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28 Antworten zum Stand des Wissens rund um - Bund Ökologische ...

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06 Was ist ökologischer Landbau?<br />

Ausgangspunkt und Ideal: der weitgehend in<br />

sich geschlossene Betriebsorganismus<br />

Der ökologische Landbau folgt dem Organisationsprinzip<br />

eines weitgehend in sich geschlossenen Betriebsorganismus:<br />

Bodennutzung und Viehhaltung<br />

werden dem <strong>Stand</strong>ort individuell angepasst und<br />

innerhalb <strong>des</strong> Betriebes organisatorisch verbunden.<br />

Zyklische Prozesse und Kreislaufwirtschaft bestimmen<br />

die <strong>um</strong>weltverträgliche Erzeugung von Lebensmitteln<br />

hoher Qualität und sichern langfristig die natürlichen<br />

Produktionsg<strong>rund</strong>lagen. Die Vielfalt der angebauten<br />

Kulturen und Tierarten erhält die Stabilität und Belastbarkeit<br />

der Agrar-Öko-Systeme. Dadurch werden positive<br />

ökologische Leistungen für Umwelt, Naturschutz,<br />

Artenvielfalt und Landschaftsbild erbracht.<br />

Stimulierung natürlicher Prozesse<br />

Jede Form der Landbewirtschaftung ist ein Eingriff in die Natur.<br />

Im ökologischen Landbau soll die Bewirtschaftung so erfolgen,<br />

dass die natürlichen Wechselbeziehungen <strong>des</strong> Öko-Systems genutzt<br />

und gefördert werden. Um Ertrag und Qualität zu erhöhen,<br />

werden die natürlichen Prozesse, die die G<strong>rund</strong>lage der landwirtschaftlichen<br />

Produktion bilden, angeregt.<br />

Ein System so zu stimulieren, ist nur dann nachhaltig erfolgreich,<br />

wenn die ergriffene Maßnahme dem Wirkungsprinzip der natürlichen<br />

Vorgänge entspricht [1]. Mit den Verfahren <strong>des</strong> ökologischen<br />

Landbaus werden die Öko-Systeme in ihren Funktionen<br />

genutzt und dennoch erhalten. Nicht erneuerbare Energie- und<br />

Rohstoffquellen werden geschont und der Bio-Betrieb wie ein<br />

Organismus verstanden und entwickelt. Es werden möglichst<br />

geschlossene (keine abgeschlossenen) Stoff- und Energiekreisläufe<br />

angestrebt. Das bedeutet, dass der Einsatz von externen<br />

Produktionsmitteln stark beschränkt oder im Fall von synthetisch<br />

hergestelltem Stickstoffdünger, chemisch-synthetischen<br />

Pflanzenschutzmitteln und Wachst<strong>um</strong>sreglern ganz verboten<br />

ist. Landwirtschaftliches Handeln ist auf seine Folgen hin ausgerichtet.<br />

Damit sollen negative Auswirkungen auf die in der<br />

Landwirtschaft tätigen Menschen, die Nutztiere, den Boden, das<br />

Naturalprodukt, die Umwelt und den Verbraucher minimiert werden<br />

[2; 6]. Mit diesem verantwortungs- und ethisch motivierten<br />

ganzheitlichen Ansatz begründet der ökologische Landbau seinen<br />

Anspruch auf besondere Umwelt- und Sozialverträglichkeit.<br />

„Landwirtschaftliche Individualitäten“ durch<br />

<strong>Stand</strong>ortanpassung<br />

Wird der landwirtschaftliche Betrieb als „Betriebsorganismus“<br />

betrachtet, so muss er mit Fruchtfolgegestaltung, Sortenwahl<br />

sowie seinen Tierarten und -rassen „organisch“ an die <strong>Stand</strong>ortgegebenheiten<br />

angepasst werden. Idealerweise erfolgen<br />

<strong>Stand</strong>ortanpassung und Bewirtschaftung individuell und relativ<br />

kleinrä<strong>um</strong>ig und führen so zu „landwirtschaftlichen Individualitäten“.<br />

Dieser Sachverhalt setzt Normierungen und Regelungen<br />

Grenzen. Gleichwohl wird dem Verbraucherschutz mit verbindlichen<br />

Richtlinien für Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung<br />

Rechnung getragen [2; 6] (á Frage 3).<br />

Systemstabilität durch Vielfalt erhalten<br />

Kernstück der Organisation <strong>des</strong> landwirtschaftlichen Betriebes<br />

und der Stabilisierung <strong>des</strong> Agrar-Öko-Systems ist die Fruchtfolgegestaltung.<br />

