tom clancy im sturm

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schulte.josefine23
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09.12.2012 Aufrufe

Die Sowjets nahmen die Möglichkeit eines nuklearen Winters nur selten zur Kenntnis und hatten den Begriff noch nie bei einem so öffentlichen Anlass benutzt. Schon hatte er die Nase im Wind und witterte. »Die Zeit für eine beträchtliche Reduzierung der strategischen Waffen ist gekommen. Trotz unserer zahlreichen ernsten und aufrichtigen Abrüstungsvorschläge fahren die Vereinigten Staaten mit der Aufstellung destabilisierender Offensivwaffen fort: der MX- Interkontinentalrakete mit Erstschlagssystem Trident D- 5; zwei verschiedener Typen von Marschflugkörpern, deren Eigenschaften die Verifizierung eines Abrüstungsabkommens so gut wie unmöglich machen; und natürlich die so genannte Strategische Verteidigungsinitiative SDI, die Offensivwaffen in den Weltraum tragen will. Dies also sind die Taten der Amerikaner.« Er sah auf und setzte in ironischem Tonfall hinzu: »Und dabei verlangt Amerika mit frommen Worten sowjetische Taten. Von morgen an werden wir ein für allemal sehen, ob man Amerikas Wort trauen kann oder nicht. Von morgen an wird sich erweisen, wie groß der Unterschied zwischen amerikanischen Friedensworten und sowjetischen Friedenstaten ist. Morgen wird die Sowjetunion in Wien einen Vorschlag zur Reduzierung der existierenden strategischen und taktischen Atomwaffen um fünfzig Prozent unterbreiten, die drei Jahre nach Ratifizierung erreicht und durch neutrale Beobachterteams, deren Zusammensetzung alle Unterzeichneten einvernehmlich bestimmen, vor Ort verifiziert werden soll. Bitte beachten Sie, dass ich >alle Unterzeichneten« gesagt habe. Die Sowjetunion lädt Großbritannien, Frankreich und« - er schaute auf- »die Volksrepublik China ein, sich mit uns an den Verhandlungstisch zu setzen.« Eine Salve von Blitzen zwang ihn, kurz das Gesicht abzuwenden. »Meine Damen und Herren, bitte blenden Sie mich nicht.« Er lächelte und hielt sich eine Hand vor die Augen. »Ich habe meine Rede nicht auswendig gelernt. Oder möchten Sie, dass ich in Russisch fortfahre?« Gelächter, dann vereinzelter Applaus. Der alte Fuchs lässt seinen Charme spielen, dachte Flynn und machte sich hastig Notizen. Diese Erklärung war potentiell Dynamit. Er fragte sich, was nun als nächstes kam, und war ganz besonders auf den genauen Wortlaut des Vorschlags gespannt. Flynn berichtete nicht zum ersten Mal über Abrüstungsverhandlungen und wusste nur zu gut, dass eine 46

generelle Umschreibung von Vorschlägen deren tatsächlichen Inhalt oft grotesk verzerrte. Der Teufel steckte hier im Detail. »Nun weiter.« Der Außenminister blinzelte, um wieder klar sehen zu können. »Man hat uns beschuldigt, wir hätten nie mit einer Geste unseren guten Willen unter Beweis gestellt. Dass dieser Vorwurf falsch ist, liegt auf der Hand, doch diese boshafte Unterstellung kursiert im Westen nach wie vor. Das hat nun ein Ende. Nie wieder wird das aufrichtige Streben des sowjetischen Volkes nach einem gerechten und dauerhaften Frieden in Frage gestellt werden können. Ab heute wird die Sowjetunion als Geste des guten Willens, die sie die Vereinigten Staaten und andere interessierte Nationen nachzuahmen auffordert, eine ganze Klasse atomgetriebener Raketen-U-Boote, die im Westen als >Yankee< bekannt ist, außer Dienst stellen. Alle aktiven Boote dieser Klasse, derzeit zwanzig, die je zwölf Interkontinentalraketen tragen, gehören zur sowjetischen Nordflotte und sind auf der Kola-Halbinsel stationiert. Von heute an werden wir pro Monat eines dieser Boote deaktivieren. Wie Sie wissen, bedarf die Totaldeaktivierung einer so komplexen Waffe einer Werft - es muss nämlich die Raketenanlage in ihrer Gesamtheit aus dem Rumpf entfernt werden -, und aus diesem Grund lässt sie sich nicht über Nacht völlig entschärfen. Doch um die Ehrlichkeit unseres Vorhabens unbestreitbar zu demonstrieren, fordern wir die Vereinigten Staaten zu einer von zwei Maßnahmen auf: Erstens: Wir werden ein ausgewähltes Team von sechs amerikanischen Marineoffizieren diese sechs Boote inspizieren und verifizieren lassen, dass ihre Raketenrohre vor der Entfernung der Raketenanlage mit Beton ausgegossen worden sind. Im Gegenzug würden wir erwarten, dass einer gleichen Anzahl sowjetischer Offiziere zu einem späteren Zeitpunkt ähnliche Inspektionsbesuche auf amerikanischen Werften gestattet werden. Zweitens: Für den Fall, dass die Vereinigten Staaten eine auf Gegenseitigkeit beruhende Verifizierung der Abrüstungsmaßnahmen ablehnt, sind wir bereit, diese Kontrollen von einer sechsköpfigen Gruppe von Offizieren aus Drittländern vornehmen zu lassen. Über die Zusammensetzung dieser Gruppe könnten sich die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion im Lauf der kommenden dreißig Tage einigen. Ein Team aus neutralen Ländern wie Schweden oder Indien würde die Sowjetunion im Prinzip akzeptieren. Meine Damen und Herren, es ist Zeit, dem Wettrüsten ein Ende 47

