strong> Anbetracht des<br />

immer +kreativeren* Umgangs mit den nur mehr als Interpretationsangeboten verstandenen<br />

wissenschaftlichen Resultaten, von e<strong>in</strong>er +Autonomisierung <strong>der</strong> Verwendung gegenüber dem<br />

Angebot* gesprochen (vgl. Soziologie und Mo<strong>der</strong>nisierung; S. 389 u. S. 397ff.). Als zentrale<br />

Erkenntnis aus <strong>der</strong> Arbeit am DFG-Forschungsprojekt über die +Verwendungszusammenhänge

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