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04 Milde therapeutische Hypothermie im kardiogenen Schock

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Originalien<br />

Med Klin Intensivmed Notfmed 2017 · 112:24–29<br />

DOI 10.1007/s00063-015-0122-z<br />

Eingegangen: 4. Juli 2015<br />

Überarbeitet: 21. September 2015<br />

Angenommen: 30. September 2015<br />

Online publiziert: 17. Dezember 2015<br />

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015<br />

Redaktion<br />

M. Buerke, Siegen<br />

C. Adler · R. Pfister · S. Baldus · H. Reuter<br />

Klinik für Kardiologie, Angiologie, Pneumologie und internistische Intensivmedizin,<br />

Klinik III für Innere Medizin, Herzzentrum der Universität zu Köln, Köln, Deutschland<br />

<strong>Milde</strong> <strong>therapeutische</strong><br />

<strong>Hypothermie</strong> <strong>im</strong><br />

<strong>kardiogenen</strong> <strong>Schock</strong><br />

Retrospektive Analyse von 80 Patienten<br />

mit präklinischem Herz-Kreislauf-<br />

Stillstand kardialer Ursache<br />

Die Therapie des <strong>kardiogenen</strong> <strong>Schock</strong>s<br />

in der Postrean<strong>im</strong>ationsphase<br />

stellt eine Herausforderung für die<br />

moderne Intensivmedizin dar. Mit<br />

der Implementierung der sofortigen<br />

Koronarangiographie konnte eine<br />

Reduktion der Letalität bei Patienten mit<br />

Myokardinfarkt <strong>im</strong> <strong>kardiogenen</strong> <strong>Schock</strong><br />

erreicht werden [9]. Mit Verbesserung<br />

des Überlebens ist konsekutiv der Anteil<br />

der Patienten mit kardiogenem <strong>Schock</strong><br />

nach präklinischem Herz-Kreislauf-Stillstand<br />

[„out-of-hospital cardiac arrest“<br />

(OHCA)] auf 47–68 % gestiegen [13, 22].<br />

Die Krankenhausletalität dieser Patienten<br />

ist <strong>im</strong> Vergleich zu Patienten ohne hämodynamische<br />

Instabilität weiterhin deutlich<br />

erhöht [22]. Der Einsatz der milden<br />

<strong>therapeutische</strong>n <strong>Hypothermie</strong> (MTH)<br />

zur Verbesserung des Überlebens sowie<br />

des neurologischen Outcomes wird bei<br />

diesem Patientenkollektiv gegenwärtig<br />

neu diskutiert. Während in den vor über<br />

zehn Jahren publizierten Landmark-<br />

Studien zur MTH hämodynamisch instabile<br />

Patienten von der Untersuchung<br />

ausgeschlossen wurden [2, 21], konnten<br />

in nachfolgenden Studien auch bei diesem<br />

Patientenklientel eine Verbesserung des<br />

neurologischen Outcomes sowie ein<br />

Überlebensvorteil belegt werden [10,<br />

19, 27]. Hingegen konnte in der jüngst<br />

publizierten Post-hoc-Analyse des Target<br />

Temperature Management after Cardiac<br />

Arrest Trial (TTM-Studie) an 139<br />

Patienten mit kardiogenem <strong>Schock</strong> nach<br />

OHCA kein Überlebensvorteil durch eine<br />

Kühlung auf 33 °C nachgewiesen werden<br />

[1]. Ziel der vorliegenden Arbeit war es<br />

daher, Einflussfaktoren auf Morbidität<br />

und Mortalität bei Patienten <strong>im</strong> <strong>kardiogenen</strong><br />

