tom clancy im sturm

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schulte.josefine23
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09.12.2012 Aufrufe

Virginia Beach, Virginia 31 Dämonen »Ruder hart Steuerbord!« schrie Morris und wies auf die Blasenspur des Torpedos. »Ruder hart Steuerbord, aye«, erwiderte der Rudergänger. Morris stand an Backbord in der Brückennock. Das Meer war glatt, und das Kielwasser des Torpedos, der jeder Wendung der Fregatte folgte, deutlich zu erkennen. Morris versuchte sogar, rückwärts zu fahren, aber auch das nutzte nichts - der Torpedo schien sich seitwärts zu bewegen. Endlich kam der Fisch an die Oberfläche. Morris sah, dass er weiß war und einen roten Stern auf der Nase hatte... und Augen, wie alle zielsuchenden Torpedos. Er befahl äußerste Kraft voraus, doch der Torpedo blieb nun an der Oberfläche, jagte praktisch über sie hinweg wie ein fliegender Fisch. Langsam glitt er der manövrierenden Fregatte näher. Noch fünfzehn Meter, zehn, fünf... »Wo ist mein Papi?« klagte das kleine Mädchen. »Der Papi soll kommen.« »Wo hängt's, Sir?« fragte der IO. Seltsam, er hatte keinen Kopf mehr. Der Schweiß troff Morris vom Gesicht, als er mit jagendem Herzen im Bett hochfuhr. Die Digitaluhr zeigte 4 : 54 an. Ed Morris ging zitternd ins Bad und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Wieder einer dieser Alpträume, dachte er und fragte sich, ob er im Schlaf geschrien hatte. Du hast getan, was du konntest, sagte er zu dem Gesicht im Spiegel. Es war nicht deine Schuld. Nach dem fünften Angehörigenbesuch hatte er aufgeben müssen. Ehefrauen und Eltern hatten Verständnis; immerhin kannten sie das Risiko, das ihre Männer oder Söhne bei der Kriegsmarine eingegangen waren. Aber die vierjährige Tochter des Maats Jeff Evans hatte nicht verstehen können, warum ihr Vater nun nie mehr 442

nach Hause kommen würde. Ein Maat verdiente nicht viel, wie Morris wusste. Evans musste sein kleines, aber tadelloses Haus selbst renoviert haben. Der Mann hatte geschickte Hände gehabt. Alle Wände waren frisch gestrichen, Fenster- und Türrahmen größtenteils ersetzt worden. Morris fragte sich, woher Evans die Zeit für die ganze Arbeit genommen hatte, denn die Familie wohnte erst seit sieben Monaten hier. Alles in Eigenarbeit gemacht... Handwerker hatte er sich bestimmt nicht leisten können. Das Zimmer des kleinen Mädchens zeugte von der Liebe ihres Vaters. Auf selbstgefertigten Regalen standen Puppen aus aller Welt. Nachdem Morris dieses Zimmer gesehen hatte, musste er sich hastig verabschieden, denn er hatte das Gefühl, kurz vor einem Nervenzusammenbruch zu stehen. Absurde Verhaltensregeln ließen nicht zu, dass er sich vor Fremden so blamierte. So hatte er die Liste zurück in die Brieftasche gesteckt und war nach Hause gefahren. Er war zu Tode erschöpft und hoffte, nun endlich Schlaf zu finden. Aber nun stand er vor dem Spiegel und starrte einen hohläugigen Mann an, der sich nach seiner Frau sehnte. Morris ging in die Küche seines Bungalows und machte mechanisch Kaffee. Vor der Tür lag die Morgenzeitung, und er ertappte sich beim Lesen von überholten Kriegsberichten. Es entwickelte sich alles so rasch, dass die Reporter nicht mehr mitkamen. Ein Hintergrundartikel legte dar, Überwasserschiffe seien überholt und könnten entschlossenen Raketenangriffen nicht standhalten; außerdem wurde die Frage aufgeworfen, wo eigentlich die vielgespriesenen Flugzeugträger der Flotte seien. Gute Frage, dachte Morris. Er trank seinen Kaffee aus, duschte und beschloß, zur Arbeit zu gehen. Vierzig Minuten später befand er sich in einem der Lageräume, wo die Positionen der Geleitzüge und Stellen, an denen man feindliche U-Boote vermutete, dargestellt waren. An der Wand gegenüber zeigte eine Tafel die geschätzte russische Flottenstärke sowie Anzahl und Typ der bisher versenkten Schiffe an. Eine andere Schautafel stellte die eigenen Verluste dar. Wenn der Nachrichtendienst recht hatte, stand der Seekrieg unentschieden - und ein Unentschieden war für die Sowjets ein Sieg. »Guten Morgen, Commander«, sagte der COMNAVSUR­ FLANT. »Sie sehen ein bißchen besser aus. Und zur Abwechslung habe ich einmal gute Nachrichten.« 443

