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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 1: POLITIK – ETYMOLOGIE UND SEMANTIK EINES +RECYCLINGFÄHIGEN* BEGRIFFS 65<br />

weitgehend theologisch dom<strong>in</strong>iert war. Mit dem Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Neuzeit wurden theologische<br />

Weltdeutungen dann immer mehr <strong>in</strong> Frage gestellt. Theoretisch wie praktisch ließ sich von<br />

nun an auch von e<strong>in</strong>er autonomen Sphäre des Politischen, ja e<strong>in</strong>em Primat <strong>der</strong> <strong>Politik</strong> sprechen.<br />

Ethische und moralische Fragen traten <strong>in</strong> den H<strong>in</strong>tergrund. Zentrales Motiv wurde die ver-<br />

nunftgemäße Legitimation politischer Herrschaft. Die konkreten Antworten <strong>der</strong> politischen<br />

Denker variierten jedoch. Sowohl für den absolutistischen +Wolf <strong>in</strong> den Mauern* als auch<br />

für die Ausweitung <strong>der</strong> Herrschaft auf bürgerliche Kreise wurden Argumente beigebracht,<br />

und spätestens im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t läßt sich die Ausdifferenzierung <strong>der</strong> zentralen politischen<br />

Lager des Konservatismus, des Sozialismus und des Liberalismus beobachten. Unter den<br />

gegebenen Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>er radikalisierten Mo<strong>der</strong>ne verwischen aber die Konturen dieser<br />

Lager. E<strong>in</strong>e politische Neuorientierungen ersche<strong>in</strong>t notwendig, wobei vielfach auf vergangene<br />

Konzepte zurückgegriffen wird. Überhaupt ist politische Theorie <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne als e<strong>in</strong>e<br />

+textbezogene Praxis* zu verstehen (vgl. Shapiro: Read<strong>in</strong>g the <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>n Polity). In diesem<br />

Zusammenhang habe ich von +Recycl<strong>in</strong>g* und e<strong>in</strong>er +eklektischen tabula rasa* gesprochen.<br />

Das e<strong>in</strong>fache Recycl<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>er <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne prämo<strong>der</strong>ner Prägung kontrastiert dabei das<br />

transformierende Recycl<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>er <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne, die e<strong>in</strong> reflexives +authentisches* Bewußtse<strong>in</strong><br />

zu gew<strong>in</strong>nen versucht (siehe hierzu auch Prolog, S. LXII–LXXVII sowie den Exkurs).<br />

Dieses +authentische* Bewußtse<strong>in</strong> schenkt (wie sich bei Lyotard o<strong>der</strong> Rorty zeigt) <strong>der</strong> Kont<strong>in</strong>genz<br />

als Dimension des Politischen beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit. <strong>Politik</strong> nutzt dabei nicht nur den<br />

geschaffenen Kont<strong>in</strong>genzraum, son<strong>der</strong>n wird selbst als kont<strong>in</strong>gent verstanden, verweist auf<br />

ihre Verän<strong>der</strong>barkeit (vgl. auch Ryan: <strong>Post</strong>-Mo<strong>der</strong>n Politics; S. 97). Ersterer Sachverhalt ist<br />

von Kari Palonen, auf den schon zu Beg<strong>in</strong>n dieses Kapitels Bezug genommen wurde (siehe<br />

S. 3), als das +Webersche Moment* <strong>der</strong> <strong>Politik</strong> bezeichnet worden. So wenig ich mit se<strong>in</strong>er<br />

Weber-Rezeption übere<strong>in</strong>stimme, die im Werk Webers e<strong>in</strong>en Stellenwechsel <strong>der</strong> Kont<strong>in</strong>genz<br />

165<br />

vollzogen sieht, so deutlich zeigt gerade diese Interpretation, daß Kont<strong>in</strong>genz unter den<br />

gegebenen Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>e immer wichtigere Kategorie für die politische Theorie und Praxis<br />

darstellt. Der Horizont e<strong>in</strong>es postmo<strong>der</strong>nen Verständnisses von <strong>Politik</strong> ist von Kont<strong>in</strong>genz,<br />

ihrer faktischen Virulenz wie ihrer theoretischen Reflexion, geprägt.

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