Die Fruchtartenvielfalt (geplante Vielfalt auf<br />

Produktionsflächen) ist wirksamstes Mittel, <strong>um</strong> selbstregelnde<br />

Kräfte und Prozesse zu nutzen. Maßnahmen, die ein hohes Ertragsniveau<br />

aller Kulturen sichern, sind wichtiger als die Ertragsmaximierung<br />

einiger weniger Verkaufsfrüchte. Auch abseits der<br />

Produktionsbiotope werden durch die Anlage von Begleitstrukturen<br />

(z. B. Hecken, Sä<strong>um</strong>en, Rainen und Gewässern) Nützlinge<br />

gefördert (assoziierte Vielfalt). So resultieren aus der vielgestaltigen<br />

Betriebsorganisation <strong>um</strong>fängliche ökologische Leistungen<br />

für Naturschutz und Landschaftsbild [2] (á Frage 24).<br />

Beispiel Nährstoffmanagement: Kreislaufwirtschaft<br />

realisieren<br />

Das Nährstoffmanagement im ökologischen Landbau nutzt Strategien,<br />

die die begrenzten Nährstoffe dem pflanzlichen Wachst<strong>um</strong><br />

vornehmlich betriebsintern verfügbar machen. Damit wird<br />

die Bodenfruchtbarkeit langfristig erhalten und entwickelt. Die<br />

Fruchtfolgegestaltung ist bei größtmöglicher Vielfalt ausgerichtet<br />

auf einen hohen Gehalt an <strong>um</strong>setzbarer, organischer Substanz<br />

<strong>des</strong> Bodens, Anregung <strong>des</strong> Bodenlebens und optimierte Nutzung<br />

der positiven Effekte der jeweiligen Feldfrucht auf nachfolgend<br />

angebaute Feldfrüchte. Stickstoff wird durch <strong>um</strong>fänglichen Anbau<br />

von Futter- und Körnerleg<strong>um</strong>inosen gewonnen – andere Pflanzennährstoffe<br />

durch Bodenbearbeitung, mikrobielle Aktivität und die<br />

Wurzelsysteme der Kulturpflanzen erschlossen. Vermeidungsstrategien<br />

minimieren Nährstoffverluste [3; 4]. Z<strong>um</strong> Ausgleich von<br />

Nährstoffverlusten sind zugelassene mineralische Düngemittel<br />

schwerlöslich oder nur wenig aufgeschlossen (á Frage 9).<br />

Die Tiere – vor allem Wiederkäuer – werden idealtypisch mit betriebseigenen<br />

Futtermitteln ernährt. Der von den Tieren gelieferte<br />

Wirtschaftsdünger erlaubt die ausreichende, gezielte örtliche<br />

und zeitliche Zufuhr von Nährstoffen zu den verschiedenen<br />

Betriebsflächen und Kulturen. Die flächengebundene Nutztierhaltung<br />

wird so <strong>z<strong>um</strong></strong> Vermittler der innerbetrieblichen Kreislaufwirtschaft.<br />

Im ökologischen Landbau dienen tierische Ausscheidungen<br />

als hochwertiger Dünger. Sie werden möglichst verlustarm<br />

gewonnen, gelagert und auf die Kulturflächen zurückgeführt.<br />

Die weitgehend optimierte Kreislaufwirtschaft als Element der<br />

landwirtschaftlichen Betriebsorganisation ist damit beispielhaft<br />

für von der Gesellschaft gewünschte selbstbestimmte und eigenverantwortliche<br />

Lösungen. Damit steht der ökologische Landbau<br />

im Gegensatz <strong>z<strong>um</strong></strong> konventionellen „Veredelungsbetrieb“ mit<br />

Tierhaltung ohne hinreichende Flächenbindung: Dort werden<br />

Die Bodenfruchtbarkeit erhalten und steigern ist Ziel und G<strong>rund</strong>lage stabiler ökologischer<br />

Landbausysteme.<br />

Tierische Ausscheidungen dienen im ökologischen Landbau als hochwertiger Dünger.<br />

tierische Ausscheidungen als Abfall angesehen, führen zu Nährstoffüberschüssen auf<br />

begrenzter Fläche und somit zu potenziellen Umweltbelastungen [5].<br />

Der vorangehenden Beschreibung <strong>des</strong> Idealtypus entsprechen immer weniger Betriebe<br />

