PFIFF Lehrwerk

PFiFF<br />

<strong>Lehrwerk</strong><br />

FÖRDERUNG<br />

EXEKUTIVER FUNKTIONEN<br />

UND DER<br />

SELBSTREGULATION IM SPORT<br />

VERLAG<br />

BILDUNG plus


Inhalt<br />

Einleitung 4<br />

Teil 1 Neuronale Grundlagen zum Lernen mit PFiFF und Pfote 6<br />

1.1 Wie das Gehirn lernt 6<br />

1.2 Die Plastizität des Gehirns 9<br />

1.3 Aufbau und Funktionen des Gehirns 10<br />

1.4 Hippokampale Neurogenese 14<br />

1.5 Kortikale Plastizität 16<br />

1.6 Der Neurotransmitter Serotonin 17<br />

1.7 Motivation und Dopamin 20<br />

Teil 2 Selbstregulation und exekutive Funktionen 21<br />

2.1 Exekutive Funktionen – Grundlage für selbstreguliertes Verhalten 21<br />

2.2 Sitz des exekutiven Systems 24<br />

2.3 Entwicklung exekutiver Funktionen 24<br />

2.4 Exekutive Funktionen, Selbstregulation und Lernleistung 26<br />

2.5 Exekutive Funktionen und sozial-emotionale Entwicklung 27<br />

2.6 Förderung exekutiver Funktionen und der 28<br />

Selbstregulation in Kindergarten und Schule<br />

2.7 Exekutive Funktionen und Selbstregulation spielerisch fördern 29<br />

2.8 Exekutive Funktionen im und durch den Sport fördern 30<br />

Fazit 31<br />

Literatur 32<br />

Herausgeber<br />

Spiel und Sport plus e. V.<br />

Text<br />

Dr. Sabine Kubesch, INSTITUT BILDUNG plus<br />

Illustration und Grafische Gestaltung<br />

Sonja Hansen<br />

c<br />

2013 VERLAG BILDUNG plus UG (haftungsbeschränkt), Heidelberg<br />

2. leicht veränderte Auflage<br />

PFiFF ist eine Marke von Spiel und Sport plus e. V.<br />

Kein Teil des <strong>Lehrwerk</strong>s darf ohne schriftliche Genehmigung von<br />

VERLAG BILDUNG plus fotokopiert oder in irgendeiner anderen Form reproduziert oder<br />

in eine von Maschinen verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden.


Da das Stirnhirn nicht einzelne Informationen, sondern allgemeine<br />

Regeln speichert, können diese Regeln auf andere Lernbereiche übertragen<br />

werden. Ist das Sportangebot für Kinder und Jugendliche also<br />

darauf ausgerichtet, die Selbstregulation der jungen Sportlerinnen und<br />

Sportler zu fördern, kann die im Sport erlernte Selbstregulationsfähigkeit<br />

in anderen Bereichen und Lernsituationen eingesetzt werden.<br />

Einleitung<br />

PFiFF zielt auf die Förderung exekutiver Funktionen und der Selbstregulation<br />

von Kindern und Jugendlichen im Sport ab. Die Fähigkeit<br />

zur Selbstregulation ermöglicht es den Heranwachsenden, ihre<br />

Aufmerksamkeit, ihr Verhalten und ihre Emotionen bewusst steuern<br />

zu können. Diese Fähigkeiten sind grundlegende Voraussetzungen<br />

für schulische Lernleistungen und für eine gesunde sozial-emotionale<br />

Entwicklung.<br />

Der Selbstregulationsfähigkeit liegen die sogenannten exekutiven<br />

Funktionen des Stirnhirns zugrunde. Das sind wichtige Gehirnfunktionen,<br />

die von einem spielerischen kognitiven und körperlichen Training<br />

profitieren. Um die Lernleistung von Kindern und Jugendlichen zu verbessern<br />

und sie auf das Leben vorzubereiten, sollten ihre exekutiven<br />

Funktionen und die Selbstregulation gezielt und umfassend gefördert<br />

werden.<br />

Ein Pfiff symbolisiert im Sport regelgeleitetes Handeln. Er hat vielfältige<br />

Bedeutungen in Abhängigkeit von der Sportart, seiner Länge und der<br />

Anzahl der erfolgten Pfiffe. Er kann ein Startsignal sein, eine Spielunterbrechung<br />

kennzeichnen, für einen Torerfolg oder ein verübtes Foul<br />

stehen. Er steuert den Spielablauf und unterstützt die Athleten in ihrer<br />

Selbstregulationsfähigkeit. Gleichzeitig können Pfiffe dazu eingesetzt<br />

werden, die exekutiven Funktionen von Kindern und Jugendlichen im<br />

Sport zu trainieren.<br />

Das PFiFF-<strong>Lehrwerk</strong> wurde von Spiel und Sport plus e. V. in seiner ersten<br />

Fassung für den Badischen Sportbund Nord e. V. und dessen gleichnamiges<br />

Kooperationsprogramm von Kindergarten und Sportverein entwickelt.<br />

Trägermitglieder von Spiel und Sport plus e. V. sind aktuell der<br />

Badische Sportbund Nord e. V. und das INSTITUT BILDUNG plus.<br />

Das <strong>Lehrwerk</strong> von PFiFF ist in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil<br />

vermittelt neuronale Grundlagen des Lernens. Dabei wird die große<br />

Bedeutung von körperlicher Aktivität für Lernprozesse deutlich. Die<br />

neurobiologischen Grundkenntnisse tragen dazu bei, die im zweiten<br />

Teil beschriebenen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den exekutiven<br />

Funktionen und ihrem Einfluss auf die Selbstregulationsfähigkeit von<br />

Kindern besser einordnen und verstehen zu können.<br />

Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und bei der Umsetzung der<br />

gewonnenen Erkenntnisse in die sportliche Arbeit mit kleinen und großen<br />

Athleten.<br />

Dr. Sabine Kubesch<br />

Spiel und Sport plus e. V.


