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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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102 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

gültigkeit erhebt und e<strong>in</strong> ideologisches System bildet, dient den Interessen <strong>der</strong> herrschenden<br />

Klasse:<br />

+Die herrschenden Ideen e<strong>in</strong>er Zeit waren stets nur die Ideen <strong>der</strong> herrschenden Klasse.* (Marx/Engels:<br />

Manifest <strong>der</strong> kommunistischen Partei; S. 44)<br />

Auch und gerade das Recht ist solchermaßen klassengeprägt und als +bürgerliches* Recht<br />

an die historische Faktizität <strong>der</strong> bürgerlichen Gesellschaft gebunden. Aus sozialistischer Sicht<br />

wird mit dem Ende des bürgerlichen Staates und <strong>der</strong> Verwirklichung e<strong>in</strong>er kommunistischen<br />

Gesellschaft Recht als soziale Institution deshalb <strong>in</strong>sgesamt überflüssig. Dieser Gedanke vom<br />

+Absterben des Rechts* f<strong>in</strong>det sich beispielhaft bei Petr Stu-cka:<br />

+Wenn wir Recht als bürgerliches Recht verstehen, können wir vom proletarischen Recht nicht sprechen,<br />

denn das Ziel <strong>der</strong> sozialistischen Revolution als solcher besteht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vernichtung des Rechtes, <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er Ersetzung durch die neue sozialistische Ordnung. Für den bürgerlichen Juristen ist das Wort<br />

›Recht‹ unverbrüchlich mit dem Begriff des Staates als Organ des Schutzes und als Zwangsapparat<br />

<strong>in</strong> den Händen <strong>der</strong> herrschenden Klasse verbunden. Mit dem Fall, genauer mit dem Absterben des<br />

Staates fällt und stirbt auch das Recht im bürgerlichen S<strong>in</strong>ne ab. Vom proletarischen Recht können<br />

wir [deshalb] nur als Recht <strong>der</strong> Übergangszeit, <strong>der</strong> Periode <strong>der</strong> Diktatur des Proletariats […] sprechen<br />

[…]* (Proletarisches Recht; S. 79)<br />

Diese zentralen Auffassungen (Recht als ideologischer Überbau, die Klassenbestimmtheit des<br />

Rechts und die historische Bed<strong>in</strong>gtheit <strong>der</strong> Rechtsform) ziehen sich sozusagen als +roter Faden*<br />

durch die marxistische und sozialistische Rechtstheorie (vgl. auch Reich: Marxistische und<br />

87<br />

sozialistische Rechtstheorie; S. 12ff.). Differenzierter, doch ohne den kritischen Anspruch<br />

aufzugeben, ist die Position von Jürgen Habermas. In se<strong>in</strong>er schon mehrfach zitierten +Theorie<br />

des kommunikativen Handelns* (1981) stellt er u.a. ausführlich dar, wie rechtliche Strukturen<br />

die sozialen Beziehungen durchdr<strong>in</strong>gen, diese +verrechtlichen* und so zur +Kolonialisierung*<br />

<strong>der</strong> lebensweltlichen Reproduktionssphäre durch die Produktionssphäre beitragen, selbst wo<br />

sie sie zu schützen versuchen (vgl. Band 2, S. 522–547).<br />

Die sich daraus ergebende Dialektik <strong>der</strong> Verrechtlichung ist e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> wichtigsten Antriebskräfte<br />

für die von Habermas zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> 70er Jahre ausgemachten +Legitimationsprobleme im<br />

Spätkapitalismus*, wie sich retrospektiv formulieren läßt: Die staatlichen Steuerungs<strong>in</strong>stanzen<br />

geraten bei ihrem wohlfahrtsstaatlichen Spagat zwischen Arbeit und Kapital, <strong>der</strong> den Klassen-

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