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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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60 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

In <strong>der</strong> von Kont<strong>in</strong>genz geprägten <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne des ausgehenden 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts wird mit<br />

<strong>der</strong> faktischen wie theoretischen Infragestellung des Nationalstaats (vornehmlich ausgelöst<br />

durch Globalisierungsprozesse und subnationale Bewegungen) auch die Trennung von Theorie<br />

und Praxis fragwürdig. Zudem treten an<strong>der</strong>e Konflikte politisch hervor: um (Menschen-)Rechte,<br />

Selbstbestimmung und Selbstentfaltung etc. Im Kontext dieser neuen Konfliktfel<strong>der</strong> entstehen<br />

die von Bauman postulierten neuen <strong>Politik</strong>formen, die er allerd<strong>in</strong>gs durchaus ambivalent<br />

schil<strong>der</strong>t: Die postmo<strong>der</strong>ne Stammespolitik imag<strong>in</strong>iert politische Geme<strong>in</strong>schaften, die den<br />

fragmentisierten Subjekten Orientierung bieten sollen, sich durch symbolische Rituale am<br />

Leben erhalten und deshalb unter dem Zwang stehen, sich ständig selbst zu erneuern. Die<br />

<strong>Politik</strong> des Begehrens als zweite von Bauman genannte neue <strong>Politik</strong>form strebt nach <strong>der</strong> Ver-<br />

wirklichung von (<strong>in</strong>dividuellen wie kollektiven) Lebensentwürfen. Die <strong>Politik</strong> <strong>der</strong> Angst baut<br />

dagegen gerade auf die Furcht vor <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>nahmung durch die <strong>Politik</strong>(en) des Begehrens<br />

und die postmo<strong>der</strong>ne Stammespolitik. Die <strong>Politik</strong> <strong>der</strong> Gewißheit schließlich versucht durch<br />

die Versicherung <strong>der</strong> Richtigkeit des eigenen Urteils, die Verunsicherung durch die allgegen-<br />

wärtige Pluralität des postmo<strong>der</strong>nen Dase<strong>in</strong>s aufzufangen – e<strong>in</strong>e Pluralität übrigens, die das<br />

postmo<strong>der</strong>ne Subjekt nach Bauman zw<strong>in</strong>gt, sich se<strong>in</strong>e eigenen (ethischen) Maßstäbe zu erarbeiten<br />

und se<strong>in</strong> Verhalten ständig mit den an<strong>der</strong>en Subjekten abzustimmen und gegenüber diesen<br />

zu rechtfertigen. (Vgl. Ansichten <strong>der</strong> <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne; S. 231–240) 154<br />

Hier ergibt sich e<strong>in</strong> Anknüpfungspunkt zu Welsch (siehe auch S. LXV). +Pluralität als ethischer<br />

und politischer Wert* (1991) ist für ihn – <strong>in</strong> Anlehnung an Lyotard – gar zentral <strong>in</strong> unserer<br />

postmo<strong>der</strong>nen Gegenwart. Denn diese +ist dadurch charakterisiert, daß wir mit e<strong>in</strong>er zuneh-<br />

menden Vielfalt unterschiedlichster Lebensformen, Wissenskonzeptionen und Orientierungsweisen<br />

konfrontiert s<strong>in</strong>d* (S. 11). Welsch beruft sich <strong>in</strong> diesem Zusammenhang auch auf soziologische<br />

Befunde von Max Weber (+Polytheismus <strong>der</strong> Werte*) bis Berger (+Pluralisierung <strong>der</strong> Lebenwelten*)<br />

und Zapf (+Pluralisierung <strong>der</strong> Lebensstile*).<br />

Dabei arbeitet (auch) er heraus, daß die <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne ke<strong>in</strong>e Anti-Mo<strong>der</strong>ne, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e<br />

gesteigerte, radikalisierte Mo<strong>der</strong>ne darstellt. Ihre Pluralität geht deshalb über bloßen Pluralismus<br />

h<strong>in</strong>aus, <strong>der</strong> sich nach Welsch zu e<strong>in</strong>er parlamentarisch-repräsentativen Ideologie verhärtet<br />

hat und so letztendlich e<strong>in</strong>e Stabilisierung des status quo bewirkt (vgl. ebd. 19ff.). Der (demo-<br />

kratisch-liberale) Pluralismus baut nämlich auf dem allgeme<strong>in</strong>en liberal-demokratischen Konsens<br />

auf und fixiert sich, <strong>in</strong>dem er dies tut, auf e<strong>in</strong> bestimmtes Set von Normen. Die Pluralität

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