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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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ENTRÉE DISCURSIVE: POSTMODERNE – ENDE ODER VOLLENDUNG DER MODERNE? XV<br />

Satz e<strong>in</strong>e sichere Grundlage für se<strong>in</strong> weiteres philosophisches Denken gefunden zu haben.<br />

Vom radikalen Zweifel ausgehend, gelangte er zur ebenso radikalen, nicht mehr anzweifelbaren<br />

Gewißheit:<br />

+Und sieh da! So b<strong>in</strong> ich schließlich von selbst dah<strong>in</strong> zurückgekehrt, woh<strong>in</strong> ich wollte. Denn da ich<br />

jetzt weiß, daß ja selbst die Körper nicht eigentlich durch die S<strong>in</strong>ne o<strong>der</strong> durch die E<strong>in</strong>bildungskraft,<br />

son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>zig und alle<strong>in</strong> durch den Verstand erkannt werden, nicht dadurch, daß man sie betastet<br />

o<strong>der</strong> sieht, son<strong>der</strong>n, daß man sie denkt: so erkenne ich ganz offenbar, daß ich nichts leichter und<br />

augensche<strong>in</strong>licher erfassen kann – als me<strong>in</strong>en Geist.* (Meditationes; S. 26 [II,16])<br />

8<br />

Mit diesem a priori des Selbst formulierte Descartes e<strong>in</strong>e Erkenntnis, die er mit e<strong>in</strong>em streng<br />

rationalistischen Wissenschaftsprogramm verband, wie es ähnlich auch z.B. Francis Bacon<br />

9<br />

(1551–1626) vertrat. Die von beiden erarbeiteten Pr<strong>in</strong>zipien e<strong>in</strong>er vernunftorientierten, empiri-<br />

schen Wissenschaft und e<strong>in</strong> optimistischer Fortschrittsglaube prägten auch die (Hoch-)Aufklärung<br />

des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts. Allerd<strong>in</strong>gs machten sich nun zunehmend kritische Stimmen bemerkbar,<br />

die (an<strong>der</strong>s als <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit) nicht e<strong>in</strong>em konservativ-christlichen Impuls folgten,<br />

son<strong>der</strong>n ihre Kritik gerade aus dem neuzeitlichen Bewußtse<strong>in</strong> heraus formulierten. Deshalb<br />

läßt Welsch die +eigentliche* Mo<strong>der</strong>ne, die er ja von <strong>der</strong> (cartesianischen) Neuzeit abzugrenzen<br />

bestrebt ist (und die er gewissermaßen als Vorstufe zur <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne begreift), erst im 18.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>setzen. Ironisch bemerkt er: +Vielleicht s<strong>in</strong>d die besten Aufklärer gerade die-<br />

jenigen, die mit e<strong>in</strong>em Be<strong>in</strong> auch im an<strong>der</strong>en Lager stehen* (Unsere postmo<strong>der</strong>ne Mo<strong>der</strong>ne;<br />

S. 73). Denker, die diesen (selbst)kritischen Aspekt <strong>der</strong> +neuzeitlichen Mo<strong>der</strong>ne* verkörpern,<br />

s<strong>in</strong>d für Welsch u.a. Vico, Rousseau und Baumgarten. 10<br />

Auch Jürgen Habermas sieht das 18. Jahrhun<strong>der</strong>t als Wendepunkt zur (eigentlichen) Mo<strong>der</strong>ne<br />

an. Doch stellt er klar, daß <strong>der</strong> Begriff an sich tatsächlich wesentlich älter ist: 11<br />

+Das Wort ›mo<strong>der</strong>n‹ ist zuerst im späten 5. Jahrhun<strong>der</strong>t verwendet worden, um die soeben offiziell<br />

gewordene christliche Gegenwart von <strong>der</strong> heidnisch-römischen Vergangenheit abzugrenzen. Mit<br />

wechselnden Inhalten drückt ›Mo<strong>der</strong>nität‹ immer wie<strong>der</strong> das Bewußtse<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Epoche aus, die sich<br />

zur Vergangenheit <strong>der</strong> Antike <strong>in</strong> Beziehung setzt, um sich selbst als Resultat e<strong>in</strong>es Übergangs vom<br />

Alten zum Neuen zu begreifen.* (Die Mo<strong>der</strong>ne – e<strong>in</strong> unvollendetes Projekt; S. 33)<br />

Im 18. Jahrhun<strong>der</strong>t än<strong>der</strong>te sich dann aber – als e<strong>in</strong>e wichtige Folge <strong>der</strong> zuvor e<strong>in</strong>geleiteten<br />

Entwicklungen – <strong>der</strong> Gebrauch des Wortes +mo<strong>der</strong>n*, und man gewann e<strong>in</strong> geradezu post-

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