Teil 1 Teil 1<br />

Teil 1: Neuronale Grundlagen<br />

zum Lernen mit PFiFF und Pfote<br />

PFiFF ist nicht nur der Name dieses <strong>Lehrwerk</strong>s, sondern auch der Name<br />

des kleinen Sportlers mit Pfeife und Feder. Gemeinsam mit seinem Freund<br />

Pfote unterstützt uns PFiFF dabei, die beschriebenen wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisse in anschaulicher Weise zu vermitteln. Dann starten wir mal<br />

– mit den neuronalen Grundlagen zum Lernen!<br />

1.1 Wie das Gehirn lernt<br />

„Das menschliche Gehirn ist in etwa so groß wie eine Kokosnuß, hat die Gestalt einer Walnuß, die Farbe<br />

roher Leber und die Konsistenz kalter Butter“ (Carter 1999, 15), so ließe sich das Gehirn mit einem groben Blick<br />

von außen beschreiben. Die Gehirnforschung (Neurowissenschaft) ermöglicht, insbesondere durch den Einsatz<br />

moderner bildgebender Verfahren, einen detaillierten Blick nicht nur auf das Gehirn, sondern auch in sein<br />

Inneres. Diese Verfahren erlauben es zudem, die Abläufe im Gehirn zu beobachten und Informationen über seine<br />

Funktionsweise zu erhalten.<br />

Lernen vollzieht sich im Gehirn – ganz gleich, ob es um das Lernen eines Bewegungsablaufs, eines Sachverhalts<br />

oder der Selbstregulation geht. Das Gehirn bezeichnet man deshalb auch als unser Lernorgan. Aus diesem Grund<br />

ist es sinnvoll, ein Verständnis davon zu erhalten, welche neuronalen Mechanismen sich beim Lernen im Gehirn<br />

vollziehen. Dies gilt vor allem für Menschen, die Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung und damit im<br />

Lernen begleiten und unterstützen.<br />

Das erwachsene Gehirn besteht aus schätzungsweise 100 Milliarden Nervenzellen. Das sind sogenannte<br />

Neuronen, deren Aufgabe darin besteht, Informationen zu speichern und zu verarbeiten bzw. an andere<br />

Neuronen weiterzugeben. Sehen wir uns eine Nervenzelle etwas genauer an:<br />

Dendriten<br />

Jedes Neuron besteht aus:<br />

einem Zellkörper (darin enthalten ist ein Zellkern),<br />

zahlreichen verzweigten Dendriten und<br />

einem langen Axon.<br />

Über das Axon leitet das Neuron Informationen an andere Neuronen weiter. Die Axone können an den Dendriten<br />

und am Zellkörper der Empfängerneuronen ansetzen und die Informationen in Form von elektrischen Nervenimpulsen<br />

(Aktionspotenzialen) übertragen. Die Übertragung der Aktionspotenziale von einem Neuron zu einem<br />

anderen findet auf chemischem Weg an den Synapsen statt (Spitzer 2002).<br />

Da jede der etwa 100 Milliarden Nervenzellen mit bis zu 10.000 anderen Nervenzellen in Verbindung treten<br />

kann, ergeben sich daraus etwa 100 Billionen Synapsen. Wir bewegen uns hier also in einem Zahlenraum von<br />

kaum vorstellbarer Größe. 100 Billionen, das sind ausgeschrieben 100.000.000.000.000 Synapsen, an denen<br />

Aktionspotenziale übertragen werden.<br />

Trifft ein Aktionspotenzial an einer Synapse ein, öffnen sich Bläschen (Vesikel) im Innern der Synapse. Aus diesen<br />

Vesikeln strömen Überträgerstoffe (Neurotransmitter) aus, die mit der Wand der Synapse verschmelzen. Auf diese<br />

Weise kann der Neurotransmitter freigesetzt werden und ein nachgeschaltetes Neuron aktivieren (Spitzer 2002).<br />

Diese Erregung kann schwach oder stark ausfallen. Ob ein Nervenimpuls eine starke oder schwache Erregung am<br />

Empfängerneuron erzeugt, hängt nicht vom Impuls selbst ab (dieser ist immer gleich und entweder vorhanden<br />

oder nicht), sondern von der Synapsenstärke. Ist die synaptische Verbindung stark, wird das nachgeschaltete<br />

Neuron stark erregt. Ist die Verbindung schwach, bewirkt der eingehende Impuls am Empfängerneuron keine<br />