<strong>Schock</strong> nach OHCA aus kardialer<br />

Genese unter MTH zu identifizieren.<br />

Patienten und Methoden<br />

Behandlungsprotokoll<br />

Die MTH wurde bei Patienten mit OHCA<br />

unmittelbar nach Wiedererlangen des<br />

Spontankreislaufs mit kalten Infusionen<br />

sowie Kältekompressen durch den<br />

Rettungsdienst initiiert. Alle Patienten<br />

wurden sediert, intubiert und maschinell<br />

beatmet. Bei Verdacht auf eine akute<br />

myokardiale Ischämie wurden die<br />

Patienten direkt <strong>im</strong> Herzkatheterlabor<br />

leitliniengerecht behandelt. Intrahospital<br />

wurde die kontrollierte Kühlung auf eine<br />

Temperatur von 33 °C mithilfe eines endovaskulären<br />

Kühlsystems (CoolGard 3000/<br />

ICY ® -Katheter, Zoll Medical Corp.,<br />

Chelmsford, Massachusetts, USA) fortgesetzt.<br />

Nach 24 h erfolgte die aktive<br />

Wiedererwärmung der Patienten mit<br />

einer Rate von 0,3 °C/h auf 36,5 °C. Die<br />

Körpertemperatur wurde mittels Sonde<br />

an der Spitze des Urinkatheters gemessen.<br />

Bis zum Zeitpunkt der vollständigen<br />

Wiedererwärmung wurden die<br />

Patienten mit Fentanyl und Midazolam<br />

analgosediert (Richmond Agitation<br />

Sedation Scale: − 4). In Übereinst<strong>im</strong>mung<br />

mit den gegenwärtigen Empfehlungen<br />

zur Therapie des <strong>kardiogenen</strong> <strong>Schock</strong>s<br />

wurden zur Stabilisierung der Kreislaufsituation<br />

(Zielbereich des mittleren<br />

arteriellen Drucks ≥ 65 mmHg) neben der<br />

Volumensubstitution Noradrenalin und<br />

ggf. Dobutamin zur inotropen Unterstützung<br />

appliziert [4, 23].<br />

Die Abnahme der Blutproben erfolgte<br />

bei Ankunft auf der Intensivstation sowie<br />

an Tag 1, 2 und 3 in Standardblutröhrchen<br />

(Sarstedt AG, Nümbrecht, Deutschland).<br />

Die Untersuchung der Blutproben<br />

erfolgte routinemäßig durch das Institut<br />

für klinische Chemie der Universität<br />

Köln.<br />

Neurologisches Outcome<br />

Das neurologische Oucome der Patienten<br />

wurde 60 Tage nach Herz-Kreislauf-Stillstand<br />

basierend auf der Glasgow-Pitts-<br />

Infobox 1 Kriterien für den<br />

Einschluss der Patienten in die<br />

Datenanalyse<br />

55Patienten mit präklinischem Herz-Kreislauf-Stillstand<br />

55Kardiogener <strong>Schock</strong><br />

55Glascow Coma Scale ≤ 8<br />

55Alter ≥ 18 Jahre<br />

24 | Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 1 · 2017


Patienten mit nichtkardiogenem<br />

<strong>Schock</strong><br />

n = 31<br />

burgh Cerebral Performance Category<br />

(CPC) erhoben [3]. Ein CPC-Score<br />

von 1–2 wurde als gutes neurologisches<br />

Outcome, ein CPC-Score von 3–5 wurde<br />

als schlechtes neurologisches Outcome<br />

definiert. Die Beurteilung erfolgte bei<br />

Wiedervorstellung in der Ambulanz<br />

des Herzzentrums. Bei Patienten, bei<br />

denen zum Zeitpunkt der Erhebung die<br />

stationäre Behandlung noch nicht abgeschlossen<br />

war, erfolgte die Bewertung<br />

durch den behandelnden Arzt.<br />

Statistik<br />

Die metrischen Parameter wurden als<br />

Mittelwerte ± Standardfehler des Mittelwerts<br />

(SEM) angegeben. Fisher’s Exact<br />

Test wurde bei der Analyse kategorialer<br />

Daten angewendet. Kontinuierliche<br />

Daten wurden mithilfe des Wilcoxon-<br />

Mann-Whitney-Tests analysiert. Als<br />

statistisch signifikant wurde ein p-Wert<br />

von < 0,05 angesehen.<br />

Ergebnisse<br />

Patienten mit <strong>Schock</strong> nach OHCA<br />

n = 111<br />

Patienten mit kardiogenem <strong>Schock</strong><br />

n = 80<br />

Verstorbene Patienten<br />

(CPC 5) n = 29<br />

CPC 1 und 2<br />

n = 31<br />

Überlebende<br />

Patienten n = 51<br />

CPC 3 und 4<br />

n = 20<br />

Abb. 1 8 Studienpopulation. CPC Glasgow-<br />

Pittsburgh Cerebral Performance Category;<br />

OHCA „out-of-hospital cardiac arrest“<br />

Es wurden 111 konsekutive Patienten<br />

mit <strong>Schock</strong> nach OHCA, die <strong>im</strong> Zeitraum<br />

zwischen Dezember 2009 und März<br />

2013 auf der Intensivstation des Herzzentrums<br />

der Universität zu Köln behandelt<br />

worden waren, retrospektiv analysiert.<br />

Die Einschlusskriterien sind in<br />

. Infobox 1 aufgeführt. Die Definition des<br />

<strong>kardiogenen</strong> <strong>Schock</strong>s folgte den hämodynamischen<br />

