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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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146 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

Die Aufrechterhaltung dieser Fiktion ist jedoch logischerweise nur möglich, solange Wissenschaft<br />

unpolitisch bzw. neutral ersche<strong>in</strong>t. Besteht demnach vielleicht tatsächlich e<strong>in</strong>e +Inkommensurabili-<br />

tät von <strong>Politik</strong> und Wissenschaft* (Spaemann: Ars longa vita brevis; S. 19) und <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

e<strong>in</strong> Gegensatz zwischen Demokratie als Volksherrschaft und Technokratie als (angeblicher)<br />

Sachherrschaft (vgl. Greiffenhagen: Demokratie und Technokratie; S. 55)?<br />

Vieles sche<strong>in</strong>t für diese These zu sprechen – nicht nur, daß Wissenschaft mit <strong>der</strong> direkten<br />

Übernahme von politischen Funktionen ihre Glaubwürdigkeit und Legitimitätsgrundlage verlieren<br />

würde. Zwar ist richtig, daß, wo die Fiktion objektiver wissenschaftlicher Wahrheit besteht,<br />

die Versuchung naheliegt, politische Entscheidungen auf diese fiktive Wahrheit und nicht<br />

politische Aushandlungsprozesse zu gründen, was – etwas dezenter als die Rede von <strong>der</strong><br />

+Technokratie* – auch mit dem Begriff <strong>der</strong> +Verwissenschaftlichung von <strong>Politik</strong>* bezeichnet<br />

werden kann. Die Verwissenschaftlichung <strong>der</strong> <strong>Politik</strong> aber entzieht das Entscheiden dem<br />

demokratisch-politischen Diskurs, während an<strong>der</strong>erseits beständig öffentlich betont wird, wie<br />

zentral Demokratie für e<strong>in</strong> politisches Geme<strong>in</strong>wesen ist, und man <strong>in</strong> regelmäßigen Abständen<br />

Wahlen abhält, die als politisches Verfahren im allgeme<strong>in</strong>en mit Demokratie identifiziert werden.<br />

Die e<strong>in</strong>e Fiktion untergräbt also die an<strong>der</strong>e, und es entsteht das, was Claus Offe, auf Habermas<br />

aufbauend, +Das Politische Dilemma <strong>der</strong> Technokratie* (1970) genannt hat.<br />

Die Formulierung, die Offe gebraucht, um dieses Dilemma auszudrücken, ist hoch <strong>in</strong>teressant,<br />

weil sie die Reflexivitäts-These Becks aus <strong>der</strong> +Risikogesellschaft* (1986) vorwegzunehmen<br />

sche<strong>in</strong>t:<br />

+Wie erfolgreich technokratische Strukturen bei <strong>der</strong> Erfüllung ihrer Funktion auch se<strong>in</strong> mögen […],<br />

gerade mit ihrer Etablierung schaffen sie neue, nicht weniger problematische Risikolagen […]* (S. 157)<br />

Lei<strong>der</strong> wird <strong>der</strong> <strong>in</strong> dieser Formulierung vorgezeichnete Gedanke nicht konsequent zu Ende<br />

gedacht und weiterverfolgt. Offe geht nicht wirklich über Habermas h<strong>in</strong>aus und spricht +nur*<br />

davon, daß das von ihm als solches identifizierte technokratische System sich selbst gefährdet,<br />

<strong>in</strong>dem es Erwartungen erzeugt, die es (auf Dauer) nicht befriedigen kann. Offe konzentriert<br />

sich bei se<strong>in</strong>er Betrachtung freilich auf Versuche <strong>der</strong> sozialtechnischen Steuerung von Gesell-<br />

schaften mittels regulativer <strong>Politik</strong>. Daß auch und gerade die Anwendung von +produktiver*<br />

Technik (durch ihre latenten Nebenfolgen) Risikolagen und damit den Ansatzpunkt für ihre<br />

eigene Aufhebung sowie die subpolitische Sprengung <strong>der</strong> geltenden +Def<strong>in</strong>itionsverhältnisse* 178

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