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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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116 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

zwanzigsten Jahrhun<strong>der</strong>t; S. 254) – wird Recht für die <strong>Politik</strong> zu e<strong>in</strong>er bequem handhabbaren,<br />

kostengünstigen Ressource (vgl. auch Hucke: E<strong>in</strong>schränkung und Erweiterung politischer<br />

Handlungsspielräume bei <strong>der</strong> Implementation von Recht; S. 81f.). Dies gilt jedoch nur, sofern<br />

<strong>der</strong> materielle Gehalt <strong>der</strong> konkreten Rechtsnorm nicht e<strong>in</strong> bestimmtes Maß übersteigt. Der<br />

<strong>in</strong>teraktive Abstimmungsprozeß zwischen <strong>Politik</strong>, Ökonomie und Rechtssystem sorgt jedoch<br />

dafür, daß dies nicht e<strong>in</strong>tritt. Verrechtlichung bzw. Vergesetzlichung (im Wohlfahrtsstaat) ist<br />

also, als deflektorischer Integrationsmechanismus, das Produkt e<strong>in</strong>er gleichzeitigen Formalisierung<br />

und Materialisierung des Rechts.<br />

Die Vergesetzlichung hat jedoch nicht nur e<strong>in</strong>en qualitativen Aspekt, <strong>der</strong> dar<strong>in</strong> besteht, daß<br />

durch Recht +Lebenschancen* (Dahrendorf) direkt bee<strong>in</strong>flußt werden (z.B. durch die Steuer-<br />

gesetzgebung o<strong>der</strong> das Hochschulrahmengesetz) und es als Instrument zur sozialen Steuerung<br />

benutzt werden kann (siehe unten). Allgeme<strong>in</strong> beklagt wird vielmehr zumeist e<strong>in</strong>e quantitative<br />

Zunahme rechtlicher Regelungen, die John Barton Mitte <strong>der</strong> 70er Jahre gar von e<strong>in</strong>er +legal<br />

explosion* sprechen ließ (vgl. Beh<strong>in</strong>d the Legal Explosion). Die Dimension dieser rechtlichen<br />

Explosion hat für das deutsche Beispiel Erika Müller <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er nicht mehr ganz aktuellen, aber<br />

noch immer sehr aufschlußreichen empirischen Studie e<strong>in</strong>drücklich vor Augen geführt. Sie<br />

vergleicht dazu die Daten des +Reichs-Gesetzblatts* zwischen 1878 und 1882 mit den Daten<br />

des +Bundesgesetzblatts* im entsprechenden Zeitraum e<strong>in</strong> Jahrhun<strong>der</strong>t später:<br />

Tab. 7: Anzahl <strong>der</strong> Gesetze und Verordnungen im historischen Vergleich<br />

1878–82 1978–82<br />

Gesetze: 81 325<br />

Verordnungen: 69 1.131<br />

<strong>in</strong>sgesamt: 150 1.456<br />

Quelle: Müller: Gesetzgebung im historischen Vergleich; Tab. 1, S. 98f.<br />

Es zeigt sich, wie erwartet, daß die Zahl <strong>der</strong> Gesetze und <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Verordnungen<br />

(die als Exekutiverlässe ke<strong>in</strong>erlei parlamentarischer Zustimmung bedürfen) stark gestiegen<br />

ist. Hier, wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er früheren Veröffentlichung zusammen mit Wolfgang Nud<strong>in</strong>g (vgl. Gesetz-<br />

gebung – ›Flut‹ o<strong>der</strong> ›Ebbe‹?), versucht sie jedoch darzulegen, daß dieser quantitative Anstieg,<br />

entgegen <strong>der</strong> häufig geäußerten Ansicht, nicht auf e<strong>in</strong>e Ausdehnung des gesetzlichen Regelungs-<br />

bereichs zurückzuführen sei. Die Auswertung des Materials anhand e<strong>in</strong>es selbst entwickelten

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