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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 1: POLITIK – ETYMOLOGIE UND SEMANTIK EINES +RECYCLINGFÄHIGEN* BEGRIFFS 47<br />

128<br />

John Maynard Keynes for<strong>der</strong>te), ersche<strong>in</strong>t kontraproduktiv. Die Bereiche Ökonomie und<br />

<strong>Politik</strong> werden als streng getrennt vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> gedacht. Doch das h<strong>in</strong><strong>der</strong>te neoliberale Denker<br />

nicht, die ökonomische Konkurrenzlogik auf die <strong>Politik</strong> zu übertragen. So geht z.B. Joseph<br />

Schumpeter von e<strong>in</strong>em Marktmodell <strong>der</strong> Demokratie aus, das durch die Konkurrenz um<br />

Wählerstimmen e<strong>in</strong> optimales politisches Funktionieren sicherstellen soll (siehe unten).<br />

1.4 DAS POLITISCHE CREDO DES +MODERNEN* NATIONALSTAATS<br />

Das politische Credo des +mo<strong>der</strong>nen* Nationalstaats entspr<strong>in</strong>gt zum großen Teil liberalem<br />

129<br />

Denken. Das Konzept des Nationalstaats selbst verkörpert gewissermaßen sogar die materiale<br />

Verknüpfungsstelle zwischen politischem und ökonomischem Liberalismus. Denn <strong>der</strong> National-<br />

staat war <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit das Instrument, mit dem das Bürgertum se<strong>in</strong>e ökonomisch-<br />

politischen Interessen durchsetzte. E<strong>in</strong>e <strong>der</strong>artige Sichtweise wi<strong>der</strong>spricht natürlich <strong>der</strong> gängigen<br />

nationalistischen Ideologie, die behauptet, Nationen hätten e<strong>in</strong>e gleichsam +natürliche* Basis<br />

– sei es nun <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er sprachlich-kulturellen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er ethnischen Identität ihrer Zuge-<br />

hörigen. Die Schriften von Her<strong>der</strong>, Fichte und Mazz<strong>in</strong>i bieten für diese nationalistische Fiktion<br />

130<br />

reiches Anschauungsmaterial. Allerd<strong>in</strong>gs wurden <strong>der</strong>en Argumente auch von bürgerlicher<br />

131<br />

Seite bereits im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t – so z.B. durch Ernest Renan – <strong>in</strong> Frage gestellt. In <strong>der</strong><br />

aktuellen Literatur wird schließlich nahezu e<strong>in</strong>hellig <strong>der</strong> Konstruktcharakter des Nationalen<br />

herausgestellt, und mit Ernest Gellner läßt sich sagen: +Es ist <strong>der</strong> Nationalismus, <strong>der</strong> die Nationen<br />

hervorbr<strong>in</strong>gt, und nicht umgekehrt.* (Nationalismus und Mo<strong>der</strong>ne; S. 87)<br />

Der Nationalismus wie<strong>der</strong>um ist e<strong>in</strong> unzweifelhaft mo<strong>der</strong>nes Phänomen, und für Gellner<br />

stehen die nationalistischen Bewegungen des 18. und 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts im klaren Zusammenhang<br />

132<br />

mit <strong>der</strong> Transformation <strong>der</strong> feudalen Agrargesellschaft zur Industriegesellschaft. Im Zuge<br />

des ausgelösten sozio-ökonomischen Wandels wurde e<strong>in</strong>e politische Neuorientierung möglich,<br />

die e<strong>in</strong>erseits den sprachlich-kulturellen Grenzen Rechnung trug und – durch die behauptete<br />

nationale Geme<strong>in</strong>schaft – gleichzeitig soziale Entropie verh<strong>in</strong><strong>der</strong>te.<br />

Ganz ähnlich argumentiert Eric Hobsbawm: Er geht davon aus, daß im Rahmen des nationalisti-<br />

schen Projekts auf vor- bzw. protonationalen B<strong>in</strong>dungen aufgebaut werden konnte, wie sie<br />

133<br />

durch Religion o<strong>der</strong> Sprache <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat bereitgestellt wurden. Entscheidend ist jedoch,<br />

daß man diese benutzte, um e<strong>in</strong> nicht vorhandenes nationales Bewußtse<strong>in</strong> erst zu schaffen,

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