und klinischen Kriterien<br />

der aktuellen Leitlinien [23]. Eingeschlossen<br />

wurden Patienten, die neben<br />

klinischen Zeichen der kardialen Dysfunktion<br />

(typische EKG-Veränderungen,<br />

Zeichen der akuten Herzinsuffizienz)<br />

systolische Blutdruckdruckwerte von<br />

< 90 mmHg für mindestens 30 min aufwiesen.<br />

Patienten, die durch Substitution<br />

von kreislaufunterstützenden Medikamenten<br />

systolische Werte > 90 mmHg<br />

boten, daneben jedoch typische klinische<br />

Zeichen einer kardialen Dysfunktion<br />

zeigten, wurden ebenfalls eingeschlossen.<br />

Bei 31 Patienten war der <strong>Schock</strong> auf eine<br />

nichtkardiale Ursache zurückzuführen<br />

(Sepsis, Hypovolämie, Intoxikation sowie<br />

Asphyxie), sodass diese Patienten von der<br />

weiteren Analyse ausgeschlossen wurden<br />

(. Abb. 1). Die Ejektionsfraktion (EF)<br />

war in dem Studienkollektiv mittelgradig<br />

eingeschränkt (40,4 ± 1,9 %). Ein signifikanter<br />

Unterschied zwischen den beiden<br />

Untersuchungsgruppen zeigte sich nicht<br />

(CPC 1–2: EF 42,7 ± 2,8 %; CPC 3–5: EF<br />

37,6 ± 3,2 %; p = 0,23).<br />

Zwei Monate nach dem Indexereignis<br />

zeigte sich bei 31 Patienten ein gutes<br />

neurologisches Outcome (CPC 1–2) und<br />

bei 20 Patienten ein schlechtes neurologisches<br />

Outcome (CPC 3–4). Insgesamt<br />

29 Patienten (36 %) waren zu diesem<br />

Zeitpunkt verstorben (CPC 5; . Abb. 1<br />

und 2). Davon verstarben 6 Patienten<br />

(21 %) an hämodynamischer Instabilität<br />

<strong>im</strong> therapierefraktären <strong>Schock</strong>, bei 23<br />

Patienten (79 %) erfolgte eine Therapiezieländerung<br />

aufgrund einer infausten<br />

neurologischen Prognose.<br />

Die Charakteristika der Studienpopulation<br />

sind in . Tab. 1 zusammengefasst.<br />

Dabei zeigte sich hinsichtlich der<br />

Verteilung von Risikofaktoren und der<br />

Ursache des Akutereignisses kein Unterschied<br />

zwischen der Gruppe mit gutem<br />

und der mit schlechtem neurologischem<br />

Outcome. Auffallend war jedoch, dass<br />

trotz signifikant kürzerer Hypoxiezeit<br />

und häufiger beobachteten Herz-Kreislauf-Stillstands<br />

bei Patienten mit guter<br />

neurologischer Erholung die Zeit bis zum<br />

Wiedererlangen des Spontankreislaufs<br />

in beiden Gruppen (CPC-Score 1–2 vs.<br />

CPC-Score 3–5) fast identisch war.<br />

Laborparameter<br />

Der Verlauf der Laborparameter der<br />

ersten 72 h ist in . Tab. 2 aufgeführt. Als<br />

Zeichen der Mikrozirkulationsstörung<br />

waren die Serumlaktatwerte <strong>im</strong> Gesamtstudienkollektiv<br />

bei Ankunft erhöht<br />

(5,1 ± 4,9 mmol/l). Die Patienten mit gutem<br />

neurologischem Outcome zeigten jedoch<br />

<strong>im</strong> Vergleich zu denen mit schlechtem<br />

neurologischem Outcome bereits nach<br />

24 h einen signifikant stärkeren Abfall der<br />

Laktatwerte (CPC 1–2: 2,32 ± 0,39 mmol/l;<br />

CPC 3–5: 3,17 ± 1,42 mmol/l; p < 0,01).<br />

Zum Zeitpunkt der Aufnahme wiesen<br />

die beiden Untersuchungsgruppen<br />

keine Unterschiede in der Höhe der<br />

renalen Retentionsparameter auf, entsprechend<br />

war auch die Prävalenz einer<br />

vorbekannten Niereninsuffizienz nicht<br />

unterschiedlich (. Tab. 1). Während der<br />

Serumkreatininspiegel bei den Patienten<br />

mit gutem neurologischem Outcome am<br />

ersten Tag konstant blieb, zeigten sich bei<br />

dem Patientenkollektiv mit schlechtem<br />

Outcome bereits an Tag 1 signifikant<br />

höhere Werte (CPC 1–2: 1,23 ± 0,11 mg/<br />

dl; CPC 3–5: 1,68 ± 0,1 mg/dl; p < 0,01).<br />

Auch die Serumharnstoffkonzentration<br />

stieg <strong>im</strong> Verlauf des Untersuchungszeitraums<br />

bei den Patienten mit schlechtem<br />

Outcome stärker an (Serumharnstoff<br />

Tag 3, CPC 1–2: 56 ± 4 mg/dl; CPC 3–5:<br />

76 ± 4 mg/dl; p < 0,01).<br />

Neuronenspezifische Enolase<br />

Bei Ankunft auf der Intensivstation zeigten<br />

sich deutliche Schwankungen bei den Absolutwerten<br />

der neuronenspezifischen<br />

Enolase (NSE; CPC 1–2: 30,2–101 µg/l;<br />

CPC 3–5: 31,2–76 µg/l). Statistisch signifikante<br />

Unterschiede zwischen den<br />

beiden Untersuchungsgruppen konnten<br />

bei Ankunft nicht dokumentiert werden<br />

(CPC 1–2: 47 ± 4 µg/l; CPC 3–5: 42 ± 2 µg/l;<br />

p = 0,71). Im Gegensatz zu den Patienten<br />

mit schlechtem neurologischem Outcome,<br />

bei denen es zu einem kontinuierlichen<br />

Anstieg der NSE-Werte kam, fielen die<br />

Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 1 · 2017 |<br />

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Zusammenfassung · Abstract<br />

