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28 Antworten zum Stand des Wissens rund um - Bund Ökologische ...

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14 Was darf ins Bio-Lebensmittel?<br />

Anspruchsvolle <strong>Stand</strong>ards für eine schonende<br />

Verarbeitung<br />

Bei der Verarbeitung ökologisch erzeugter Rohware zu<br />

hochwertigen Bio-Lebensmitteln gelten anspruchsvolle<br />

<strong>Stand</strong>ards, <strong>um</strong> ihre besondere Qualität vom Anbau bis<br />

<strong>z<strong>um</strong></strong> handelsfähigen Produkt zu erhalten. Im Gegensatz<br />

zur Herstellung konventioneller Produkte sichert die<br />

EU-Öko-Verordnung eine zertifizierte Produktionskette<br />

vom Anbau bis <strong>z<strong>um</strong></strong> Einzelhandel. Sie schränkt in der Verarbeitung<br />

den Einsatz von Hilfs- und Zusatzstoffen stark<br />

ein und verbietet z. B. die Bestrahlung oder die Anwendung<br />

von Gentechnik. Die Richtlinien der Bio-Verbände<br />

und die Qualitätsbemühungen der Öko-Unternehmer<br />

gehen über diesen <strong>Stand</strong>ard hinaus, was etwa den<br />

Einsatz von Enzymen und Aromen oder den Ausschluss<br />

spezifischer Herstellungsverfahren betrifft.<br />

<strong>Ökologische</strong> Rohstoffe, nur unvermeidbare<br />

Zusatzstoffe und Verbot von Bestrahlung und<br />

Gentechnik<br />

Die EU-Öko-Verordnung schreibt vor, dass alle verarbeiteten Bio-<br />

Lebensmittel aus ökologisch erzeugten Zutaten landwirtschaftlichen<br />

Ursprungs bestehen müssen, die bis <strong>z<strong>um</strong></strong> Rohprodukt rückverfolgbar<br />

sind. Nur dann, wenn Zutaten nicht in ökologischer<br />

Qualität verfügbar sind, dürfen maximal 5 % konventionelle Zutaten<br />

eingesetzt werden – allerdings nur, wenn sie im Anhang IX<br />

der Verordnung (EU) 889/2008 aufgeführt sind [1]. Produkte,<br />

die mehr als 5 % Zutaten aus der Jagd oder Fischerei beinhalten,<br />

dürfen im Produkt namen jedoch nur in Bezug auf die ökologische<br />

Zutat Begriffe wie Bio- oder Öko- enthalten (z. B. Thunfisch in Bio-<br />

Sonnenbl<strong>um</strong>enöl). Sind in einem Lebensmittel weniger als 95 %<br />

ökologischer Rohstoffe enthalten, darf nur in der Zutatenliste auf<br />

die Zutaten in ökologischer Qualität hingewiesen werden [1]. In<br />

beiden Fällen gelten für die Verarbeitung jedoch die Maßgaben<br />

der Öko-Verordnung.<br />

Die Verwendung von Zusatz- oder Hilfsstoffen für den Verarbeitungsprozess<br />

ist in Art und Anwendungszweck detailliert reglementiert.<br />

Anhang VIII der Verordnung (EU) 889/2008 <strong>um</strong>fasst in<br />

einer Positivliste 49 von insgesamt fast 400 für die konventionelle<br />

Lebensmittelverarbeitung zugelassenen Zusatzstoffen und<br />

Zusatzstoffgruppen. Wichtigstes Zulassungskriteri<strong>um</strong> ist, dass<br />

ökologische Lebensmittel ohne diese Stoffe nachweislich nicht<br />

hergestellt oder haltbar gemacht werden können. Die erlaubten<br />

technischen Hilfsstoffe sind in einer Positivliste in Anhang VIII B<br />

aufgeführt.<br />

Die gesundheitliche Unbedenklichkeit sowie die technologische<br />

Notwendigkeit der Lebensmittelbestrahlung sind <strong>um</strong>stritten [2].<br />