Veränderung (Spitzer 2002).<br />

Schematische Darstellung zur<br />

Übertragung von Nervenimpulsen<br />

(modifiziert nach Spitzer<br />

2002). Ein Nervenimpuls tritt<br />

an einer Synapse ein. Im Innern<br />

der Synapse öffnen sich Vesikel,<br />

aus denen Neurotransmitter ausströmen<br />

und mit der Wand der<br />

Synapse verschmelzen. Dadurch<br />

wird ein nachgeschaltetes Neuron<br />

erregt.<br />

Zellkörper<br />

Synapsen<br />

Hier tritt der gleiche Impuls<br />

bei einer anderen Synapse ein.<br />

Der Impuls bewirkt jedoch nur<br />

eine geringe Ausschüttung von<br />

Neurotransmittern, wodurch das<br />

nachgeschaltete Neuron nicht<br />

erregt wird. Die synaptische Verbindung<br />

ist zu schwach.<br />

Axon<br />

Schematische Darstellung von Neuronen (modifiziert nach Spitzer<br />

2002). Das Neuron erhält am Zellkern und an seinen Dendriten<br />

eingehende Impulse anderer Neuronen. Diese Impulse verarbeitet<br />

das Neuron. Über sein langes Axon kann das Neuron selbst Impulse<br />

weiterleiten.<br />

Wie stark oder schwach die Synapsenstärke ist, hängt davon ab, wie viele Impulse die Synapse zuvor<br />

erreicht haben. Die Veränderung der Synapsenstärke kann sich innerhalb von Sekunden bis mehreren<br />

Stunden vollziehen. Sie ist gebrauchsabhängig und wird von uns und unseren Erfahrungen<br />

bestimmt (Spitzer 2002).


Teil 1 Teil 1<br />

Das bedeutet, dass diese molekularbiologischen Prozesse auch bei Ihnen beim Lernen und Verstehen der<br />

beschriebenen Sachverhalte ablaufen. Auch bei Ihnen verändern sich die Synapsengewichte – mit PFiFF sozusagen<br />

–, ohne dass Sie davon etwas spüren. Synapsen können durch ihren Gebrauch wachsen, wodurch sich<br />

ihre Verbindung und Übertragung verbessert. Umgekehrt bilden sich Synapsen, die nicht beansprucht werden,<br />

wieder zurück. Dafür gibt es im Amerikanischen die schöne Bezeichnung: „Use it or loose it.“ (Benutze es oder<br />

verliere es) (Kempermann 2012).<br />

Es kommt also auf das Wiederholen bzw. auf das Üben an, ganz gleich, ob beim Vokabellernen, beim Erlernen<br />

von Regeln, von Einstellungen und Haltungen oder beim Erwerb von Fertigkeiten und Fähigkeiten (Spitzer 2002).<br />

Das gilt auch für den Sport. Wenn wir einen neuen Bewegungsablauf oder eine neue Sportart erlernen, dann<br />

müssen wir trainieren. Je öfter das Training stattfindet, desto besser werden wir. Ebenso verhält es sich mit dem<br />

Lernen der Selbstregulation. Je häufiger Kinder die Möglichkeit erhalten, ihre Emotionen, ihre Aufmerksamkeit<br />

und ihr Verhalten zu steuern, desto besser lernen sie diese Fähigkeiten und entsprechend verändern sich ihre<br />

Synapsenstärken in den Gehirnstrukturen, die für das Erlernen der Selbstregulation zuständig sind.<br />

Das Gegenteil sollte jedoch der Fall sein. In solchen und weiteren Situationen sollte auf das Einhalten von klaren<br />

Verhaltensregeln so lange geachtet werden, bis die Heranwachsenden schließlich gelernt haben, sich entsprechend<br />

den Regeln zu verhalten. Und das geht nur über die dafür notwendigen Veränderungen an den Synapsen.<br />

Wissenstransfer mit PFiFF<br />

Lernen findet im Gehirn an den Synapsen statt. Da Synapsen langsam<br />

lernen, müssen wir wiederholen, um zu lernen. Das gilt für das<br />

motorische Lernen ebenso wie für das Erlernen der Selbstregulation.<br />

Beides geht bei PFiFF Hand in Hand. Das Erlernen der Selbstregulation<br />

benötigt also, wie das Training im Sport, viel Zeit und Übung.<br />

Es erfordert von den Pädagogen, Übungsleitern und Trainern vor<br />

allem eines: Geduld. Geduld insbesondere mit Kindern, die zunächst<br />

noch größere Schwierigkeiten damit haben, ihr Denken, ihr Verhalten<br />

und ihre Emotionen zu regulieren. Da das Gehirn nicht einzelne Erfahrungen,<br />

sondern allgemeine Regeln speichert, unterstützen klare wiederkehrende<br />

Regeln, Strukturen und Rituale Kinder und Jugendliche<br />

dabei, sich zunehmend besser steuern zu können.<br />

1.2 Die Plastizität des Gehirns<br />

Der vertraute Kommentar: „Das hab’ ich Dir doch schon ein paar Mal gesagt“, ist zwar nachvollziehbar, aber nicht<br />

hilfreich. „Das werden wir immer wieder üben“, entspricht dagegen weit mehr der Funktionsweise des Gehirns.<br />

Dabei merkt sich das Gehirn nicht jede einzelne Erfahrung, was auch nicht sinnvoll wäre, sondern leitet aus den<br />

vielfältigen einzelnen Erfahrungen allgemeine Regeln ab.<br />

Man geht davon aus, dass Gehirne zur Steuerung von Bewegungen entstanden sind und dass in der Evolution<br />

zunächst Kognition nur über Bewegung möglich war (Kempermann 2012). Aus diesem Grund verwundert<br />

es nicht, dass körperliche Aktivität selbst höhere geistige Leistungen und dabei insbesondere die exekutiven<br />