Med Klin Intensivmed Notfmed 2017 · 112:24–29<br />

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015<br />

DOI 10.1007/s00063-015-0122-z<br />

C. Adler · R. Pfister · S. Baldus · H. Reuter<br />

<strong>Milde</strong> <strong>therapeutische</strong> <strong>Hypothermie</strong> <strong>im</strong> <strong>kardiogenen</strong> <strong>Schock</strong>. Retrospektive Analyse<br />

von 80 Patienten mit präklinischem Herz-Kreislauf-Stillstand kardialer Ursache<br />

Zusammenfassung<br />

Hintergrund. Die Sterblichkeit bei Patienten<br />

mit kardiogenem <strong>Schock</strong> nach Herzstillstand<br />

bleibt trotz der Fortschritte bei den Wiederbelebungsmaßnahmen<br />

und der frühen<br />

Revaskularisierung sehr hoch. Gegenwärtig<br />

wird der Einsatz der milden <strong>therapeutische</strong>n<br />

<strong>Hypothermie</strong> (MTH) zur Verbesserung des<br />

Überlebens und neurologischen Outcomes<br />

bei diesem Patientenkollektiv neu diskutiert.<br />

Fragestellung. Detektion von Einflussfaktoren<br />

auf Morbidität und Mortalität bei<br />

Patienten nach präklinischer Rean<strong>im</strong>ation<br />

[„out-of-hospital cardiac arrest“ (OHCA)]<br />

unter MTH <strong>im</strong> <strong>kardiogenen</strong> <strong>Schock</strong>.<br />

Methodik. Retrospektive Analyse von<br />

80 konsekutiven Patienten (mittleres Alter<br />

60 ± 3,2 Jahre) <strong>im</strong> <strong>kardiogenen</strong> <strong>Schock</strong>.<br />