nach Hause kommen würde. Ein Maat verdiente nicht viel, wie<br />

Morris wusste. Evans musste sein kleines, aber tadelloses Haus<br />

selbst renoviert haben. Der Mann hatte geschickte Hände gehabt.<br />

Alle Wände waren frisch gestrichen, Fenster- und Türrahmen größtenteils<br />

ersetzt worden. Morris fragte sich, woher Evans die Zeit für<br />

die ganze Arbeit genommen hatte, denn die Familie wohnte erst seit<br />

sieben Monaten hier. Alles in Eigenarbeit gemacht... Handwerker<br />

hatte er sich best<strong>im</strong>mt nicht leisten können. Das Z<strong>im</strong>mer des kleinen<br />

Mädchens zeugte von der Liebe ihres Vaters. Auf selbstgefertigten<br />

Regalen standen Puppen aus aller Welt. Nachdem Morris dieses<br />

Z<strong>im</strong>mer gesehen hatte, musste er sich hastig verabschieden, denn er<br />

hatte das Gefühl, kurz vor einem Nervenzusammenbruch zu stehen.<br />

Absurde Verhaltensregeln ließen nicht zu, dass er sich vor<br />

Fremden so blamierte. So hatte er die Liste zurück in die Brieftasche<br />

gesteckt und war nach Hause gefahren. Er war zu Tode erschöpft<br />

und hoffte, nun endlich Schlaf zu finden.<br />

Aber nun stand er vor dem Spiegel und starrte einen hohläugigen<br />

Mann an, der sich nach seiner Frau sehnte.<br />

Morris ging in die Küche seines Bungalows und machte mechanisch<br />

Kaffee. Vor der Tür lag die Morgenzeitung, und er ertappte<br />

sich be<strong>im</strong> Lesen von überholten Kriegsberichten. Es entwickelte<br />

sich alles so rasch, dass die Reporter nicht mehr mitkamen. Ein<br />

Hintergrundartikel legte dar, Überwasserschiffe seien überholt und<br />

könnten entschlossenen Raketenangriffen nicht standhalten; außerdem<br />

wurde die Frage aufgeworfen, wo eigentlich die vielgespriesenen<br />

Flugzeugträger der Flotte seien. Gute Frage, dachte Morris.<br />

Er trank seinen Kaffee aus, duschte und beschloß, zur Arbeit zu<br />

gehen.<br />

Vierzig Minuten später befand er sich in einem der Lageräume,<br />

wo die Positionen der Geleitzüge und Stellen, an denen man feindliche<br />

U-Boote vermutete, dargestellt waren. An der Wand gegenüber<br />

zeigte eine Tafel die geschätzte russische Flottenstärke sowie Anzahl<br />

und Typ der bisher versenkten Schiffe an. Eine andere Schautafel<br />

stellte die eigenen Verluste dar. Wenn der Nachrichtendienst<br />

recht hatte, stand der Seekrieg unentschieden - und ein Unentschieden<br />

war für die Sowjets ein Sieg.<br />

»Guten Morgen, Commander«, sagte der COMNAVSUR­<br />

FLANT. »Sie sehen ein bißchen besser aus. Und zur Abwechslung<br />

habe ich einmal gute Nachrichten.«<br />

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