Daher ist in der ökologischen Lebensmittelwirtschaft die Bestrahlung<br />

von Nahrungsmitteln mit ionisierenden Strahlen zur<br />

Entkeimung und zur Verlängerung der Haltbarkeit nicht erlaubt.<br />

Vorbeugen<strong>des</strong> Qualitätsmanagement und herkömmliche Hygieneverfahren<br />

sichern einen guten hygienischen <strong>Stand</strong>ard [3].<br />

Bio-Verarbeiter setzen zudem weder gentechnisch veränderte<br />

Organismen (GVO) als Rohstoffe und Bakterienkulturen ein, noch<br />

verwenden sie sonstige Zutaten, die aus oder durch GVO hergestellt<br />

worden sind (á Frage 20).<br />

Eingeschränkte Aromatisierung<br />

Generell sollen Bio-Lebensmittel so naturbelassen wie möglich<br />

sein. Sie werden daher anders als konventionelle Lebensmittel<br />

nicht mit isolierten Nährstoffen angereichert, künstlich gefärbt,<br />

verwässert oder Ähnliches. Aromen sollen den Eigengeschmack<br />

unterstützen und nicht zur Schönung minderwertiger Qualitäten<br />

eingesetzt werden. In Bio-Lebensmitteln dürfen nur natürliche<br />

Aromen und Aromaextrakte verwendet werden. Bei sogenannten<br />

„natürlichen Aromen“ handelt es sich jedoch <strong>um</strong> hochverarbeitete<br />

Produkte, die mit Hilfe von Lösungsmitteln aus natürlichen<br />

Rohstoffen (nicht notwendigerweise Lebensmitteln) hergestellt<br />

werden. Deshalb setzen viele Öko-Unternehmen diese nicht ein.<br />

Bei Bio-Anbauverbänden sind natürliche Aromen nur für wenige<br />

Produktgruppen zugelassen [4]. Dem vollständigen Verzicht auf<br />

natürliche Aromen bei allen Bio-Lebensmitteln stehen Verbrauchererwartungen<br />

und technische Notwendigkeiten im Wege [5].<br />

Aktuell werden zunehmend ökologisch zertifizierte Aromen für<br />

den Markt bereitgestellt.<br />

Innovationen bei Rezepturen und Techniken<br />

Lebensmittelverarbeitung spiegelt sowohl die technologische<br />

Entwicklung als auch die Veränderung der Esskultur wider. Ob<br />

Lebensmittel durch Verarbeitung veredelt werden, also z. B. ihr<br />

Gesundheits- oder Genusswert erhöht wird (á Frage 18, 19), hängt<br />

von der Rohstoffauswahl, den Verarbeitungsverfahren, den Rezepturen<br />

und der Qualitätspolitik der beteiligten Unternehmen ab.<br />

Die Vorschriften der Öko-Anbauverbände sollen eine besonders<br />

schonende Verarbeitung im Sinne einer gesunden, naturbelassenen<br />

und ökologischen Ernährungsweise gewährleisten. So werden<br />

bestimmte Verfahren ausgeschlossen, wie die Sterilisation von<br />

Milch oder beschleunigende Hilfsmittel bei der Herstellung von<br />

fermentierten Lebensmitteln, wie etwa bei Essig, Bier, Käse und<br />

Rohwurst [4; 6]. Einzelne Verbände schließen auch die Saftherstellung<br />

aus Konzentraten aus. Die hohen Qualitätsansprüche<br />

der am Markt für ökologische Lebensmittel tätigen Unternehmer<br />

haben zu technologischen Innovationen und Produktentwicklungen<br />

innerhalb der Bio-Branche geführt, die teilweise auch<br />

der konventionellen Branche zugutekommen. Ein Beispiel ist ein<br />

gentechnikfreies Fermentationsverfahren für alkoholfreies Bier,<br />

bei dem im Unterschied zu den gängigen Verfahren kein Alkohol<br />

unter Geschmacksverlust extrahiert werden muss. Vor allem das<br />

Lebensmittelhandwerk spielt bei der Herstellung von Bio-Lebensmitteln<br />

eine innovative Rolle, indem es Rezepte für geschmacklich<br />

individuelle, häufig regionenspezifische Produkte entwickelt, deren<br />

Zutaten oftmals von regionalen Bio-Erzeugern stammen [5].<br />

Konzepte der ökologischen Lebensmittelverarbeitung [6]<br />

Prinzipien in der Diskussion und Entwicklung<br />

Wird von einzelnen Akteuren <strong>um</strong>gesetzt<br />

Allgemein geteilte Prinzipien<br />

Privatrechtlich geregelt<br />

Richtlinien von Anbauverbänden<br />

und Bio-Unternehmen<br />

G<strong>rund</strong>legende Prinzipien<br />

Staatlich geregelt<br />

Regelung in EU-Öko-<br />

Verordnung<br />

Sozial verantwortlich,<br />

gerechter Handel, regional<br />

Umweltfreundliche Verarbeitung<br />

und Transport<br />

Gesunde und natürliche<br />

Ernährung<br />

Schonende Verarbeitung,<br />

Frische<br />

Vermeidung von<br />

Zusatzstoffen<br />

Zertifizierte<br />

Produktionskette<br />

<strong>Ökologische</strong> Rohstoffe<br />

Entwicklungs-Potenziale bei Verarbeitungsrichtlinien und<br />

Technologien<br />

Da die Verarbeitungsstandards auf gesetzlicher Ebene nicht so weit entwickelt sein<br />

können wie auf privatwirtschaftlicher, garantieren verarbeitete Bio-Produkte auf EU-<br />

