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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 1: POLITIK – ETYMOLOGIE UND SEMANTIK EINES +RECYCLINGFÄHIGEN* BEGRIFFS 25<br />

und leitet es +vertragsrechtlich* aus dem Wortlaut des obigen Vertragstextes ab (den er me<strong>in</strong>t,<br />

logisch zw<strong>in</strong>gend hergeleitet zu haben):<br />

+[Es] […] kann [auch] wegen schlechter Verwaltung des Staates die höchste Gewalt ihrem Besitzer<br />

nicht genommen werden, denn e<strong>in</strong>erseits stellt diese den gesamten Staat dar […] An<strong>der</strong>erseits schließt<br />

ja <strong>der</strong>, welchem die höchste Gewalt übertragen wird, mit denen, welche sie ihm übertrugen, eigentlich<br />

ke<strong>in</strong>en Vertrag, und folglich kann er ke<strong>in</strong> Unrecht tun […]* (Ebd.; S. 158 [Kap. 18]) 65<br />

Hobbes kann aufgrund dieser totalen Entäußerung <strong>der</strong> Vertragsschließenden als Apologet<br />

des absolutistischen Staates <strong>in</strong>terpretiert werden, welcher sich als politisches Modell im 17.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t herauskristallisierte und die fragmentisierte Herrschaft des Mittelalters (siehe<br />

Anmerkung 41) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e zentralisierte staatliche Ordnung überführte. In dieser ist <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne<br />

dem souveränen Herrscher, <strong>der</strong> die Rolle e<strong>in</strong>es +lupus <strong>in</strong>tra muros* übernommen hat, schutzlos<br />

66<br />

ausgeliefert. Der radikale Individualismus des Naturzustands ist im Gesellschaftszustand<br />

e<strong>in</strong>em ebenso radikalen wie autoritären Anti-Individualismus gewichen, und die natürliche<br />

Gleichheit hat sich zu e<strong>in</strong>em politischen Ungleichheitsverhältnis gewandelt. Die Freiheit <strong>der</strong><br />

Untertanen wird von Hobbes demgemäß sehr eng festgesteckt: +Es besteht […] die bürgerliche<br />

Freiheit nur <strong>in</strong> den Handlungen, welche <strong>der</strong> Gesetzgeber übergangen hat* (ebd.; S. 190 [Kap.<br />

21]). Diesem aber steht es nicht nur frei, sogar Vorschriften zum öffentlichen Gottesdienst<br />

zu erlassen. Er fungiert als Zensor wie als Richter und übt daneben auch noch die Militär-<br />

und Polizeigewalt aus. Von Gewaltenteilung o<strong>der</strong> -beschränkung kann <strong>in</strong> diesem System nicht<br />

die Rede se<strong>in</strong>, denn: +Getrennte Macht zerstört sich selbst* (ebd.; S. 271 [Kap. 29]). Diese<br />

umfassende souveräne Macht ist <strong>in</strong> ihrer Gesetzgebung auch nicht mehr an Wahrheits- o<strong>der</strong><br />

Gerechtigkeitsvorstellungen gebunden: +authoritas, non veritas, facit legem*. 67<br />

Als zweiter Vertragstheoretiker soll John Locke (1632–1704) vorgestellt werden – jedoch nicht<br />

so ausführlich wie Hobbes. Schließlich genügt es, die wesentlichen Unterschiede darzustellen,<br />

da Locke sich mehr o<strong>der</strong> weniger an Hobbes’ Grundkonstruktion angelehnt hat. Diese<br />

Unterschiede s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs beträchtlich. Locke bef<strong>in</strong>det sich zwar <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ähnlichen historischen<br />

Rahmensituation und auch er wendet den klassischen kontraktualistischen Dreischritt – Naturzu-<br />

standsbeschreibung, Vertragsschließung, Entwurf <strong>der</strong> Gesellschaftordnung – an. Er kommt<br />

aber zu fast entgegengesetzten politischen Schlußfolgerungen. Im Machtkampf zwischen Krone<br />

und Parlament, <strong>der</strong> das 17. Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>in</strong> Großbritannien prägt, bezieht er e<strong>in</strong>deutig zugunsten

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