Funktionen beeinflusst, die der Selbstregulation zugrunde liegen (siehe Abschnitt 2.8).<br />

Wenn man sich bewegt, steigt gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit einer kognitiven Reaktion. Das Gehirn eines<br />

körperlich aktiven Menschen stellt sich auf diesen Zusammenhang ein, indem es ein erhöhtes Potenzial für<br />

strukturelle Plastizität und Anpassungsfähigkeit zur Verfügung stellt (Kempermann 2012). Die Anpassungsvorgänge<br />

im Zentralnervensystem, die durch unsere Lebenserfahrungen – und damit auch durch den Sport –<br />

bestimmt werden und wodurch alle Gehirne einzigartig sind, bezeichnet man als Neuroplastizität (Spitzer 2002).<br />

Je früher das Potenzial für eine erhöhte Plastizität des Gehirns angelegt wird, desto größer und langanhaltender<br />

ist der Nutzen.<br />

Klare Regeln (z. B. bei der Übungserklärung: Aufstellung in Stirnreihen,<br />

die Aufmerksamkeit auf die Übung, den Vorturner und Trainer lenken)<br />

und Rituale (beim Aufstellen: Hände in die Hüften oder hinter den Rücken)<br />

unterstützen die Selbstregulationsfähigkeit von Kindern im Sport.<br />

Paul und Ole werden sich deshalb später nicht mehr daran erinnern, dass sie in der Turnstunde vor drei Wochen<br />

beim Anstellen miteinander gekämpft haben. So werden auch Lilli und Emma vergessen, was sie sich Schönes<br />

zu sagen hatten, als Felix Leni getreten hat. Diese einzelnen kleinen Informationen und Erlebnisse werden sie<br />

vergessen. Die allgemeine Regel, die die Kinder aber aus solchen wiederkehrenden Situationen im Sport ableiten<br />

werden, ist die, dass man beim Warten nicht aufmerksam sein muss und andere Kinder ärgern darf.<br />

Die durch körperliche Aktivität bedingten Anpassungsvorgänge vollziehen sich bereits im Fetalstadium. Bewegung<br />

zählt zu den wichtigsten Stimulationen des fetalen Gehirns (Eliot 2002). Die Anpassungsvorgänge werden<br />

sowohl durch die Bewegungen des Fötus als auch durch die der Mutter angeregt. Wissenschaftler gehen davon<br />

aus, dass sportliche Aktivität der Mutter während der Schwangerschaft die Plastizität des kindlichen Gehirns<br />

überdauernd erhöht und damit nicht nur Gedächtnisleistungen (Kim et al. 2007), Lernprozesse (Parnpiansil<br />

2003) und Selbstregulation (Clapp, Lopez u. Harcar-Sevcik 1999) in der Kindheit positiv beeinflusst, sondern auch<br />

einen langanhaltenden Schutz vor altersbedingten sowie vor neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen<br />

bieten kann (Herring et al. 2012, Kempermann 2012).<br />

Die Neuroplastizität ist jedoch nicht auf eine bestimmte Phase beschränkt, sondern läuft während des gesamten<br />

Lebens eines Organismus ab – zunächst sehr schnell, später langsamer (Spitzer 1996). Altersbedingte Unterschiede<br />

in der Anpassungsfähigkeit von Gehirnen zeigen sich nicht nur beim Menschen, sie wurden auch im


Teil 1<br />

Teil 1<br />

Tierexperiment nachgewiesen. In einer Studie an der Stanford Universität wurden<br />

jungen Eulen Prismenbrillen aufgesetzt, die ihre Blickrichtung und damit<br />

ihre Wahrnehmung veränderten. Nach drei Wochen hatten sich die Jungtiere<br />

an die neue Perspektive gewöhnt. Als sie erwachsen waren, konnte man ihnen<br />

die Brillen beliebig auf- und absetzen. Sie hatten keine Umstellungsprobleme.<br />

Eulen dagegen, denen Prismenbrillen nicht in der Kindheit, sondern erst dann<br />

aufgesetzt wurden, als sie ausgewachsen waren, lernten nicht mehr, sich an die<br />

neue Wahrnehmung zu gewöhnen (Knudsen 1998).<br />

Dieses Tierexperiment lässt sich auf den Menschen und auf den Sport übertragen. Die schnelle<br />

Umstellungsfähigkeit (kognitive Flexibilität) ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg in Schule<br />

und Beruf. In einem vielseitigen Sportangebot ist das Training der kognitiven Flexibilität auf spielerische Art und<br />

in nahezu unbegrenzter Vielfalt möglich: Der schnelle Wechsel von Verteidigung auf Angriff in vielen Sportspielen<br />

sowie das Training der Umstellungsfähigkeit bei variablem taktischen Vorgehen, die Rhythmusvorgabe<br />

durch die Musik beim Tanzen, die veränderte Körperwahrnehmung beim Schwimmen oder beim Skifahren, die<br />

unterschiedlichen Wurftechniken der Leichtathletik, die Flugphasen und Rotationen um die eigene Körperachse<br />

beim Turnen und der Waldlauf im Dunkeln, all dies sind nur wenige Beispiele für das Potenzial an Anpassungsleistungen,<br />

die der Sport bietet.<br />

Scheitellappen (Parietallappen) Der Scheitellappen steuert das Tastgefühl und die<br />