<strong>Stand</strong>ard nicht ganz das gleiche Qualitätsniveau hinsichtlich ökologischer und qualitativ<br />

hochwertiger Verarbeitungsverfahren wie Produkte, die von deutschen Anbauverbänden<br />

zertifiziert sind.<br />

Angesichts der Verbrauchererwartungen sowohl an die Natürlichkeit als auch an Bequemlichkeit,<br />

Erlebnis und Genuss [7] besteht für die verarbeitenden Betriebe weiterhin<br />

Innovationsbedarf, qualitätserhaltende und <strong>um</strong>weltfreundliche Technologien für die<br />

Verarbeitung zu entwickeln.<br />

Die vielen Öko-Verarbeitungsbetriebe, die darüber hinaus Umweltmanagementsysteme<br />

etabliert haben und Prinzipien eines sozialen Handels regional und international <strong>um</strong>setzen,<br />

bieten ein Vorbild für ein <strong>um</strong>fassen<strong>des</strong> Konzept einer ökologischen und nachhaltigen<br />

Lebensmittelverarbeitung [5].<br />

Quellen, weiterführende Literatur und Links:<br />

[1] Verordnung (EWG) Nr. 834/2007 und 889/2008 ff. <strong>des</strong><br />

Rates vom über den ökologischen Landbau und die entsprechende<br />

Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse<br />

und Lebensmittel.<br />

[2] Koerber, K. V., Männle, T. und Leitzmann, C. (2004):<br />

Vollwert-Ernährung. Konzeption einer zeitgemäßen und<br />

nachhaltigen Ernährung. 10., vollständig neu überarbeitete<br />

und erweiterte Auflage, Haug Verlag, Stuttgart.<br />

[3] Beck, A. (2003): Beschreibung der guten ökologischen<br />

Herstellungspraxis. In: Löwenstein, F. et al.: Entwicklung<br />

eines stufenübergreifenden Qualitätssicherungssystems<br />

für die ökologische Ernährungswirtschaft unter besonderer<br />

Berücksichtigung der Kommunikations- und<br />

Organisationsstrukturen. Bericht, <strong>Bund</strong> <strong>Ökologische</strong><br />

Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Berlin, S. 38–70,<br />

www.orgprints.org/5392/ > Materialband.<br />

[4] www.oekoregelungen.de > Deutschland > Private<br />

Richtlinien.<br />

[5] Schmid, O., Beck, A. und Kretschmar, U. (Hrsg.)<br />

(2004): Underlying Principles in Organic and “Low-Input<br />

Food” Processing. FiBL-Report, Frick, Schweiz, www.orgprints.org/3234/;<br />

Deutsche Zusammenfassung: Beck, A.,<br />

Kretschmar, U. und Schmid, O.: Prinzipien der ökologischen<br />

Lebensmittelverarbeitung. In: Lebendige Erde 5/2005,<br />

S. 24–27.<br />

[6] Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (FiBL)<br />

(Hrsg.) (2006): Qualität und Sicherheit von Bio-Produkten.<br />

Lebensmittel im Vergleich. Dossier Nr. 4, Frick, Schweiz.<br />

[7] ZMP (2001): Einstellungen und Käuferprofile bei<br />

Bio-Lebensmitteln. Marktstudie K121, Zentrale Marktund<br />

Preisberichtstelle für Erzeugnisse der Land-, Forstund<br />

Ernährungswirtschaft GmbH (ZMP), Bonn,<br />

www.orgprints.org/1088<br />

Bun<strong>des</strong>verband Naturkost und Naturwaren (Hrsg.) (2003):<br />

<strong>Ökologische</strong> Lebensmittelverarbeitung. Eine Arbeitshilfe für<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Naturkostfachhandel,<br />

www.oekolandbau.de > Service > Informationsmaterialien.<br />

Assoziation <strong>Ökologische</strong>r Lebensmittelhersteller (AOEL)<br />

(2004/2005): Bericht zur Situation der Hersteller ökologischer<br />

Lebensmittel 2004 und 2005. www.aoel.org<br />

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