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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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104 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

selbst kann <strong>in</strong> diesem Fall als Praxologie gedeutet werden. Unter e<strong>in</strong>er +Praxologie* verstehe<br />

ich nämlich <strong>in</strong> Parallele zum Ideologiebegriff (und im expliziten Unterschied zum Begriff<br />

90<br />

<strong>der</strong> Praxeologie), e<strong>in</strong>e verschleiernde, die sozialen Machtverhältnisse abstützende ›deflektorische‹<br />

91<br />

Praxis, die über die Institutionalisierung und Ver<strong>in</strong>nerlichung von Handlungsmustern (reflexive,<br />

subpolitisch-lebensweltliche) Wi<strong>der</strong>standspotentiale ablenkt (deflektiert).<br />

Im Kontext dieser doppelten (Begründungs-)Problematik für die Geltung von Recht ersche<strong>in</strong>t<br />

das Konzept e<strong>in</strong>es (postregulativen) +reflexiven Rechts* von Gunther Teubner als <strong>in</strong>teressanter<br />

Ansatzpunkt. Teubner entwickelt se<strong>in</strong>e Gedanken vor allem <strong>in</strong> Anlehnung an Nonet und<br />

Selznick, die Ende <strong>der</strong> 70er Jahre e<strong>in</strong>e Entwicklungsdynamik h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>em (repolitisierten,<br />

rematerialisierten) responsiven Recht ausmachten, welches das (nur vor<strong>der</strong>gründig) entpolitisierte<br />

autonome (und damit formalisierte) Recht <strong>der</strong> funktional dividierten Gesellschaft ablösen<br />

92<br />

könnte, ohne <strong>in</strong> repressives Recht zurückzufallen (vgl. Law and Society <strong>in</strong> Transition). An<br />

dem +evolutionistischen* Konzept von Nonet und Selznick kritisiert Teubner allerd<strong>in</strong>gs die<br />

bei ihnen se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach nur <strong>in</strong> Ansätzen zu f<strong>in</strong>dende Berücksichtigung außerrechtlicher,<br />

sozialer Faktoren auf die Rechtsentwicklung, wie sie im Gegensatz dazu bei Niklas Luhmann<br />

und Jürgen Habermas im Vor<strong>der</strong>grund stünde (vgl. Reflexives Recht; S. 29–36). 93<br />

Teubners Modell e<strong>in</strong>es +reflexiven Rechts*, d.h. die Schaffung struktureller Voraussetzungen<br />

für selbstregulatorische Prozesse (vgl. ebd; S. 49), wird von ihm deshalb explizit als rechtliche<br />

Spiegelung postmo<strong>der</strong>nen sozialen Wandels verstanden (vgl. ebd.; S. 17). Faktisch ist reflexives<br />

Recht <strong>der</strong>zeit, wenn es überhaupt Ansätze dazu gibt, jedoch auf e<strong>in</strong>ige schmale Bereiche<br />

(wie etwa die +Tarifautonomie*) beschränkt und läßt als Begriff wie als praktisches Konzept<br />

die reale Ungleichverteilung von Macht und Ressourcen unberücksichtigt (wie schon das an-<br />

gegebene, auch von Teubner genannte Beispiel zeigt). 94<br />

Trotz solcher Kritik und e<strong>in</strong>er spürbaren Nähe zur (Luhmannschen) Systemtheorie ist Teubners<br />

Konzept me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach aber fruchtbar, da es – als normatives Modell (miß)verstanden<br />

–, durch die angestrebte horizontale (subpolitische) Rückverlagerung <strong>der</strong> Regelungs-Kompetenz<br />

auf die Betroffenen, Ansatzpunkte zu e<strong>in</strong>er Transzendierung <strong>der</strong> bestehenden, e<strong>in</strong>seitig vertikal<br />

95<br />

ausgerichteten Rechtspraktiken bietet. E<strong>in</strong> vergleichbares kritisches Potential (ver)steckt (sich)<br />

auch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er (weniger Luhmanns) Vorstellung vom Recht als e<strong>in</strong>em autopoietischen System, 96<br />

die er <strong>in</strong> Anschluß an se<strong>in</strong>e Theorie reflexiven Rechts entwickelt hat. Teubners Sicht ähnelt<br />

dabei <strong>in</strong> gewisser Weise sogar dem hier verfolgten +ökologischen* Ansatz: Dadurch nämlich,

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