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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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80 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

Gewichte sich zugunsten Westeuropas und Japans verschoben (vgl. Frieden: Bank<strong>in</strong>g on the<br />

World; S. 87ff.).<br />

Ob es sich deshalb schon um das Ende des organisierten Kapitalismus handeln muß, ist me<strong>in</strong>er<br />

Me<strong>in</strong>ung nach jedoch fraglich. Auch Claus Offe, auf den sich Lash und Urry beziehen, wollte<br />

mit se<strong>in</strong>em Begriff des desorganisierten Kapitalismus ke<strong>in</strong>e explizite Gegenthese zum Modell<br />

des organisierten Kapitalismus formulieren, son<strong>der</strong>n nur e<strong>in</strong>e heuristische Basis schaffen, von<br />

<strong>der</strong> aus die Frage nach dem Verhältnis zwischen sozialer Macht und politischer Autorität<br />

neu gestellt werden kann (vgl. Disorganized Capitalism; S. 6). Und selbst wenn vielleicht<br />

<strong>der</strong> staatlich organisierte Kapitalismus e<strong>in</strong> Modell mit schw<strong>in</strong>den<strong>der</strong> Zukunft darstellt, so hat<br />

sich e<strong>in</strong> selbstorganisierter Kapitalismus e<strong>in</strong> eigenes, vom Nationalstaat abgekoppeltes System<br />

<strong>der</strong> Sicherung geschaffen, das zwar äußerst labil und zerbrechlich, aber trotzdem effektiv<br />

ist und genau auf <strong>der</strong> oben angesprochenen <strong>in</strong>ternationalen F<strong>in</strong>anzverflechtung beruht. Das<br />

Zerreißen dieses Netzes würde <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat sehr wahrsche<strong>in</strong>lich zum allgeme<strong>in</strong>en und schlagartigen<br />

36<br />

Kollaps des <strong>in</strong>ternationalen F<strong>in</strong>anzsystems führen, doch kompensiert die Geschw<strong>in</strong>digkeit<br />

<strong>der</strong> Transaktionen und ihre globale Streuung die vormals, unter den Bed<strong>in</strong>gungen des natio-<br />

nalstaatlich organisierten Kapitalismus, gegebene Berechenbarkeit – jedenfalls so lange wirklich<br />

ernste und lange andauernde Krisensituationen ausbleiben.<br />

Was sich hier abzeichnet, bedeutet möglicherweise den Übergang zu e<strong>in</strong>er neuen Ära des<br />

immateriellen Tauschs. Begriffe wie +Entstofflichung* (Menzel) o<strong>der</strong> +symbolische Ökonomie*<br />

(Neyer) versuchen, dem Ausdruck zu verleihen. Die immateriellen Tendenzen des Spätkapita-<br />

lismus sollten, wie bereits oben angedeutet (siehe S. 74), jedoch nicht darüber h<strong>in</strong>wegtäuschen,<br />

daß jede Ökonomie e<strong>in</strong>e materielle Basis benötigt. Die symbolische Ökonomie des Geldes<br />

als Abstraktionsform <strong>der</strong> +realen* Kapitalien kann den materiellen Tausch nicht ersetzen.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs ist sie auf dem besten Weg zur dom<strong>in</strong>anten Form <strong>der</strong> Mehrwertakkumulation zu<br />

werden. Der Anteil <strong>der</strong> durch re<strong>in</strong>e Kapitalgeschäfte <strong>in</strong>ternational erwirtschafteten Gew<strong>in</strong>ne<br />

37<br />

stieg zwischen 1961 und 1993 von 7% auf 19% an, und <strong>der</strong> tägliche Umsatz an den F<strong>in</strong>anz-<br />

märkten hat das Volumen von e<strong>in</strong>er Billion Dollar erreicht (vgl. Neyer: Globaler Markt und<br />

territorialer Staat; S. 295ff.). Dabei spielen <strong>der</strong>ivative F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>strumente (Optionen, Futures,<br />

Swaps etc.) seit Mitte <strong>der</strong> 80er Jahre e<strong>in</strong>e immer bedeuten<strong>der</strong>e Rolle, und sowohl <strong>der</strong> Anteil<br />

+offizieller* Gel<strong>der</strong> wie <strong>der</strong> Prozentsatz längerfristiger Investitionen sank erheblich (vgl. Alworth/-<br />

Turner: The Global Patterns of Capital Flows <strong>in</strong> the 1980s; S. 125f.).

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