<strong>des</strong> ökologischen Landbaus. Denn auch dort zwingt wirtschaftlicher Druck zu Rationalisierung<br />

und Intensivierung. Der ökologische Landbau steht <strong>des</strong>halb vor der Herausforderung,<br />

innovative Betriebskonzepte und Anbausysteme weiterzuentwickeln, die<br />

seinen G<strong>rund</strong>lagen entsprechen und wirtschaftlich erfolgreich sind. Vor allem in den<br />

Ackerbaugebieten stellen viele Betriebe <strong>um</strong>, die schon lange kein Vieh mehr halten –<br />

und damit weder Ställe noch kompetente Personen mit Erfahrung in der Viehhaltung<br />

haben und dem klassischen Gemischtbetriebskonzept nicht mehr entsprechen. Die<br />

EU-Öko-Verordnung erlaubt ihnen großzügig Nährstoff-Importe, wenngleich auch<br />

beschränkt auf organische Quellen. Die Verbände schränken diese Nährstoffzuflüsse<br />

deutlich ein und erlauben bspw. nur 40 kg N/ha – entsprechend etwa einem Drittel der<br />

benötigten Stickstoffmengen. Die größere Menge muss innerbetrieblich durch Leg<strong>um</strong>inosen<br />

generiert werden. Manche Betriebe erweitern den Kreislauf überbetrieblich:<br />

In Kooperationsmodellen wird auf dem einen Betrieb das Vieh gehalten und auf dem<br />

anderen das Futter erzeugt und die Nährstoffe aus der Tierhaltung eingesetzt. Umfassendere<br />

Erweiterungen der Kreislaufwirtschaft hin zu einem engeren Verbund von<br />

landwirtschaftlichen Betrieben und der lebensmittelverarbeitenden Industrie werden<br />

angestrebt und sind eine Funktion der weiteren Entwicklung der ökologischen Lebensmittelwirtschaft<br />

insgesamt (á Frage 2).<br />

Quellen, weiterführende Literatur und Links:<br />

[1] Dewes, T. (1991): Zur Konzeption konventioneller<br />

und landwirtschaftlicher Betriebssysteme. Berichte über<br />

Landwirtschaft, 69, S. 354–364.<br />

[2] Köpke, U. (2011): <strong>Ökologische</strong>r Landbau. In: Norbert<br />

Lütke Entrup und Bernhard Carl Schäfer (Hrsg.): Lehrbuch <strong>des</strong><br />

Pflanzenbaues – Band 2: Kulturpflanzen. Kapitel 11, S. 907–972.<br />

AgroConcept, Bonn.<br />

[3] Köpke, U. (1994): Nährstoffkreislauf und Nährstoffmanagement<br />

unter dem Aspekt <strong>des</strong> Betriebsorganismus.<br />

In: Mayer et al. (Hrsg.): <strong>Ökologische</strong>r Landbau – Perspektive<br />

für die Zukunft! SÖL-Sonderausgabe Nr. 58, Bad Dürkheim,<br />

S. 54–113.<br />

[4] Köpke, U. (1994): Nährstoffmanagement durch acker- und<br />

pflanzenbauliche Maßnahmen. Berichte über Landwirtschaft<br />

207, Sonderheft: Bodennutzung und Bodenfruchtbarkeit,<br />

Band 5, Bonn, S. 204–212.<br />

[5] Köpke, U. (2006): Bedeutung der Wirtschafts- und<br />

Sekundärrohstoffdünger für den <strong>Ökologische</strong>n Landbau. In:<br />

KTBL (Hrsg.): Verwertung von Wirtschaftsdüngern in der<br />

Landwirtschaft. Nutzen und Risiken. KTBL-Vortragstagung<br />

19.–20.04.06, Osnabrück. KTBL-Schrift 444, KTBL e. V.,<br />

Darmstadt, S. 39–49, abrufbar unter www.orgprints.org/8348/<br />

[6] Kristiansen, P., Taji, A. M. und Reaganold, J. P. (Eds):<br />

Organic Agriculture – A Global Perspective. CABI Publishing,<br />

Wallingford, Oxon, United Kingdom 449 pp.<br />

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