Nippeser Bürgerwehr Fest 2016/2017
Festheft der Kölner Karnevalsgesellschaft Nippeser Bürgerwehr 1903 e.V. | Weitere Informationen unter www.nippeser-buergerwehr.de
Festheft der Kölner Karnevalsgesellschaft Nippeser Bürgerwehr 1903 e.V. | Weitere Informationen unter www.nippeser-buergerwehr.de
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UND PLÖTZLICH IST ALLES ORANGE<br />
…oder „Mein erstes Jahr bei der <strong>Nippeser</strong> <strong>Bürgerwehr</strong>“<br />
Obligatorische weiße Weste - check! Strahlend<br />
orangener Waffenrock - check! Aufgeplustertes<br />
Jabot - check! Patronentasche und Säbel - check!<br />
Ungewohnt enge Reiterhose, Gamaschen,<br />
schwarze Schuhe - check! Polierter Helm -<br />
check! Nur wie zum Teufel macht man diese<br />
Schulterklappen fest und wo sind meine weißen<br />
Handschuhe?<br />
Schnell noch ein<br />
Foto fürs Album und<br />
dann geht‘s los zum<br />
Fackelzug Richtung<br />
Eigelstein. Die<br />
brandneue Uniform,<br />
die ich heute zum<br />
ersten Mal im<br />
Gesamten trage,<br />
sitzt perfekt. Auf<br />
dem Weg zur Bahn<br />
fällt mir auf, dass ich<br />
ständig angelächelt<br />
werde und mir wildfremde Leute zunicken um<br />
ihren Respekt zu zollen. Als mir dann in der Bahn<br />
noch die Tür aufgehalten wird, kann ich mir das<br />
Lachen kaum verkneifen. Kleider machen Leute,<br />
schießt es mir durch den Kopf. „Oh, einer von<br />
den Offiziellen - na dann viel Spaß“, räuspert die<br />
Oma links von mir an der Türe, als ich in ihren<br />
Sichtbereich gerate.<br />
Dass nun jeder meiner Kameraden fast<br />
das Gleiche trägt, macht die Sache mit den<br />
Namen nicht einfacher. Pauschal jeden mit<br />
„Chef“ ansprechen, soll an diesem Tag die<br />
Lösung für mein Problem sein. „Du bis komplett<br />
verdreht“ säuselt mir von hinten jemand ins<br />
Ohr und beginnt wie selbstverständlich an<br />
meinen Bandoliers rumzufingern. „Sach ens,<br />
häs du dich em Dunkle ahnjetrocke?!“, lallt<br />
mir der nächste entgegen und reißt mir meine<br />
Schulterklappen, die ich offensichtlich falsch<br />
herum festgefummelt habe, vom Waffenrock.<br />
„Sehr schön, der Heuchert auf dem Weg zur<br />
Menschwerdung“ lacht unser Literat Michael<br />
und drückt mir das erste<br />
Kölsch in die Hand.<br />
Zum ersten Mal<br />
trillert der Spieß mit<br />
seiner Pfeife. Zum<br />
ersten Mal stellen<br />
wir uns auf. Und<br />
plötzlich ist alles um<br />
mich herum orange.<br />
Als wir dann<br />
begleitet von<br />
unserer Musik<br />
losmarschieren,<br />
kann ich mir das breite Grinsen nicht mehr<br />
aus dem Gesicht schlagen. So viele Menschen<br />
und die sind alle nur unseretwegen hier, denke<br />
ich mir. Am Ziel angekommen betrete ich,<br />
gestärkt von einem unglaublichen Wir-Gefühl,<br />
zum ersten Mal die heiligen Räumlichkeiten<br />
im ersten Obergeschoss des Kappes. (Ehrlich<br />
gesagt ist es das zweite Mal, beim ersten<br />
Mal Weiberfastnacht unterschrieb ich den<br />
Bierdeckel, der alles möglich machte). Die<br />
Stimmung ist ausgelassen gut, denn jeder weiß<br />
- jetz jeit et widder los. Zum ersten Mal fallen mir<br />
die Details der anderen Uniformen auf. Einen<br />
Haken, zwei Haken hier ein bisschen Silber,<br />
da ein wenig Gold - und so eine Fangschnur<br />