Alle Patienten wurden mithilfe eines endovaskulären<br />

Kühlkatheters für 24 h gekühlt.<br />

Das neurologische Outcome der Patienten<br />

wurde 2 Monate nach OHCA basierend<br />

auf der Glasgow-Pittsburgh Cerebral Performance<br />

Category (CPC) erhoben und mit<br />

verschiedenen Blutwerten korreliert.<br />

Ergebnisse. Zwei Monate nach Indexereignis<br />

zeigten 31 Patienten (39 %) eine<br />

gute neurologische Erholung (CPC 1–2),<br />

20 Patienten (25 %) wiesen ein schlechtes<br />

neurologisches Outcome (CPC 3–4) auf.<br />

29 Patienten (36 %) waren verstorben (CPC 5).<br />

Bei den Patienten mit schlechtem neurologischem<br />

Outcome fanden sich signifikant<br />

höhere Laktat-, Kreatinin- und Harnstoffwerte.<br />

Zudem kam es bei diesen Patienten,<br />

<strong>im</strong> Gegensatz zu den Patienten mit gutem<br />

neurologischem Outcome, zu einem<br />

kontinuierlichen Anstieg der neuronenspezifischen<br />

Enolase (NSE; ∆ NSE, Ankunft<br />

zu Tag 1, CPC 1–2: − 10,6 ± 3 µg/l; CPC 3–5:<br />

33 ± 12 µg/l; p = 0,02).<br />

Schlussfolgerung. Der Verlauf von Kreatinin,<br />

Harnstoff und NSE <strong>im</strong> Serum innerhalb<br />

der ersten 72 h nach OHCA könnte bei<br />

Patienten unter MTH wertvolle ergänzende<br />

Informationen zur frühzeitigen Beurteilung<br />

der neurologischen Prognose bieten.<br />

Schlüsselwörter<br />

Neurologisches Outcome · Prognosefaktoren ·<br />

Harnstoff · Kreatinin · Neuronenspezifische<br />

Enolase<br />

Mild therapeutic hypothermia in cardiogenic shock. Retrospective analysis<br />

of 80 patients with preclinical cardiac arrest due to cardiac causes<br />

Abstract<br />

Background. The mortality in patients with<br />

cardiogenic shock after out-of-hospital cardiac<br />

arrest (OHCA) remains high despite advances<br />

in resuscitation and early revascularization<br />

strategies. The use of mild therapeutic<br />

hypothermia (MTH) for <strong>im</strong>provement of survival<br />

and neurological outcome in patients<br />

with cardiogenic shock is currently subject to<br />

renewed discussion.<br />

Objective. The a<strong>im</strong> of this study was the detection<br />

of risk factors for mortality and morbidity<br />

in patients under MTH in cardiogenic<br />

shock following preclinical resuscitation<br />

for OHCA.<br />

Methods. A total of 80 consecutive patients<br />

in cardiogenic shock after successful resuscitation<br />

(mean age 60 ± 3.2 years) treated with<br />

MTH were retrospectively analyzed. Patients<br />

were cooled to 33 °C for 24 h using an endovascular<br />

cooling device. Neurological outcome<br />

was assessed after 2 months based<br />

on the Glasgow-Pittsburgh cerebral performance<br />

category (CPC) and correlated with<br />

various blood parameter values.<br />

Results. After 2 months 31 patients (39 %)<br />

showed a good neurological recovery with<br />

CPC scores of 1–2, 20 patients (25 %) had a<br />

poor neurological outcome with CPC scores<br />

of 3–4 and 29 (36 %) patients enrolled in the<br />

trial died (CPC 5). Patients with a poor outcome<br />

showed significantly higher mean serum<br />

levels for lactate, creatinine and urea. In<br />

addition, these patients showed a continuous<br />

increase of serum neuron-specific enolase<br />

(NSE) values in contrast to patients with a<br />

good outcome (∆ NSE from admission to day<br />

1, CPC 1 and 2: − 10.6 ± 3 µg/l and CPC 3–5:<br />

33 ± 12 µg/l, p = 0.02).<br />

Conclusion. Changes in the course of serum<br />

creatinine, urea and NSE levels within the first<br />

72 h after OHCA could provide valuable additional<br />

information for the early assessment of<br />

the neurological prognosis in patients treated<br />

with MTH.<br />

Keywords<br />

Treatment outcome, neurological · Prognostic<br />

factors · Urea · Creatinine · Neuron-specific<br />

enolase<br />

Werte bei den Patienten mit gutem neurologischem<br />

Outcome bereits am ersten Tag<br />

ab (∆ NSE Ankunft zu Tag 1, CPC 1–2: −<br />

10,6 ± 3 µg/l; CPC 3–5: 33 ± 12 µg/l;<br />

p = 0,02). Dieser divergente Verlauf der<br />

beiden Gruppen setzte sich auch an Tag 2<br />

und 3 fort (. Abb. 3).<br />

Diskussion<br />

Die vorliegende Studie detektiert Einflussfaktoren<br />

auf Morbidität und Mortalität<br />

bei Patienten nach präklinischer Rean<strong>im</strong>ation<br />

(OHCA) unter MTH <strong>im</strong><br />

<strong>kardiogenen</strong> <strong>Schock</strong>. Die in unsere<br />

retrospektive Analyse eingeschlossenen<br />

Patienten repräsentieren ein homogenes<br />

kardiologisches Patientenkollektiv einer<br />

deutschen Großstadt mit einem dichten<br />

Netz an Krankenhäusern und einer<br />

strukturierten Versorgung von Patienten<br />

mit transmuralem Herzinfarkt [5]. Bei<br />

diesen Patienten eine zuverlässige Aussage<br />

über die Prognose nach OHCA zu<br />

treffen, gestaltet sich <strong>im</strong> klinischen Alltag<br />

häufig schwierig. Vor Implementierung<br />

der MTH als standardisiertes Verfahren<br />

in der Postrean<strong>im</strong>ationsphase<br />

galt die NSE als ein etablierter Parameter<br />

zur Prognoseabschätzung. NSE-<br />

Serumkonzentrationen ≥ 33 ng/ml innerhalb<br />

der ersten 48 h waren in mehreren<br />

Studien ein unabhängiger hochspezifischer<br />

Prognosemarker für ein schlechtes<br />

neurologisches Outcome (CPC 3–5; [26]).<br />

Unter dem Einsatz der MTH schienen<br />

sich diese Cut-off-Werte als valide Marker<br />

zur Prognoseabschätzung zunächst zu bestätigen<br />

[18]. 2010 konnten Fugate et al.<br />

26 | Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 1 · 2017