Körperwahrnehmung.<br />

Hinterhauptslappen (Okzipitallappen) Im Hinterhauptslappen werden vorwiegend<br />

visuelle Informationen verarbeitet.<br />

Stirnlappen<br />

Sulcus centralis (Zentralfurche)<br />

Scheitellappen<br />

Durch den Sport trainiert man also nicht nur den Körper, sondern auch die Anpassungsfähigkeit und somit die<br />

Plastizität des Gehirns. Da das kindliche Gehirn plastischer und damit trainierbarer ist als das von Erwachsenen,<br />

sollte es Kindern frühzeitig ermöglicht werden, auf vielfältige Weise sportlich aktiv zu sein. Ein großes und qualitativ<br />

hochwertiges Sportangebot in Kindergärten, Schulen und Vereinen ist deshalb so bedeutsam, weil in einer<br />

wichtigen Entwicklungsphase des Gehirns auf seine Strukturen und<br />

Funktionen eingewirkt wird, wodurch die Neuroplastizität und Lernprozesse<br />

überdauernd gefördert werden.<br />

Bevor wir auf zwei bedeutende Formen von Neuroplastizität eingehen<br />

werden – auf die hippokampale Neurogenese (Abschnitt 1.4) und die<br />

kortikale Plastizität (Abschnitt 1.5) –, befassen wir uns zunächst mit<br />

dem Aufbau und den Funktionen des Gehirns.<br />

Schläfenlappen<br />

Sulcus lateralis (Zentralfurche)<br />

Hinterhauptslappen<br />

1.3 Aufbau und Funktionen des Gehirns<br />

Wir haben eingangs das Aussehen des Gehirns mit einer Walnuss verglichen. Damit sind die beiden Hälften<br />

der Großhirnrinde (Kortex) mit ihrer gefalteten Struktur gemeint. Diese Faltungen sind im Laufe der Evolution<br />

entstanden, da das Volumen der Großhirnrinde schneller gewachsen ist als der Schädel. Die Furchen bezeichnet<br />

man als Sulci (Singular: Sulcus), die Windungen als Gyri (Singular: Gyrus) (Kandel, Schwartz u. Jessel 1996).<br />

Jede Großhirnhälfte besteht aus vier Lappen, deren Grenzen entlang der wichtigsten Sulci (centralis und lateralis)<br />

festgelegt wurden (Kandel, Schwartz u. Jessel 1996):<br />

Stirnlappen (Frontallappen) Der Stirnlappen ist für die höchsten Gehirnfunktionen<br />

und die Bewegungskontrolle zuständig.<br />

Schläfenlappen (Temporallappen)<br />

Der Schläfenlappen ist am Hören, an Lern- und<br />

Gedächtnisprozessen sowie an der Verarbeitung<br />

von Emotionen beteiligt.<br />

Obwohl man den Eindruck hat, das Gehirn sei vollkommen symmetrisch aufgebaut (bis auf die Zirbeldrüse sind<br />

alle Bestandteile des Gehirns in beiden Großhirnhälften angelegt), ist das nicht der Fall. Gleiches gilt für die<br />

Funktionen des Gehirns. Jede der beiden Hirnhälften hat ihre eigenen Stärken und Schwächen. Während zum<br />

Beispiel Wahrnehmungsleistungen in der rechten Hirnhälfte besser ablaufen, ist die Fähigkeit zu sprechen in<br />

der Regel eine Leistung des linken Schläfenlappens. Weitere Unterschiede zeigen sich bei der Verarbeitung von<br />

sensorischen und motorischen Informationen. Die rechte Großhirnhälfte steuert schwerpunktmäßig die<br />

sensorischen und motorischen Prozesse der linken Körperseite, die linke Großhirnhälfte dagegen die der rechten<br />

Körperhälfte (Kandel, Schwartz u. Jessel 1996).<br />

Hinten unterhalb der Großhirnrinde befindet sich das Kleinhirn (Cerebellum), das mit dem Stammhirn verbunden<br />

ist. Das Kleinhirn, das eine stark gefurchte Oberfläche aufweist, reguliert Kraft und Ausmaß von Bewegungen und<br />

ist am Erwerb motorischer Fertigkeiten beteiligt. Es empfängt sensorische Informationen aus dem Rückenmark,<br />

motorische Informationen aus der Großhirnrinde und Informationen über das Gleichgewicht aus dem Innenohr.<br />

Über all diese Informationen ist das Kleinhirn in der Lage, Bewegungsabläufe zu planen, die Skelettmuskulatur zu<br />

koordinieren und die Körperhaltung zu kontrollieren (Kandel, Schwartz u. Jessel 1996).


Teil 1<br />

Teil 1<br />

Kleinhirn<br />

Hirnstamm<br />

Rückenmark<br />

Der Hirnstamm geht nach unten in das Rückenmark über. Es empfängt sensorische Informationen von Haut,<br />