generelle Umschreibung von Vorschlägen deren tatsächlichen Inhalt<br />

oft grotesk verzerrte. Der Teufel steckte hier <strong>im</strong> Detail.<br />

»Nun weiter.« Der Außenminister blinzelte, um wieder klar<br />

sehen zu können. »Man hat uns beschuldigt, wir hätten nie mit<br />

einer Geste unseren guten Willen unter Beweis gestellt. Dass dieser<br />

Vorwurf falsch ist, liegt auf der Hand, doch diese boshafte Unterstellung<br />

kursiert <strong>im</strong> Westen nach wie vor. Das hat nun ein Ende. Nie<br />

wieder wird das aufrichtige Streben des sowjetischen Volkes nach<br />

einem gerechten und dauerhaften Frieden in Frage gestellt werden<br />

können. Ab heute wird die Sowjetunion als Geste des guten Willens,<br />

die sie die Vereinigten Staaten und andere interessierte Nationen<br />

nachzuahmen auffordert, eine ganze Klasse a<strong>tom</strong>getriebener<br />

Raketen-U-Boote, die <strong>im</strong> Westen als >Yankee< bekannt ist, außer<br />

Dienst stellen. Alle aktiven Boote dieser Klasse, derzeit zwanzig, die<br />

je zwölf Interkontinentalraketen tragen, gehören zur sowjetischen<br />

Nordflotte und sind auf der Kola-Halbinsel stationiert. Von heute<br />

an werden wir pro Monat eines dieser Boote deaktivieren. Wie Sie<br />

wissen, bedarf die Totaldeaktivierung einer so komplexen Waffe<br />

einer Werft - es muss nämlich die Raketenanlage in ihrer Gesamtheit<br />

aus dem Rumpf entfernt werden -, und aus diesem Grund lässt<br />

sie sich nicht über Nacht völlig entschärfen. Doch um die Ehrlichkeit<br />

unseres Vorhabens unbestreitbar zu demonstrieren, fordern<br />

wir die Vereinigten Staaten zu einer von zwei Maßnahmen auf:<br />

Erstens: Wir werden ein ausgewähltes Team von sechs amerikanischen<br />

Marineoffizieren diese sechs Boote inspizieren und verifizieren<br />

lassen, dass ihre Raketenrohre vor der Entfernung der Raketenanlage<br />

mit Beton ausgegossen worden sind. Im Gegenzug würden<br />

wir erwarten, dass einer gleichen Anzahl sowjetischer Offiziere zu<br />

einem späteren Zeitpunkt ähnliche Inspektionsbesuche auf amerikanischen<br />

Werften gestattet werden. Zweitens: Für den Fall, dass<br />

die Vereinigten Staaten eine auf Gegenseitigkeit beruhende Verifizierung<br />

der Abrüstungsmaßnahmen ablehnt, sind wir bereit, diese<br />

Kontrollen von einer sechsköpfigen Gruppe von Offizieren aus<br />

Drittländern vornehmen zu lassen. Über die Zusammensetzung<br />

dieser Gruppe könnten sich die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion<br />

<strong>im</strong> Lauf der kommenden dreißig Tage einigen. Ein Team aus<br />

neutralen Ländern wie Schweden oder Indien würde die Sowjetunion<br />

<strong>im</strong> Prinzip akzeptieren.<br />

Meine Damen und Herren, es ist Zeit, dem Wettrüsten ein Ende<br />

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