sieht auch echt schick aus. Und plötzlich fühle<br />
ich mich nackt. Nicht nur wegen der seeeehr<br />
engen anliegenden weißen Hose, die gefühlt<br />
jede Kontur meines Körpers abzeichnet. Nein,<br />
vor allem die nicht vorhandene Kopfbedeckung<br />
unterscheidet mich doch sehr von dem Rest.<br />
Diese werde ich zum ersten Corpsappell<br />
erhalten.<br />
BÜHNE FREI<br />
10 Tage später das nächste Highlight. Der<br />
erste Auftritt und vor allen die erste Busfahrt.<br />
„Heuchert, du sitzt hier!“ schreit mir Basti aus<br />
der vorletzten Reihe entgegen als ich den Bus<br />
betrete. Nachdem ich die fünf Kisten Bier, die im<br />
Gang stehen überwunden habe, lasse ich mich<br />
auf meinen Platz sinken. Ich lerne schnell was<br />
es bedeutet im hinteren Busteil zu sitzen. Selten<br />
habe ich in dieser Geschwindigkeit Bierflaschen<br />
geleert. Die Nervosität treibt es runter. Im Foyer<br />
in Leverkusen angekommen, freue ich mich,<br />
dass Tim offensichtlich noch aufgeregter ist als<br />
ich. „Da drinnen sitzen 1.500 Leute“ und „jeder<br />
im Publikum und wir auf der Bühne achten<br />
nur auf dich“ hetzen die Kamaraden. Dann<br />
geht alles ganz schnell. Ab durch die Menge<br />
und rauf auf die Bühne. Bei gefühlten 85° im<br />
Scheinwerferlicht spricht unser Kommandant<br />
mit rauer Stimme zu uns: „Stellt euch op zum<br />
fliejenden V“. Der augenscheinlich wirre Haufen<br />
entzerrt sich nach ein wenig Geschubse und<br />
Gedrücke zu einem wunderbaren V. Aber<br />
irgendwas ist komisch denke ich mir, da<br />
schreit Schlambo auch schon über die Bühne<br />
„Heuchert wo bist du?“ Die Position ist richtig,<br />
jedoch genau spiegelverkehrt fällt mir auf. Mein<br />
Blick verrät wohl alles, denn unser Spieß Daniel<br />
zieht mich mit einem beherzten Ruck zurück ins<br />
Glied und nimmt meine Position ein. Kaum habe<br />
ich den Schock verdaut marschieren wir schon<br />
wieder aus der Halle. Das Loch in dem ich jetzt<br />
gerne versinken möchte kann gar nicht groß<br />
genug sein. Meine Kameraden feiern die Aktion -<br />
bei meinem ersten Auftritt natürlich. Die anfangs<br />
spöttischen Sprüche wandeln sich jedoch<br />
schnell zu aufbauenden Schulterklopfern. Der<br />
Satz „Gut, dass dir das in Leverkusen und nicht<br />
in Köln passiert ist“ rettet mir letzt endlich den<br />
Tag.<br />
EINE BUSFAHRT DIE IST SCHÖN<br />
In Gedanken an den ersten Auftritt schaue<br />
ich mir noch einmal akribisch die beiden Tänze<br />
am heimischen Fernseher an, bevor es gleich zu<br />
unserer ersten Tour geht. Im Bus angekommen<br />
freue ich mich, dass mir wieder ein Platz<br />
angeboten wird. Ich staune nicht schlecht als<br />
zunächst unser Bus DJ Schlambo sein Bose<br />
Sound System in der Hutablage verankert. Als<br />
Basti, nachdem er die Busbeleuchtung mit<br />
orangener Folie abgedeckt hat, dann die beiden<br />
Scheinwerfer für die Discokugel installiert,<br />
kann ich zum ersten Mal erahnen wie unsere<br />
Busfahrten bzw. viel mehr -partys, verlaufen<br />
werden. Eine nur annähernd detailgetreue<br />
Beschreibung ist unmöglich. Man stelle sich<br />
eine Klassenfahrt vor, bei der alle Teilnehmer<br />
die gleiche orangene Uniform tragen. Anstatt<br />
Limo und Cola gibt es Früh-Kölsch und Flimm.<br />
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