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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 2: ZUR DIALEKTIK VON SOZIO-ÖKONOMISCHEM WANDEL UND POLITISCHER STATIK 71<br />

– ob sie es will o<strong>der</strong> nicht – <strong>Politik</strong>. Allerd<strong>in</strong>gs wird es hier nicht so sehr um den politischen<br />

Aspekt des Ökonomischen gehen, als vielmehr um das paradoxe (Miß-)Verhältnis zwischen<br />

ökonomischem Wandel und den Verharrungstendenzen des politischen Systems.<br />

Der aktuelle ökonomische Wandel, <strong>der</strong> als Arbeitsplatzverlust o<strong>der</strong> wachsen<strong>der</strong> Profit, Angebots-<br />

differenzierung o<strong>der</strong> ökonomische Marg<strong>in</strong>alisierung immer deutlicher auch für jeden e<strong>in</strong>zelnen<br />

spürbar wird, ist vielschichtig und kann im Rahmen dieser Arbeit nicht <strong>in</strong> all se<strong>in</strong>en Dimensionen<br />

behandelt werden. Ich möchte ihn hier deshalb vor allem unter e<strong>in</strong>em Überbegriff diskutieren,<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>ige zentrale Tendenzen dieses Wandels zusammenfaßt und <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> gegenwärtigen<br />

öffentlichen Diskussion wie <strong>in</strong> den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften e<strong>in</strong>e immer zentralere<br />

Rolle spielt: Globalisierung. 9<br />

Der Globalisierungsbegriff selbst ist relativ neu und hat erst <strong>in</strong> den letzten Jahren e<strong>in</strong>e Inflation<br />

10<br />

erfahren. Die Sache, die er bezeichnet, und die theoretischen Grundannahmen, die er<br />

impliziert, s<strong>in</strong>d dagegen – zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> ihren Umrissen – altbekannt. So können wir bereits<br />

bei Marx und Engels lesen:<br />

+Die Bourgeoisie hat durch ihre Exploitation des Weltmarkts die Produktion und Konsumption aller<br />

Län<strong>der</strong> kosmopolitisch gestaltet. Sie hat zum großen Bedauern <strong>der</strong> Reaktionäre den nationalen Boden<br />

<strong>der</strong> Industrie unter den Füßen weggezogen. Die uralten nationalen Industrien s<strong>in</strong>d vernichtet worden<br />

und werden noch täglich vernichtet. Sie werden verdrängt durch neue Industrien, <strong>der</strong>en E<strong>in</strong>führung<br />

e<strong>in</strong>e Lebensfrage für alle zivilisierten Nationen wird, durch Industrien, die nicht mehr e<strong>in</strong>heimische<br />

Rohstoffe, son<strong>der</strong>n den entlegensten Zonen angehörige Rohstoffe verarbeiten und <strong>der</strong>en Fabrikate<br />

nicht nur im Lande selbst, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> allen Weltteilen zugleich verbraucht werden. An die Stelle <strong>der</strong><br />

alten, durch Landeserzeugnisse befriedigten Bedürfnisse treten neue, welche die Produkte <strong>der</strong> ent-<br />

ferntesten Län<strong>der</strong> und Klimate zu ihrer Befriedigung erheischen. An die Stelle <strong>der</strong> alten lokalen und<br />

nationalen Selbstgenügsamkeit und Abgeschlossenheit tritt e<strong>in</strong> allseitiger Verkehr, e<strong>in</strong>e allseitige<br />

Abhängigkeit <strong>der</strong> Nationen vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Und wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> materiellen, so auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> geistigen Produktion.<br />

Die geistigen Erzeugnisse <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Nationen werden Geme<strong>in</strong>gut. Die nationale E<strong>in</strong>seitigkeit und<br />

Beschränktheit wird mehr und mehr unmöglich […]* (Manifest <strong>der</strong> kommunistischen Partei; S. 34f.)<br />

Hier s<strong>in</strong>d nahezu alle Aspekte angesprochen, die auch <strong>in</strong> aktuellen Globalisierungstheorien<br />

herausgestellt werden: Marx und Engels haben das +Ende <strong>der</strong> nationalen Ökonomie* (Reich)<br />

genauso wie die Delokalisierung <strong>der</strong> Konsumstile und zunehmende Interdependenz des<br />

Weltsystems <strong>in</strong> ihren Ausführungen angerissen. Ihre zugespitzte Beschreibung reflektierte<br />

allerd<strong>in</strong>gs weniger die tatsächlichen damaligen Verhältnisse, son<strong>der</strong>n bedeutete die Extrapolation

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