Anteil der Überlebenden (%)<br />

NSE (μg/l)<br />

100<br />

75<br />

50<br />

25<br />

0<br />

0 10 20 30 40 50 60<br />

Zeit (Tage)<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

* *<br />

CPC 1–2 CPC 3–5<br />

0 24 48 72<br />

Zeit (h)<br />

*<br />

Abb. 2 9 Anteil der<br />

Überlebenden der<br />

Gesamtstudienpopulation<br />

innerhalb<br />

der ersten 60 Tage<br />

nach dem Indexereignis<br />

Abb. 3 9 Verlauf der<br />

NSE-Werte innerhalb<br />

der ersten 72 h getrennt<br />

nach Patienten<br />

mit gutem und<br />

schlechtem neurologischem<br />

Outcome.<br />

*p < 0,05. CPC Glasgow-Pittsburgh<br />

Cerebral Performance<br />

Category; NSE<br />

neuronenspezifische<br />

Enolase<br />

[6] demonstrieren, dass Patienten unter<br />

dem Einsatz der MTH mit NSE-Werten<br />

> 33 ng/ml dennoch ein gutes neurologisches<br />

Outcome zeigten. Die Falschpositiv-Rate<br />

lag in dieser Studie bei<br />

mehr als 29 %. Vor diesem Hintergrund<br />

sprechen sich die aktuellen Leitlinien<br />

der American Heart Association (AHA)<br />

und des International Liaison Committee<br />

on Resuscitation (ILCOR) gegen den<br />

alleinigen Einsatz von NSE-Werten zur<br />

Prognoseabschätzung bei Patienten unter<br />

MTH aus [17].<br />

Im Jahr 2014 konnte unsere Arbeitsgruppe<br />

zeigen, dass bei Patienten unter<br />

MTH das Verhältnis der NSE-Serumwerte<br />

nach 24 und 48 h (∆ NSE) den zuvor<br />

propagierten absoluten Max<strong>im</strong>alwerten<br />

zu jedwedem Zeitpunkt in ihrer<br />

prognostischen Aussagekraft überlegen<br />

war [11]. Die vorliegenden Daten bestätigen<br />

nun, dass die NSE-Dynamik<br />

über einen Zeitraum von 72 h nach Indexereignis<br />

einen Anhalt für das neurologische<br />

Outcome bei unserem Patientenklientel<br />

geben kann. Darüber hinaus<br />

konnten wir beobachten, dass ein Anstieg<br />

der Retentionsparameter mit einem<br />

schlechten neurologischen Outcome vergesellschaftet<br />

ist. Diese Erkenntnisse bestätigen<br />

die Ergebnisse der Arbeitsgruppe<br />

von Hasper et al. [7], die ebenfalls eine<br />

Korrelation zwischen dem Anstieg des<br />

Serumkreatinins und einem schlechten<br />

neurologischen Outcome demonstrieren<br />

konnten. Somit scheint sowohl das ∆ NSE<br />

als auch der Verlauf der Retentionsparameter<br />

einen Anhalt zur Abschätzung der<br />

Prognose bei Patienten unter MTH nach<br />

OHCA aus kardialer Genese geben zu<br />

können. In Ermangelung eines Kontrollkollektivs<br />

<strong>im</strong> <strong>kardiogenen</strong> <strong>Schock</strong> nach<br />

OHCA ohne MTH ist eine Aussage<br />

zum Einfluss der <strong>therapeutische</strong>n <strong>Hypothermie</strong><br />

auf die Sterblichkeit in der vorliegenden<br />

Analyse nicht möglich.<br />

In einer jüngst publizierten Posthoc-Analyse<br />

der TTM-Studie wurden<br />

139 Patienten mit kardiogenem <strong>Schock</strong><br />

nach OHCA auf 33 °C gekühlt oder auf<br />

einer Temperatur von 36 °C gehalten.<br />

Bezüglich der Sterblichkeit auf der<br />

Intensivstation [p = 0,06; relatives Risiko:<br />

1,37; 95 %-Konfidenzintervall (95 %-KI):<br />

0,99–1,91] sowie der 180-Tages-Mortalität<br />

(p = 0,17; Hazard Ratio: 1,33, 95 %-KI:<br />

0,88–1,98) unterschieden sich die beiden<br />

Gruppen nicht signifikant voneinander<br />

[1]. Die Ergebnisse dieser Post-hoc-Analyse<br />

der TTM-Studie scheinen auf unser<br />

Patientenklientel jedoch nicht übertragbar<br />

zu sein. Der Anteil der Laienrean<strong>im</strong>ationen<br />

lag in der Post-hoc-Analyse<br />

der TTM-Studie bei 68 % und somit<br />

deutlich höher als in der vorliegenden<br />

Studie (36 %) oder dem bundesdeutschen<br />

Durchschnitt [25]. Ein weiterer Unterschied<br />

liegt darin, dass das Zeitintervall<br />

zwischen Kollaps und Rean<strong>im</strong>ationsbeginn<br />

bei den Patienten der TTM-<br />

Studie <strong>im</strong> Mittel bei nur einer Minute<br />

lag [15]. Die Ergebnisse unserer Studie<br />

repräsentieren eine urbane Region in<br />

Deutschland mit einem leistungsstarken<br />

Rettungsdienst aus einem Zentrum der<br />

Max<strong>im</strong>alversorgung. Es konnte gezeigt<br />

werden, dass bei kardial bedingtem Herz-<br />

Kreislauf-Stillstand die unmittelbare Einlieferung<br />

in ein Zentrum mit Möglichkeit<br />

zur akuten perkutanen Koronarintervention<br />

und konsekutiver Kühlung von<br />

Vorteil sein kann [8]. Dennoch lag die<br />

Hypoxiezeit unseres Studienkollektivs bei<br />

knapp 5 min. Wir fanden eine unmittelbare<br />

Korrelation zwischen der Länge der<br />

Hypoxiezeit und dem neurologischen<br />

Outcome (. Tab. 1). Es ist bekannt, dass<br />

Patienten mit einem kurzen Zeitintervall<br />

zwischen Kollaps und Rean<strong>im</strong>ation<br />

(≤ 2 min) weniger von der <strong>therapeutische</strong>n<br />

<strong>Hypothermie</strong> profitieren als solche mit<br />

einer längeren No-flow-Zeit [20]. Somit<br />

erscheint fraglich, ob und inwieweit der<br />

positive Effekt der MTH auf Patienten mit<br />

einer sehr kurzen No-flow-Zeit überhaupt<br />

übertragbar ist.<br />

In unserem Studienkollektiv<br />

zeigten alle Patienten, die initial einen<br />

nichtschockbaren Rhythmus aufwiesen,<br />

eine schlechte neurologische Erholung<br />

(. Tab. 1). Die Diskussion, ob Patienten<br />

mit einem nichtschockbaren Rhythmus<br />

überhaupt von den Effekten der MTH<br />

profitieren, ist nicht neu. Es ist bekannt,<br />

Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 1 · 2017 |<br />

27


Originalien<br />

Tab. 1 Demografische und klinische Variablen aller Patienten getrennt nach Outcome<br />

