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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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52 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

In <strong>der</strong> Überschrift zu diesem Abschnitt ist nun vielleicht etwas hochtrabend vom +Horizont*<br />

e<strong>in</strong>es postmo<strong>der</strong>nen Verständnisses von <strong>Politik</strong> die Rede. Wodurch wird dieser Horizont<br />

umrissen? – Dazu läßt sich zunächst feststellen: Wer über die Mo<strong>der</strong>ne h<strong>in</strong>aus gehen will,<br />

muß ihren (verschlungenen, gewundenen, vielfach verzweigten) Weg nachgeschritten haben.<br />

Auch wenn die hier vorgenommene Epochene<strong>in</strong>teilung tatsächlich eher willkürlich und dem<br />

sublimen Drang nach Grenzziehungen und Unterscheidungen geschuldet ist, es nicht e<strong>in</strong>mal<br />

<strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Neuzeit e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches Verständnis des Politischen gibt; und auch wenn es<br />

eigentlich also uns<strong>in</strong>nig ist, vom <strong>Politik</strong>begriff <strong>der</strong> Antike, des Mittelalters o<strong>der</strong> des Sozialismus<br />

zu sprechen – genau aus dem oben genannten Grund war es ke<strong>in</strong>e vergebliche Mühe, die<br />

Geschichte des <strong>Politik</strong>begriffs nachzuerzählen.<br />

Gewiß, Nebenströmungen wurden elim<strong>in</strong>iert, Kont<strong>in</strong>uitäten und Brüche wurden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Retro-<br />

spektive dieser Darstellung konstruiert. Aber es hat sich aus dem historischen Flickenteppich<br />

des theoretischen Diskurses genau jenes Bild ergeben, das sich <strong>in</strong> unseren Köpfen festgesetzt<br />

hat und uns selbst (o<strong>der</strong> vielmehr gerade) <strong>in</strong> <strong>der</strong> Negation als Folie des Neuentwurfs dient.<br />

Die <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne als Gegen- und Fortbewegung <strong>der</strong> (e<strong>in</strong>fachen) Mo<strong>der</strong>ne kann alle<strong>in</strong>e deshalb<br />

niemals <strong>Post</strong>histoire se<strong>in</strong> und ihr geschichtliches Gewordense<strong>in</strong> überw<strong>in</strong>den, son<strong>der</strong>n sie betreibt<br />

vielmehr (bewußt) e<strong>in</strong>e eklektische ›tabula rasa‹. Dies gilt <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für den postmo<strong>der</strong>nen<br />

Theoretiker par excellence: Jean-François Lyotard (siehe auch S. XLIXf.).<br />

Lyotard hat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em philosophischen Hauptwerk +Der Wi<strong>der</strong>streit* (1983) e<strong>in</strong>e postmo<strong>der</strong>ne<br />

+Theorie <strong>der</strong> Gerechtigkeit* entworfen, die <strong>in</strong> diversen +Exkursen* immer wie<strong>der</strong> auf die<br />

politischen Denker <strong>der</strong> Vergangenheit – auf Platon und Aristoteles, auf Kant und Hegel etc.<br />

– Bezug nimmt. Der von Lyotard gewählte Titel kann dabei durchaus als programmatisch<br />

verstanden werden. An<strong>der</strong>s als etwa <strong>der</strong> deutsche Philosoph und Sozialwissenschaftler Jürgen<br />

Habermas, <strong>der</strong> mit se<strong>in</strong>er +Theorie des kommunikativen Handelns* (1981) und se<strong>in</strong>er im Anschluß<br />

141<br />

an diese entwickelten +Diskursethik* die Möglichkeiten e<strong>in</strong>es sozialen Konsenses er- und<br />

142<br />

begründet (siehe auch S. XL), for<strong>der</strong>t Lyotard e<strong>in</strong>e Kultivierung des Dissens. Dieser ist nämlich<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Sprache (als für ihn zentralem Medium des Sozialen) grundsätzlich unüberbrückbar<br />

und beruht auf <strong>der</strong> +Willkürlichkeit* des Sprechakts sowie <strong>der</strong> Pluralität <strong>der</strong> Diskursarten:<br />

Die Kont<strong>in</strong>genz <strong>der</strong> sprachlichen Artikulation erzeugt zwangsläufig +Ungerechtigkeit*, denn<br />

<strong>in</strong>dem man sich z.B. auf e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> vielen denkbaren Möglichkeit zur Weiterführung e<strong>in</strong>es<br />

Satzes festlegen muß, werden Alternativen (auch wenn man versucht, dem Dilemma durch

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