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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 1: POLITIK – ETYMOLOGIE UND SEMANTIK EINES +RECYCLINGFÄHIGEN* BEGRIFFS 37<br />

92<br />

stehen. Der <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Ausprägungen stark differierende <strong>Politik</strong>begriff des Konservatismus<br />

soll allerd<strong>in</strong>gs anhand <strong>der</strong> <strong>Politik</strong>konzepte zweier konservativer politischer Autoren des 20.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts dargestellt werden: Carl Schmitt (1888–1985) und Eric Voegel<strong>in</strong> (1901–85).<br />

Schmitt hat explizit zum +Begriff des Politischen* (1927) Stellung genommen. Die Gleichsetzung<br />

des Politischen mit dem Staatlichen lehnt er <strong>in</strong> jener vielfach rezipierten Schrift ab, da ihm<br />

diese ungenügend und tautologisch ersche<strong>in</strong>t:<br />

+Im allgeme<strong>in</strong>en wird ›Politisch‹ <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Weise mit ›Staatlich‹ gleichgesetzt o<strong>der</strong> wenigstens<br />

auf den Staat bezogen. Der Staat ersche<strong>in</strong>t dann als etwas Politisches, das Politische aber als etwas<br />

Staatliches – offenbar e<strong>in</strong> unbefriedigen<strong>der</strong> Zirkel […] E<strong>in</strong>e Begriffsbestimmung des Politischen kann<br />

nur durch Aufdeckung und Feststellung <strong>der</strong> spezifisch politischen Kategorien gewonnen werden […]<br />

Die spezifisch politische Unterscheidung [aber], auf welche sich die politischen Handlungen und Motive<br />

zurückführen lassen, ist die Unterscheidung von Freund und Fe<strong>in</strong>d.* (S. 21–26)<br />

Die politische E<strong>in</strong>heit (e<strong>in</strong>es Volkes) konstituiert sich nämlich erst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gegnerschaft zu e<strong>in</strong>en<br />

solchen Fe<strong>in</strong>d, was auch die Bereitschaft zur Anwendung von (militärischer) Gewalt notwendig<br />

mit e<strong>in</strong>schließt (vgl. ebd.; S. 28–37).<br />

Schmitts +revolutionärer* Konservatismus zeigt mit <strong>der</strong>artigen Bestimmungen Berührungspunkte<br />

zur (Vernichtung-)Ideologie des Nationalsozialismus, und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat stand er dem NS-Regime<br />

nahe. E<strong>in</strong>e Nähe des Konservatismus zum Faschismus ist verschiedentlich im Allgeme<strong>in</strong>en<br />

93<br />

behauptet worden (vgl. z.B. Lukács: Die Zerstörung <strong>der</strong> Vernunft; S. 622–662), und auch<br />

Ernst Nolte gesteht zu, +daß <strong>der</strong> Nationalsozialismus im engsten Zusammenhang mit konser-<br />

vativen Kräften emporgewachsen ist* (Konservatismus und Nationalsozialismus; S. 259). Trotzdem<br />

sollte man Faschismus und Konservatismus nicht gleichsetzen. Schließlich zeichnet sich die<br />

faschistische Ideologie (und hier stimme ich mit Nolte übere<strong>in</strong>) durch e<strong>in</strong>e eigentümliche<br />

Ambivalenz aus, <strong>in</strong>dem sie Elemente e<strong>in</strong>es nationalistisch-chauv<strong>in</strong>istischen Konservatismus<br />

94<br />

mit (pseudo-)sozialistischen Phrasen sowie e<strong>in</strong>em haßerfüllten Rassismus verb<strong>in</strong>det. Darüber<br />

h<strong>in</strong>aus (und wahrsche<strong>in</strong>lich gerade wegen dieser unausgegorenen Melange sowie dem +prole-<br />

tarischen Element* des Nationalsozialismus) waren viele Konservative dem Hitler-Regime<br />

kritisch bis ablehnend gegenüber e<strong>in</strong>gestellt. Das gilt auch für Eric Voegel<strong>in</strong>.<br />

Zu Voegel<strong>in</strong>s bedeutendsten Schriften zählt +Die neue Wissenschaft <strong>der</strong> <strong>Politik</strong>* (1952). E<strong>in</strong>e<br />

solche ist für ihn notwendig, weil es se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach vor allem durch den Positivismus<br />

zu e<strong>in</strong>em Verfall <strong>der</strong> politischen Pr<strong>in</strong>zipien gekommen ist. Als +Heilmittel* gegen diesen Verfall

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