Studienpopulation (n = 80) CPC-Score 1–2 (n = 31) CPC-Score 3–5 (n = 49) p-Wert<br />

Alter (Jahre) 60 ± 3,2 57 ± 2,4 62 ± 1,9 0,07<br />

Geschlecht<br />

Weiblich, Anzahl/Anzahl gesamt (%) 14/80 (18) 4/31 (13) 10/39 (27) 0,55<br />

Vorerkrankungen<br />

Diabetes mellitus, Anzahl/Anzahl gesamt (%) 18/80 (23) 7/31 (23) 11/49 (22) 1<br />

Arterielle Hypertonie, Anzahl/Anzahl gesamt (%) 43/80 (54) 20/31 (65) 23/49 (47) 0,17<br />

Koronare Herzerkrankung, Anzahl/Anzahl gesamt (%) 58/80 (73) 25/31 (81) 34/49 (69) 0,31<br />

Niereninsuffizienz, Anzahl/Anzahl gesamt (%) 25/80 (31) 10/31 (32) 14/49 (29) 0,80<br />

Ursache des Herz-Kreislauf-Stillstands<br />

Myokardinfarkt, Anzahl/Anzahl gesamt (%) 62/80 (77) 26/31 (84) 36/49 (74) 0,41<br />

Rhythmusereignis, Anzahl/Anzahl gesamt (%) 15/80 (19) 5/31 (16) 10/49 (20) 0,77<br />

Lungenembolie, Anzahl/Anzahl gesamt (%) 3/80 (4) 0/31 (0) 3/49 (6) 0,28<br />

Initial durchgeführte Diagnostik/Therapie<br />

Koronarangiographie, Anzahl/Anzahl gesamt (%) 77/80 (96) 30/31 (97) 47/49 (96) 1<br />

Perkutane Koronarintervention (%) 60/77 (78) 26/30 (87) 34/47 (72) 0,17<br />

Computertomographie des Thorax, Anzahl/Anzahl gesamt (%) 3/80 (4) 1/31 (3) 2/49 (4) 1<br />

Hypoxiezeit (min) 4,9 ± 4 3,2 ± 2,6 6,1 ± 4,6 0,01<br />

Beobachteter Herz-Kreislauf-Stillstand (%) 27/80 (34) 15/31 (48) 12/49 (25) 0,03<br />

Laienrean<strong>im</strong>ation, Anzahl/Anzahl gesamt (%) 29/80 (36) 11/31 (36) 18/49 (37) 1<br />

Initial dokumentierter Herzrhythmus<br />

<strong>Schock</strong>barer Rhythmus, Anzahl/Anzahl gesamt (%) 67/80 (84) 31/31 (100) 36/49 (73) < 0,01<br />

Nichtschockbarer Rhythmus, Anzahl/Anzahl gesamt (%) 13/80 (16) 0/31 (0) 13/49 (27) < 0,01<br />

Anzahl der durchgeführten Defibrillationen 4,4 ± 0,5 3,6 ± 0,2 4,9 ± 0,6 0,31<br />

Zeit bis zum Wiedererlangen des Spontankreislaufs (min) 28,8 ± 2,1 28,4 ± 2,2 29,1 ± 0,7 0,14<br />

Tab. 2 Labordaten aller Patienten getrennt nach Outcome innerhalb der ersten 3 Tage<br />

