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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 1: POLITIK – ETYMOLOGIE UND SEMANTIK EINES +RECYCLINGFÄHIGEN* BEGRIFFS 15<br />

Herrschaft freilich nichts mit e<strong>in</strong>er republikanischen Regierungsweise geme<strong>in</strong>: Das Volk hatte<br />

alle<strong>in</strong>e die une<strong>in</strong>geschränkte Vollmacht des Imperators zu bestätigen und die Befugnisse des<br />

Senats waren erheblich beschnitten. Das System nahm <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge immer autokratischere<br />

sowie kultische Formen an, und schon <strong>in</strong> den letzten Jahrzehnten des 2. Jh. war die kaiserliche<br />

Herrschaft – auch aufgrund e<strong>in</strong>er ökonomischen Krise und den relativ erfolglosen Versuchen<br />

e<strong>in</strong>es Stopps des Vordr<strong>in</strong>gens <strong>der</strong> Germanen – nur mehr durch militärische Gewalt aufrecht<br />

35<br />

zu erhalten: Die Epoche <strong>der</strong> Soldatenkaiser begann. Das römische Imperium wurde schließlich<br />

im 4. Jh. gespalten, und das weströmische Reich g<strong>in</strong>g im 5. Jh. unter.<br />

Diesen Untergang hat Aurelius August<strong>in</strong>us, <strong>der</strong> 354 im nordafrikanischen Thagaste geboren<br />

wurde, nicht mehr im vollen Umfang miterlebt. Betrauert, soviel darf man getrost vermuten,<br />

hätte er ihn nicht, denn über das imperium romanum klagt er, <strong>der</strong> im Jahr 387 zum Christentum<br />

bekehrte und wenig später zum Bischof geweihte Gelehrte: +Durch welche Menschenschläch-<br />

terei, welches Blutvergießen ward es erreicht!* (Vom Gottesstaat; Bd. 2, S. 541 [XIX,7]) 36<br />

Überhaupt war August<strong>in</strong>us dem weltlichen Leben und damit auch dem weltlichen Staat extrem<br />

ablehnend gegenüber e<strong>in</strong>gestellt: +Was an<strong>der</strong>s s<strong>in</strong>d also Reiche […] als große Räuberbanden?*,<br />

fragt er sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er schon oben zitierten Schrift +De civitate dei* eher rhetorisch (Bd. 1,<br />

S. 173 [IV,4]) – wobei übrigens sogar e<strong>in</strong>e gewisse Parallele zur dargelegten Position des So-<br />

phisten Thrasymachos deutlich wird (siehe S. 8). August<strong>in</strong>us argumentiert jedoch aus e<strong>in</strong>em<br />

gänzlich an<strong>der</strong>en, nämlich christlich-religiösen Bewußtse<strong>in</strong> heraus. Nach anfänglicher Unter-<br />

drückung hatte sich das Christentum im römischen Reich (vor allem durch den E<strong>in</strong>fluß<br />

37<br />

Konstant<strong>in</strong>s) immer mehr durchsetzen können und war durch Theodosius 391 sogar zur<br />

Staatsreligion geworden. August<strong>in</strong>us ist <strong>der</strong> wichtigste Denker dieser christlich geprägten Spät-<br />

antike, und die lange währende +heilige*, aber <strong>in</strong> ihren Resultaten eher unheilvolle Ehe zwischen<br />

Theologie und Philosophie bahnte sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Werk an. Hierzu Ignor:<br />

+Die antike Philosophie, namentlich die des Staates, endet mit August<strong>in</strong>us; genauer: sie wird beendet<br />

durch ihn […] So nachhaltig hat August<strong>in</strong>us die ›F<strong>in</strong>sternis des gesellschaftlichen Lebens‹ […] an die<br />

Wand geworfen, daß sich bis gegen Ende des Mittelalters […] kaum jemand mehr darüber Gedanken<br />

machen wollte, welche Verfassung möglich wäre […] Statt dessen unterwarf sich das Abendland <strong>der</strong><br />

faktischen Macht […]* (Abschied von <strong>der</strong> Antike – Aurelius August<strong>in</strong>us; S. 176f.)<br />

Zum Charakter des Politischen im Mittelalter bemerkt allerd<strong>in</strong>gs Jürgen Miethke: +Die politische<br />

Ordnung war noch ungetrennt und ununterscheidbar Teil des menschlichen Lebens* (Politische

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