Gelenken und Muskeln und übermittelt diese an das Gehirn. Informationen aus dem Gehirn leitet der Hirnstamm<br />

an das Rückenmark weiter. Des Weiteren reguliert der Hirnstamm Wachheits- und Aufmerksamkeitszustände,<br />

kontrolliert Verdauung, Atmung und Herzschlag und gibt Informationen über Bewegungen von der Großhirnrinde<br />

zum Kleinhirn weiter (Kandel, Schwartz u. Jessel 1996).<br />

Die beiden Großhirnhälften stehen über das Corpus callosum (Balken) in Kontakt. Dieses große Faserbündel<br />

leitet ständig Informationen zwischen den beiden Hirnhälften hin und her.<br />

Über das Corpus callosum findet der Informationsaustausch<br />

zwischen den beiden Großhirnhälften statt (modifiziert nach<br />

Carter 1999).<br />

Wissenstransfer mit PFiFF<br />

Nehmen wir unser Wissen zum Aufbau und zu den Funktionen des Gehirns einmal mit PFiFF und Pfote<br />

auf das Spielfeld. Pfote wurde gerade bei einem entscheidenden Spiel um die Handballmeisterschaft<br />

gefoult. Der Schiedsrichter gibt einen Siebenmeter, den Pfote selbst ausführt. Er schnappt sich den Ball<br />

und geht damit zum Siebenmeterpunkt.<br />

Über seinen sensorischen Kortex im Scheitellappen erhält Pfote Informationen über den Druck des<br />

Balles in seiner rechten Hand, aber auch über die Position seiner Arme, Beine und des Rumpfes im<br />

Raum. Damit der Ball den Weg ins Tor finden kann, ist Pfotes Kleinhirn gefordert, das die Bewegungsabläufe,<br />

die zum Torwurf führen, koordiniert. Gleichzeitig muss sein Motorkortex im Stirnlappen alle<br />

notwendigen Befehle zum Halten und Werfen des Balles gezielt an die entsprechenden Muskeln seines<br />

Körpers leiten.<br />

Mit dem Hinterhauptslappen erkennt Pfote den Torhüter der Gegenmannschaft: Es ist PFiFF, der beste<br />

Keeper der Liga! Pfote wird zunehmend nervös. Seine Mandelkerne im limbischen System lassen Puls,<br />

Blutdruck und Muskelspannung über den Hirnstamm ansteigen. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren<br />

und tief durchatmen, das beruhigt die Mandelkerne.<br />

Nun wählt Pfote über das Stirnhirn die Ecke aus, in die er den Ball werfen will. Doch Vorsicht Pfote, auch<br />

PFiFF ist gut vorbereitet. In seinem Hippokampus hat PFiFF abgespeichert, dass Pfote in entscheidenden<br />

Spielsituationen meistens in die rechte obere Ecke zielt. Da ertönt der Pfiff des Schiedsrichters, den<br />

Schütze und Torhüter über ihre Schläfenlappen hören. Der Siebenmeter ist freigegeben …<br />

Limbisches System<br />

Unterhalb des Corpus callosum befindet sich der Hippokampus<br />

(Seepferdchen) und die Amygdala (Mandelkern),<br />

die dem limbischen System zugeordnet werden.<br />

Der Hippokampus spielt eine bedeutende Rolle für<br />

das Gedächtnis (Abschnitt 1.4). Die Amygdala gilt im<br />

Zusammenhang mit der Verarbeitung von Emotionen<br />

(Gefühlen) als die wichtigste Struktur des limbischen<br />

Systems.<br />

Amygdala<br />

Hippokampus<br />

Das Werfen eines Balles gilt in der Neurowissenschaft als eine einfache Willkürbewegung, die tatsächlich hochkomplex<br />

abläuft und hier in vereinfachter Form dargestellt wurde. Beim Sport ist im Grunde das ganze Gehirn<br />

gefordert. Da kommt selbst der Hippokampus zum Einsatz, den man auf den ersten Blick nicht mit dem Sport in<br />

Zusammenhang bringen würde. Später erfahren Sie außerdem, dass Struktur und Funktionen des Hippokampus<br />

insbesondere von Ausdauerbelastungen in hohem Maße profitieren.


Teil 1<br />

Teil 1<br />

1.4 Hippokampale Neurogenese<br />

Der Hippokampus ist notwendig für<br />

deklarative<br />

(verbalisiertes Wissen<br />

über Fakten und Ereignisse)<br />

episodische<br />

(Erinnerungen an persönlich erfahrene Ereignisse)<br />

räumliche<br />

Lern- und Gedächtnisprozesse<br />

Die Hauptstadt<br />

von Deutschland ist Berlin.<br />

Die Hauptstadt<br />

von Frankreich ist Paris.<br />

Die Hauptstadt<br />

von Italien ist Rom.<br />

Die Hauptstadt<br />

von Schweden<br />

ist Stockholm.<br />

Zeitung lesen, ohne dass uns die Nachrichten langweilen würden, und wir müssten uns bei jedem Treffen neu<br />

vorstellen, weil wir dies schon bei der nächsten Begegnung vergessen hätten.<br />

Die Neubildung von Nervenzellen im Hippokampus wird durch körperliche Aktivität entscheidend angeregt,<br />

wodurch dem Sport ein über viele Jahre unbekannter bedeutender Stellenwert im Hinblick auf die Förderung<br />

kognitiver Funktionen zukommt. Körperliche Aktivität in Form von Ausdauerbelastungen fördert das Neuronenwachstum<br />

im Hippokampus, indem sich neurale Stammzellen zu neuronalen Vorläuferzellen weiterentwickeln,<br />

an ihren Zielort wandern und dort zu funktionsfähigen Neuronen werden. Die Anzahl der neu gebildeten Nervenzellen<br />

lässt sich dabei durch körperliches Training verdoppeln (Ameri 2001).<br />

Während körperliche Aktivität die hippokampale Neurogenese stimuliert, kann sich wiederholter Stress schädigend<br />

auf die Hippokampusformation auswirken (McEwen 1999). So wurde die verstärkte Neubildung von<br />

