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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 2: ZUR DIALEKTIK VON SOZIO-ÖKONOMISCHEM WANDEL UND POLITISCHER STATIK 121<br />

Doch dies soll ke<strong>in</strong>e Abhandlung über (die Sozialtechnologie) <strong>der</strong> <strong>Politik</strong>wissenschaft werden.<br />

Vielmehr ist die Existenz e<strong>in</strong>er +autonomen* <strong>Politik</strong>wissenschaft nur das Zeichen für e<strong>in</strong>e allge-<br />

me<strong>in</strong>e Entwicklung, die <strong>in</strong> den letzten Jahrzehnten zu beobachten war: nämlich die Heraus-<br />

bildung e<strong>in</strong>es dialektischen Funktionszusammenhangs von <strong>Politik</strong> und Wissenschaft, <strong>der</strong> sich<br />

– ganz parallel zu dem, was bereits über das Verhältnis von Rechtssystem und <strong>Politik</strong> ausgesagt<br />

wurde – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Politisierung <strong>der</strong> Wissenschaft und e<strong>in</strong>er gleichzeitigen Verwissenschaftlichung<br />

<strong>der</strong> <strong>Politik</strong> äußert. Das heißt: <strong>Politik</strong> wird mit wissenschaftlichen Mitteln legitimiert und unter-<br />

füttert, womit Wissenschaft politischen Gehalt gew<strong>in</strong>nt. Zudem ist das Wissenschaftssystem<br />

(im Verbund mit <strong>der</strong> Industrie) <strong>der</strong> primäre Ort für (technologische) Innovation. Wissenschaft<br />

hat damit praktische Auswirkungen und diese wie<strong>der</strong>um haben soziale und politische Impli-<br />

kationen. Es geht also hier um (das Verhältnis) <strong>Politik</strong>–Wissenschaft bzw. Technik–<strong>Politik</strong>:<br />

das Politische <strong>der</strong> Wissenschaft und <strong>der</strong> Technik im allgeme<strong>in</strong>en.<br />

Das Wissenschaftssystem – das durch Gutachtergremien, Beratungs<strong>in</strong>stitute, staatliche Wissen-<br />

schaftsför<strong>der</strong>ung etc. mit dem politischen System verknüpft ist und deshalb ebenfalls zum<br />

Mesosystem <strong>der</strong> <strong>Politik</strong> zu zählen ist – sowie die von ihm (mit) ausgelösten technologischen<br />

Transformationen stellen demnach wichtige +Umweltfaktoren* für die <strong>Politik</strong> dar. O<strong>der</strong> um<br />

mit Luhmann zu sprechen: Wissenschaft wirkt +dämonisch* und br<strong>in</strong>gt, durch neues Wissen,<br />

an<strong>der</strong>e (Sub-)Systeme aus <strong>der</strong> Balance (vgl. Die Wissenschaft <strong>der</strong> Gesellschaft; S. 686).<br />

122<br />

Man kann Wissenschaft wie Technologie und Technik, also <strong>der</strong>en +Verd<strong>in</strong>glichungen*, aber<br />

auch als schlichten Ausdruck von (sozialen) Machtverhältnissen begreifen. Diese Interpretations-<br />

l<strong>in</strong>ie geht auf Marx zurück: In Kapitel 13 des +Kapitals* bemerkt dieser, daß mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung<br />

komplexer Masch<strong>in</strong>ensysteme erstmals e<strong>in</strong>e technologische Anwendung <strong>der</strong> Wissenschaft<br />

im Produktionssektor erfolgte (vgl. S. 284). Selbst dort aber, wo Masch<strong>in</strong>en +objektiv* (d.h.<br />

physisch) die Arbeit erleichtern, ersche<strong>in</strong>t dem Arbeiter die Masch<strong>in</strong>enarbeit als Tortur, denn<br />

sie bewirkt nicht nur e<strong>in</strong>e (subjektive) +S<strong>in</strong>nentleerung* des Arbeitsprozesses, son<strong>der</strong>n erzw<strong>in</strong>gt<br />

darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>e +Unterordnung […] unter den gleichförmigen Gang des Arbeitsmittels*<br />

(ebd.; S. 263). Dieses +erschlägt* gleichsam den Arbeiter und versperrt se<strong>in</strong>en Blick für die<br />

+eigentlichen* Zusammenhänge: Er muß erst lernen, +die Masch<strong>in</strong>erie von ihrer kapitalistischen<br />

Anwendung [zu] unterscheiden und daher se<strong>in</strong>e Angriffe vom materiellen Produktionsmittel<br />

selbst auf dessen gesellschaftliche Ausbeutungsform [zu] übertragen* (ebd.; S. 264). In <strong>der</strong><br />

Technik drückt sich also im marxistischen Verständnis e<strong>in</strong> (strukturelles) Gewaltverhältnis aus,

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