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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 1: POLITIK – ETYMOLOGIE UND SEMANTIK EINES +RECYCLINGFÄHIGEN* BEGRIFFS 21<br />

Ansichten geradezu auf den Kopf: Nicht Weisheit und Gerechtigkeit s<strong>in</strong>d für e<strong>in</strong>en Herrscher<br />

gefragt, son<strong>der</strong>n vielmehr e<strong>in</strong>e pragmatische politische Klugheit (prudenza). Und Machiavelli<br />

gelangt zwar zu dem Schluß, +daß e<strong>in</strong> Herrscher bei se<strong>in</strong>em Volk beliebt se<strong>in</strong> muß; sonst<br />

hat er <strong>in</strong> widrigen Zeiten ke<strong>in</strong>en Rückhalt* (Il Pr<strong>in</strong>cipe; S. 41 [Kap. IX]). Deshalb muß er auch<br />

danach streben +im Ruf <strong>der</strong> Milde zu stehen und nicht <strong>in</strong> dem <strong>der</strong> Grausamkeit* (ebd.; S.<br />

67 [Kap. XVII]). Doch an<strong>der</strong>erseits darf er auch nicht vor zur Aufrechterhaltung se<strong>in</strong>er Macht<br />

notwendigen Gewaltakten zurückschrecken:<br />

+E<strong>in</strong> Mensch, <strong>der</strong> immer nur das Gute möchte, wird zwangsläufig zugrunde gehen <strong>in</strong> mitten von so<br />

vielen Menschen, die nicht gut s<strong>in</strong>d. Daher muß sich <strong>der</strong> Herrscher, wenn er sich behaupten will,<br />

zu <strong>der</strong> Fähigkeit erziehen, nicht alle<strong>in</strong> nach den moralischen Gesetzen zu handeln.* (Ebd.; S. 63 [Kap.<br />

XV])<br />

Dabei gilt es nur zu beachten: +Gewalttaten müssen […] alle auf e<strong>in</strong>mal angewandt werden,<br />

damit sie weniger gespürt werden und deshalb weniger verletzen* (S. 38 [Kap. VIII]). Die<br />

grundsätzliche Frage, ob es für e<strong>in</strong>en Herrscher besser ist, geliebt als gefürchtet zu werden,<br />

beantwortet er mit allerd<strong>in</strong>gs dem Rat, +daß man [je nach den Erfor<strong>der</strong>nissen <strong>der</strong> Situation]<br />

sowohl das e<strong>in</strong>e als das an<strong>der</strong>e se<strong>in</strong> sollte. Da es aber schwer ist, beides zu vere<strong>in</strong>igen, ist<br />

49<br />

es viel sicherer, gefürchtet als geliebt zu se<strong>in</strong> […]* (ebd.; S. 68 [Kap. XVII). Machiavelli<br />

argumentiert also, wie sich hier zeigt, re<strong>in</strong> zweckrational und gibt e<strong>in</strong>e praktisch orientierte<br />

50<br />

Anleitung zur Machtgew<strong>in</strong>nung und -erhaltung. Wohl aufgrund dieser Tatsache steht <strong>der</strong><br />

Begriff +Machiavellismus* heute als Synonym für politische Unmoral. Liest man vor allem<br />

die +Discorsi* jedoch genauer, offenbart sich, daß selbst Machiavelli für e<strong>in</strong> politisches Ideal<br />

e<strong>in</strong>tritt: die freie Stadtrepublik. Aber auch <strong>in</strong> diesem Werk bleibt se<strong>in</strong> Menschenbild pessimistisch,<br />

und er geht von <strong>der</strong> Prämisse aus, +daß alle Menschen schlecht s<strong>in</strong>d und daß sie stets ihren<br />

bösen Neigungen folgen, sobald sie Gelegenheit dazu haben* (S. 17 [Kap. 3]).<br />

E<strong>in</strong>e ähnlich negative Anthropologie wie bei Machiavelli f<strong>in</strong>det sich auch bei Thomas Hobbes<br />

(1588–1679). Hobbes gehört jedoch zur Kategorie <strong>der</strong> neuzeitlichen Vertragstheoretiker, <strong>der</strong>en<br />

51<br />

wichtigste Vertreter im folgenden kurz vorgestellt werden sollen. Die Grundzüge des kontrak-<br />

tualistischen Arguments, das auf <strong>der</strong> Annahme e<strong>in</strong>es freiwillig geschlossenen (Herrschafts-)Vertrags<br />

beruht, f<strong>in</strong>den sich zwar schon <strong>in</strong> antiken Schriften. Allerd<strong>in</strong>gs wurde damals <strong>der</strong> Vertragsgedanke<br />

52<br />

nicht wirklich systematisch ausgebaut. Dies geschieht erst <strong>in</strong> den staatstheoretischen Entwürfen

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