Nervenzellen nur bei freiwilliger und nicht bei erzwungener körperlicher Belastung nachgewiesen (Ameri 2001).<br />

Zwar scheint Stress das Überleben der neu gebildeten Neuronen nicht direkt zu beeinflussen, er führt jedoch zu<br />

einem Rückgang der Neurogenese und, darüber hinaus, zu einem allgemeinen reversiblen, aber auch irreversiblen<br />

Verlust von hippokampalen Neuronen (Ameri 2001, McEwen 1999). Stresshormone bewirken zum einen, dass<br />

das Gehirn weniger Glukose aufnehmen kann, wodurch sich<br />

das Energieangebot verringert. Zum anderen erhöhen sie die<br />

PFiFF<br />

Toxizität des Neurotransmitters Glutamat. Beide Faktoren<br />

Pfote<br />

führen zu Schäden am Hippokampus und dadurch zu einer<br />

Leistungsminderung hippokampaler Funktionen. In weiterer<br />

Folge kann chronischer Stress zum Zelluntergang im Hippokampus<br />

beitragen und sich damit ebenfalls ungünstig auf das<br />

Lernen und das Gedächtnis auswirken (Spitzer 2002).<br />

In dieser Gehirnstruktur wurde 1998 eine unerwartete und zugleich bedeutende Form von Neuroplastizität<br />

entdeckt: die Neubildung von Nervenzellen, die man als Neurogenese bezeichnet (Eriksson et al. 1998).<br />

Zu diesem Zeitpunkt war allerdings noch nicht eindeutig geklärt, ob diese Erkenntnisse nicht nur von struktureller,<br />

sondern auch von funktioneller Bedeutung sind. Dabei ging es in erster Linie um die Frage nach der<br />

Integration neuer Nervenzellen in bereits bestehende Neuronenverbände und darum, ob durch die hippokampale<br />

Neurogenese Lernprozesse entscheidend verbessert werden können (Unger u. Spitzer 2000). Im Jahr 2000<br />

wurde schließlich der Nachweis erbracht, dass die neu gebildeten Neuronen tatsächlich mit den bestehenden<br />

neuronalen Netzwerken synaptisch verschaltet werden. Auf diese Weise spielen sie eine bedeutende Rolle bei<br />

dem Wiedererwerb von Fähigkeiten, die durch Neuronenuntergang verloren gegangen sind (Scharff et al. 2000).<br />

Im darauffolgenden Jahr zeigte sich, dass die nachwachsenden Neuronen im Hippokampus für Lernprozesse<br />

wichtig sind und ein schnelleres Lernen ermöglichen als ältere Nervenzellen (Spitzer 2002). In Bezug auf räumliche<br />

Gedächtnisprozesse werden die neu gebildeten Neuronen bevorzugt beim Lernen und Erinnern von neuen<br />

Gedächtnisinhalten aktiviert (Kee et al. 2007).<br />

PFiFF<br />

Diese Erkenntnisse sind faszinierend, ging man noch bis in die<br />

Pfote 1990er-Jahre davon aus, dass ein Nachwachsen von Nervenzellen<br />

im erwachsenen Gehirn nicht erfolge (Spitzer 2002).<br />

Dass zudem eine Gehirnstruktur davon betroffen ist, der eine zentrale Rolle<br />

bei Lern- und Gedächtnisprozessen zukommt, ließ die Fachwelt erstaunen.<br />

Denn ohne Hippokampus sind wir nicht in der Lage, uns an einzelne Begebenheiten<br />

zu erinnern. Ohne Hippokampus könnten wir jeden Tag dieselbe<br />

Wissenstransfer mit PFiFF<br />

Um die Neubildung von Nervenzellen im Hippokampus anzuregen und zu unterstützen,<br />

sollten wir den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geben, sich viel und<br />

ausdauernd zu bewegen. Das kann durch Laufspiele oder Seilspringen geschehen,<br />

durch das Fußballspiel auf dem Schulhof oder das Räuber- und Gendarm-Spiel im<br />

Wald. Dafür gibt es unzählige Möglichkeiten.<br />

Wichtig ist, dass sie Spaß an sportlicher Aktivität haben. Freude empfinden Kinder<br />

und Jugendliche vor allem dann, wenn sie sich bei der Auswahl der Sportangebote<br />

selbst einbringen können und wir uns als Erwachsene am Spiel aktiv beteiligen. Die<br />

PFiFF Übungsleiter, Trainer und Pädagogen stehen deshalb nicht passiv am Spielfeldrand,<br />

sondern mitten im sportlichen Geschehen, ob als Schiedsrichter, Coach, Teil<br />

der Mannschaft, Trainingspartner, Fänger oder Gejagter. Je aktiver die Erwachsenen,<br />

desto aktiver die Heranwachsenden, was sich positiv auf die hippokampale Neurogenese<br />

und damit auf Gedächtnis- und Lernleistungen der kleinen und großen Sportler<br />

auswirken kann.


