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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 2: ZUR DIALEKTIK VON SOZIO-ÖKONOMISCHEM WANDEL UND POLITISCHER STATIK 119<br />

erhoben (vgl. auch Voigt: Selbststeuerung o<strong>der</strong> Fremdsteuerung <strong>der</strong> Verwaltung? – Steuerung<br />

durch <strong>in</strong>terne Anpassung <strong>der</strong> Zielvorgaben).<br />

E<strong>in</strong> Blick auf die bürokratische Praxis zeigt allerd<strong>in</strong>gs, daß behördliche Autonomie meistens<br />

nicht die gewünschte Flexibilität und auch kaum Anpassungsvorteile br<strong>in</strong>gt. So demonstriert<br />

Jochen Hucke am Beispiel des kommunalen Vollzugs <strong>der</strong> +Umweltgesetzgebung*, daß im<br />

behördlichen Verfahren, das hier e<strong>in</strong>e relativ hohe Autonomie aufweist, weniger sach- bzw.<br />

+umweltgerecht* und mit Rücksicht auf direkt Betroffene entschieden wird, son<strong>der</strong>n im Gegenteil<br />

hauptsächlich auf die potentielle +Konfliktfähigkeit* <strong>der</strong> tangierten (kommunalen) Interessen-<br />

gruppen geachtet wird (vgl. E<strong>in</strong>schränkung und Erweiterung politischer Handlungsspielräume<br />

bei <strong>der</strong> Implementation von Recht; S. 85ff.). Auch für Erhard Treutner bedeutet die relative<br />

Autonomie <strong>der</strong> Verwaltung (die vor allem durch den verstärkten Rückgriff auf Generalklauseln<br />

zugenommen hat) e<strong>in</strong>e partielle Entrechtlichung. +Autonome* Verwaltung kann für den Bürger<br />

zwar Vorteile haben, da dies die Möglichkeit e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>flußnahme und e<strong>in</strong>er verstärkten<br />

Beteiligung am behördlichen Entscheidungsprozeß impliziert. Doch ist <strong>der</strong> Bürger im Endeffekt<br />

<strong>der</strong> Bürokratie gegenüber immer im Nachteil, da es sich auch dann um e<strong>in</strong>e pr<strong>in</strong>zipiell ungleiche<br />

Beteiligung handelt. Zudem besteht für die Bürokratie die Möglichkeit, sich auf formale Regeln<br />

+zurückzuziehen*: Wenn es dem Beamten paßt, zeigt er sich flexibel und aufgeschlossen,<br />

wenn nicht, dann versteckt er sich h<strong>in</strong>ter Vorschriften und Gesetzen. Recht stellt also nicht<br />

nur e<strong>in</strong>e Leitl<strong>in</strong>ie, son<strong>der</strong>n auch e<strong>in</strong>e strategische Ressource für die Bürokratie dar. (Vgl. Zur<br />

strategischen Nutzung rechtlicher Regeln <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verwaltung)<br />

Was ist <strong>der</strong> Grund für diese Verhaltensweise <strong>der</strong> Bürokratie? – Giorgio Freddi verweist <strong>in</strong><br />

diesem Zusammenhang auf die Entstehung <strong>der</strong> bürokratischen Verwaltung im Kontext <strong>der</strong><br />

absolutistischen Zentralisationsbestrebungen. Die historisch entwickelte Organisationslogik<br />

<strong>der</strong> Bürokratie, die auf e<strong>in</strong>em hierarchischen Pr<strong>in</strong>zip und <strong>der</strong> +allround-Kompetenz* des (juristisch<br />

geschulten) Beamten beruht, steht <strong>in</strong> Wi<strong>der</strong>spruch zu ihren Aufgaben im +demokratischen*,<br />

funktional differenzierten Staat und führt somit zu e<strong>in</strong>er +<strong>in</strong>stitutionalisierten Selbsttäuschung*<br />

(vgl. Adm<strong>in</strong>istrative Rationalität und sozio-ökonomische Intervention; S. 224).<br />

Bürokratisierung ist also e<strong>in</strong> überwiegend kritisch beurteiltes Phänomen. Gleiches gilt für<br />

Verrechtlichung allgeme<strong>in</strong>. Aus +l<strong>in</strong>ker* Perspektive ersche<strong>in</strong>t diese als konfliktneutralisierende<br />

+Entpolitisierung* o<strong>der</strong> +Kolonialisierung <strong>der</strong> Lebenswelt* (Habermas). Von +konservativer*<br />

Seite wird mit unterschiedlicher Akzentsetzung häufig <strong>der</strong> Formalismus e<strong>in</strong>es unpersönlichen

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