Ankunft Tag 1 Tag 2 Tag 3<br />

CK (U/l) CPC 1–2 1080 ± 216 3975 ± 915 3907 ± 944 3361 ± 753<br />

CPC 3–5 1015 ± 251 3539 ± 251 3226 ± 595 2632 ± 535<br />

p-Wert 0,87 0,74 0,56 0,51<br />

CK-MB (U/l) CPC 1–2 164 ± 49 308 ± 69 239 ± 60 119 ± 24<br />

CPC 3–5 165 ± 29 313 ± 55 237 ± 43 82 ± 13<br />

p-Wert 0,63 0,86 0,96 0,41<br />

Laktatdehydrogenase<br />

(U/l)<br />

CPC 1–2 620 ± 90 689 ± 95 724 ± 121 846 ± 115<br />

CPC 3–5 492 ± 34 667 ± 84 690 ± 80 734 ± 77<br />

p-Wert 0,81 0,92 0,87 0,52<br />

Laktat (mmol/l) CPC 1–2 4,72 ± 1,01 2,03 ± 0,39 1,33 ± 0,12 0,97 ± 0,03<br />

CPC 3–5 5,43 ± 0,60 3,17 ± 1,42 2,19 ± 0,34 1,62 ± 0,26<br />

p-Wert 0,16 < 0,01 < 0,01 < 0,01<br />

Blutzucker (mg/dl) CPC 1–2 259 ± 22 136 ± 12 122 ± 6 122 ± 6<br />

CPC 3–5 254 ± 12 149 ± 11 119 ± 5 138 ± 6<br />

p-Wert 0,61 0,33 0,83 0,25<br />

pH-Wert CPC 1–2 7,31 ± 0,02 7,37 ± 0,02 7,42 ± 0,01 7,39 ± 0,01<br />

CPC 3–5 7,31 ± 0,01 7,38 ± 0,02 7,40 ± 0,01 7,41 ± 0,01<br />

p-Wert 0,78 0,39 0,75 0,18<br />

Kreatinin (mg/dl) CPC 1–2 1,23 ± 0,08 1,23 ± 0,11 1,52 ± 0,17 1,68 ± 0,16<br />

CPC 3–5 1,35 ± 0,<strong>04</strong> 1,68 ± 0,1 2,28 ± 0,13 2,96 ± 0,26<br />

p-Wert 0,17 < 0,01 < 0,01 < 0,01<br />

Harnstoff (mg/dl) CPC 1–2 54 ± 7 52 ± 3 56 ± 4 53 ± 4<br />

CPC 3–5 53 ± 3 62 ± 3 76 ± 4 88 ± 6<br />

p-Wert 0,47 0,11 < 0,01 < 0,01<br />

CK Kreatinkinase; CK-MB Kreatinkinase, Isoenzym MB; CPC Glasgow-Pittsburgh Cerebral Performance Category.<br />

dass ein nichtschockbarer Rhythmus in<br />

der Auffindesituation generell mit einem<br />

schlechteren Outcome assoziiert ist [14,<br />

16]. In einer 2012 publizierten Metaanalyse<br />

zeigte sich jedoch auch bei Patienten<br />

mit einem nichtschockbaren Rhythmus<br />

eine leichte Reduktion der Krankenhaussterblichkeit<br />

unter dem Einsatz der MTH<br />

[12]. Vor diesem Hintergrund sollten,<br />

trotz schwacher Datenlage und unter<br />

Berücksichtigung der Nebenwirkungen<br />

einer MTH, Patienten mit und ohne<br />

schockbaren Rhythmus aktiv gekühlt<br />

werden.<br />

Da es sich bei der vorliegenden Studie<br />

um eine retrospektive Analyse handelt,<br />

unterliegt ihre Aussagekraft einigen<br />

L<strong>im</strong>itationen. Da der Katecholamin- und<br />

Volumenbedarf der Patienten <strong>im</strong> untersuchten<br />

Kollektiv nicht nachgehalten<br />

wurde, ist nicht auszuschließen, dass<br />

diese Therapie <strong>im</strong> Einzelfall Einfluss auf<br />

den Verlauf von Laktat und Kreatinin <strong>im</strong><br />

Serum hatte. Zudem sei an dieser Stelle<br />

explizit darauf hingewiesen, dass eine Abschätzung<br />

der neurologischen Prognose<br />

bei bewusstlosen Patienten nach OHCA<br />

nicht allein auf Basis von Laborpara-<br />

28 | Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 1 · 2017


metern erfolgen kann. Vielmehr ist<br />

die Zusammenschau der Befunde aus<br />

klinisch-neurologischer Untersuchung,<br />

Elektrophysiologie, zerebraler Bildgebung<br />

sowie Laborparametern für eine<br />

frühzeitige Aussage zur neurologischen<br />

Prognose erforderlich [24]. Unter Berücksichtigung<br />

dieser Faktoren sollte eine<br />

Prognoseabschätzung frühestens 72 h<br />

nach Wiedererwärmung erfolgen.<br />

Fazit für die Praxis<br />

Derzeit liegen noch keine klinischen<br />

Endpunktstudien zum Einsatz der MTH<br />

<strong>im</strong> <strong>kardiogenen</strong> <strong>Schock</strong> vor. Bei 39 %<br />

der hier untersuchten Patienten, die<br />

nach OHCA mit der MTH behandelt<br />

wurden, war die neurologische Prognose<br />

günstig (CPC 1–2). Der Verlauf der laborchemischen<br />

Serummarker NSE, Kreatinin<br />

und Harnstoff innerhalb von 72 h nach<br />

OHCA könnten bei der frühzeitigen Abschätzung<br />

der Prognose von Bedeutung<br />

sein. Dies sollte in künftigen Studien<br />

prospektiv überprüft werden.<br />

Korrespondenzadresse<br />

Prof. Dr. H. Reuter<br />

Klinik für Kardiologie, Angiologie, Pneumologie<br />

und internistische Intensivmedizin, Klinik III für<br />

Innere Medizin,<br />

Herzzentrum der Universität zu Köln<br />

Kerpenerstr. 62, 50937 Köln<br />

hannes.reuter@uk-koeln.de<br />

Einhaltung ethischer Richtlinien<br />

Interessenkonflikt. C. Adler, R. Pfister, S. Baldus<br />

und H. Reuter geben an, dass kein Interessenkonflikt<br />

besteht.<br />

Die Datenerhebung wurde mit Zust<strong>im</strong>mung der<br />

zuständigen Ethik-Kommission, <strong>im</strong> Einklang mit<br />

nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration von<br />

Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten<br />

Fassung) durchgeführt.<br />

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· Abstract<br />

Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 1 · 2017 |<br />

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