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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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46 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

liberalen <strong>Politik</strong>begriff? – Zunächst e<strong>in</strong>mal ist festzustellen, daß im ökonomischen Liberalismus<br />

<strong>der</strong> abstrakte, d.h. <strong>der</strong> kalkulierbare Nutzen zum alles entscheidenden Maßstab erhoben wird,<br />

<strong>der</strong> sich im bürgerlichen Eigennutz, im +volonté particulier* des politisch bestimmend gewordenen<br />

Bourgeois jedoch ganz handfest manifestiert. Wichtiger Ausgangspunkt für diese besitz<strong>in</strong>di-<br />

vidualistische Verengung ist die utilitaristische Philosophie Jeremy Benthams (1748–1832),<br />

<strong>der</strong> mit se<strong>in</strong>er Formel +the greatest happ<strong>in</strong>ess of the greatest number* das (übergroße) Glück<br />

124<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>fach mit dem Leid <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en verrechnete. Auf die Fragwürdigkeit dieser<br />

Sichtweise hat <strong>in</strong> neuerer Zeit <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e John Rawls im Rahmen se<strong>in</strong>er +Theorie <strong>der</strong> Gerech-<br />

tigkeit* h<strong>in</strong>gewiesen (vgl. dort Kap. 5) – aber auch Mill hatte bereits das utilitaristische Pr<strong>in</strong>zip<br />

dah<strong>in</strong>gehend ergänzt, daß er klarstellte, daß nicht die re<strong>in</strong> quantitative und <strong>in</strong>dividuelle Nutzen-<br />

maximierung Maßstab des Glücks se<strong>in</strong> könne, son<strong>der</strong>n auch qualitative Aspekte sowie das<br />

allgeme<strong>in</strong>e gesellschaftliche Wohl e<strong>in</strong>e Rolle spielen (vgl. Utilitarism; S. 11).<br />

Solche Überlegungen liegen freilich dem ökonomischen Liberalismus eher fern, <strong>der</strong> gerade<br />

dadurch aber auch e<strong>in</strong>e politische Aussage trifft. Als e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> wichtigsten Denker des öko-<br />

nomischen Liberalismus und Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> klassischen Nationalökonomie kann Adam Smith<br />

125<br />

(1723–90) gelten (siehe auch S. XXIII). Dieser war <strong>der</strong> Ansicht, daß das gesellschaftliche<br />

Wohl sich aus dem freien Spiel <strong>der</strong> Kräfte geradezu zwangsläufig ergeben würde:<br />

+Wenn […] je<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne soviel wie nur möglich danach trachtet, se<strong>in</strong> Kapital […] e<strong>in</strong>zusetzen […],<br />

dann bemüht sich auch je<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne ganz zwangsläufig darum, daß das Volkse<strong>in</strong>kommen […] so<br />

groß wie möglich werden kann […] Und er wird <strong>in</strong> diesem wie auch <strong>in</strong> vielen an<strong>der</strong>en Fällen von<br />

e<strong>in</strong>er unsichtbaren Hand geleitet, um e<strong>in</strong>en Zweck zu för<strong>der</strong>n, den zu erfüllen er <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Weise<br />

beabsichtigt hat.* (Der Wohlstand <strong>der</strong> Nationen; S. 371)<br />

Trotz dieser naiven Sicht muß man zugestehen, daß Smith, <strong>in</strong>dem er die Grundlage des natio-<br />

nalen Wohlstands <strong>in</strong> <strong>der</strong> menschlichen Arbeit sah (vgl. ebd. S. 3), die re<strong>in</strong> +monetaristische*<br />

126<br />

Wirtschaftstheorie des Merkantilismus überwunden hat. Zudem betont er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er +Theory<br />

of Moral Sentiments* die Wichtigkeit des empathischen sich H<strong>in</strong>e<strong>in</strong>versetzens die Lage des<br />

an<strong>der</strong>en, stellt also dem <strong>in</strong>dividualistischen Konkurrenzdenken auch e<strong>in</strong> solidarisches Pr<strong>in</strong>zip<br />

entgegen. Nachfolgende bürgerliche Ökonomen wie David Ricardo (1772–1823) konzentrierten<br />

sich an<strong>der</strong>s als <strong>der</strong> Moralphilosoph Smith allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>zig auf die Sphäre <strong>der</strong> Wirtschaft. 127<br />

Der <strong>Politik</strong> kommt im Rahmen dieses Denkens alle<strong>in</strong>e die Rolle zu, günstige Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

für die Ökonomie zu schaffen. E<strong>in</strong>e staatliche E<strong>in</strong>mischung bzw. Steuerung (wie sie später

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