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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 2: ZUR DIALEKTIK VON SOZIO-ÖKONOMISCHEM WANDEL UND POLITISCHER STATIK 131<br />

Um aber e<strong>in</strong> nicht-reduktionistisches Bild zu erhalten, ist es erfor<strong>der</strong>lich, die Wissenschaftler<br />

und Techniker bei ihrer konkreten Forschung zu beobachten, ihre Labors aufzusuchen und<br />

ihre Texte zu analysieren. Nach <strong>der</strong> Devise +follow the actors* (ebd.; S. 4) begleitete so beispiels-<br />

weise John Law die Wissenschaftler<strong>in</strong> Rose bei ihrer täglichen Laborarbeit, die sich schließlich<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em wissenschaftlichen Artikel nie<strong>der</strong>schlug (vgl. Laboratories and Texts). Wie solche<br />

Texte funktionieren, mit welchen +literarischen* Methoden sie zu überzeugen versuchen,<br />

haben wie<strong>der</strong>um Bruno Latour und Françoise Bastide untersucht (vgl. Writ<strong>in</strong>g Science). Die<br />

Reihe <strong>der</strong> Beispiele für diesen praxisbezogenen Analyseansatz ließe sich lange fortsetzen.<br />

Es genügt hier jedoch, sich klar zu machen, daß es den Autoren um die Darstellung von<br />

+Science <strong>in</strong> Action* (Wissenschaft <strong>in</strong> Aktion) geht (Latour 1987). Man will die Geheimnisse<br />

des +Laboratory-Life* (Latour/Woolgar 1979) ergründen, wobei auch hier e<strong>in</strong>e +konstruktivistische*<br />

(d.h. e<strong>in</strong>e nicht naturalistisch-realistische) Perspektive zum Tragen kommt und e<strong>in</strong>e Ausrichtung<br />

147<br />

an <strong>der</strong> Empirie dom<strong>in</strong>iert. Denn es ist die Praxis im Labor und nicht <strong>der</strong> +Elfenbe<strong>in</strong>turm*,<br />

<strong>in</strong> dem Wissenschaft hergestellt wird bzw. sich herstellt.<br />

Der (Labor-)Konstruktivismus ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Akteur-Netzwerk-Theorie, wie oben angedeutet, jedoch<br />

mit e<strong>in</strong>er Art +materialistischer* Metatheorie verknüpft. Michel Callon z.B. hat e<strong>in</strong>e Theorie<br />

+techno-ökonomischer Netzwerke* entworfen, die er als komplexe Interaktionssysteme beschreibt,<br />

<strong>in</strong> denen verschiedenste Akteure und +Materialien* mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verwoben s<strong>in</strong>d. Diese Materialien<br />

o<strong>der</strong> Vermittlungsmedien (<strong>in</strong>termediaries) glie<strong>der</strong>n sich <strong>in</strong> Texte (da Wissenschaft – als Grundlage<br />

von Technik – weitgehend als Textgewebe aufgefaßt werden kann), des weiteren natürlich<br />

die <strong>in</strong> die technischen Objekte selbst (die untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> vernetzte Programme be<strong>in</strong>halten),<br />

(Personen und ihre ebenso vielfach vernetzten) Fähigkeiten sowie Geld (als Medium des<br />

ökonomischen Austauschs). Die +eigentlichen* Akteure <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Netzwerk fungieren zwar<br />

auch als <strong>der</strong>artige Mittler, doch müssen sie im Unterschied zu jenen zusätzlich selbst zur<br />

(Re-)Produktion des Netzes beitragen, können also +Autorenschaft* (authorship) für sich bean-<br />

spruchen. Deshalb def<strong>in</strong>iert Callon: +An actor is an <strong>in</strong>termediary that puts other <strong>in</strong>termediaries<br />

148<br />

<strong>in</strong>to circulation*. (Vgl. Techno-Economic Networks and Irreversibility; S. 132–141)<br />

Da zu e<strong>in</strong>em Netzwerk aber <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel mehrere, durchaus heterogene Akteure bzw. Akteur-<br />

Netzwerke gehören – denn je<strong>der</strong> Akteur umfaßt se<strong>in</strong>erseits jeweils e<strong>in</strong> eigenes Netzwerk<br />

– stellt sich die Frage, wie Übere<strong>in</strong>stimmung und Stabilität erreicht werden. Dafür, so Callons<br />

Antwort, ist zunächst e<strong>in</strong> Übersetzungs- bzw. Verständigungsprozeß notwendig (translation). 149

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