Teil 1<br />

Teil 1<br />

1.5 Kortikale Plastizität<br />

Wir wissen nun, dass Synapsen (gebrauchsabhängig) und Neuronen (angeregt durch körperliche Aktivität) im<br />

Gehirn wachsen. Es können aber auch ganze neuronale Flächen, man spricht von Karten, im Kortex an Größe<br />

zu- oder abnehmen. Von diesen plastischen Karten gibt es mehrere Hundert (Spitzer 2002). Wir nehmen exemplarisch<br />

den sensorischen Kortex etwas genauer unter die Lupe und stellen fest, dass die Körperoberfläche auf<br />

dem sensorischen Kortex landkartenförmig repräsentiert ist.<br />

Motorischer Kortex<br />

Sulcus centralis (Zentralfurche)<br />

Sensorischer Kortex<br />

Die Repräsentationen der verschiedenen Körperbereiche<br />

sind nach dem Prinzip Ähnlichkeit<br />

und Häufigkeit geordnet (Spitzer 1996).<br />

So sind die Finger neben den Händen repräsentiert,<br />

da der eingehende Input ähnlich ist.<br />

Die kortikale Repräsentation der Hände wiederum<br />

befindet sich neben der der Arme.<br />

Pfotes Finger haben im Gegensatz zu seinem Rücken viel häufiger sensorischen Input verarbeiten müssen,<br />

weshalb er am Finger die Bleistiftspitzen deutlicher wahrnehmen kann als auf dem Rücken. Und dies, obwohl der<br />

Abstand zwischen den Stiften auf dem Rücken um einiges größer war als auf dem Finger, was die Wahrnehmung<br />

der Spitzen erheblich vereinfachte. Dies spricht für eine deutlich größere kortikale Repräsentation der Finger als<br />

des Rückens in Pfotes Gehirn.<br />

Was für den sensorischen Kortex gilt, gilt auch für den Motorkortex. Das erklärt, weshalb sehr gute Badmintonspieler<br />

im Vergleich zu Anfängern eine größere motorische Repräsentation der Hand aufweisen. Und vergleicht<br />

man Volleyballspieler mit Läufern, dann findet man bei den Volleyballern größere und vermehrt überlappende<br />

Repräsentationen verschiedener Muskeln im Schulterbereich (Beck 2008). Kortikale Karten unterliegen also<br />

einer ständigen erfahrungsabhängigen Umorganisation, die auch durch sportliches Training hervorgerufen wird.<br />

Es tut sich also einiges beim Sport im Gehirn auf der Ebene von Synapsen (im Zeitraum von Sekunden bis Stunden),<br />

von Neuronen (im Zeitraum von Tagen bis Wochen) und neuronalen Karten (im Zeitraum von Monaten bis<br />

Jahren) (Spitzer 2002). Sport hat aber auch einen großen Einfluss auf verschiedene Neurotransmitter.<br />

Füße<br />

Beine<br />

Genitalien<br />

Rücken Kopf<br />

Schultern<br />

3.<br />

1.<br />

Arme<br />

Die Körperoberfläche ist im sensorischen Kortex<br />

landkartenförmig repräsentiert (modifiziert nach<br />

Carter 1999).<br />

Hände<br />

Finger<br />

Gesicht<br />

Lippen<br />

1!<br />

4.<br />

2.<br />

Es fällt zudem auf, dass dem großflächigen<br />

Rücken eine vergleichsweise kleine kortikale<br />

Repräsentation zukommt, im Gegensatz beispielsweise<br />

zu den Füßen oder Armen und<br />

Händen. Hier kommt das Prinzip der Häufigkeit<br />

zum Tragen. Häufiger Input wird auf<br />

einer größeren Fläche repräsentiert als seltener<br />

Input (Spitzer 1996).<br />

Am Rücken verarbeiten wir kaum sensorische<br />

Reize; anders als bei den Händen oder Fingern.<br />

Das kann man leicht testen. PFiFF und<br />

Pfote demonstrieren uns das kurz:<br />

1. PFiFF hält zwei gut gespitzte Bleistifte in seinen<br />

Händen, mit denen er Pfote gleich piksen wird.<br />

2. Pfotes Augen sind verbunden. 3. PFiFF setzt kurz<br />

die beiden Bleistifte im Abstand von bis zu 7 cm<br />

auf Pfotes Rücken auf. 4. Pfote muss einschätzen,<br />

ob PFiFF ihn mit einem oder mit zwei Bleistiften<br />

gepikst hat. Pfote hat nur eine Bleistiftspitze wahrgenommen.<br />

5. Nun setzt PFiFF auf Pfotes Zeigefinger<br />

zwei Bleistiftspitzen auf. 6. Pfote ist sich ganz<br />

sicher, dass er zwei Bleistifte gespürt hat.<br />

5.<br />

6.<br />

2!<br />

1.6 Der Neurotransmitter Serotonin<br />

Wie Sie eingangs gelernt haben, kommunizieren die Milliarden von Nervenzellen des Gehirns in erster Linie über<br />

die Ausschüttung von Neurotransmittern an den Synapsen. Einer dieser Neurotransmitter ist Serotonin.<br />

Serotonin kommt sowohl im Körper als auch im Gehirn vor. Über 90 Prozent sind im Magen-Darm-Trakt, weitere<br />

fast zehn Prozent sind in den Thrombozyten (Blutplättchen) vorhanden. Auf das Gehirn entfällt lediglich etwa ein<br />

Prozent des im gesamten Körper befindlichen Serotonins (Hüther u. Rüther 2000).<br />

Der Ursprungsort der serotonergen Neuronen liegt in den Raphe-<br />

Kernen des Hirnstamms. Im Jahr 1953 wurde zum ersten Mal<br />

Serotonin im Gehirn nachgewiesen. Die ersten Untersuchungen<br />

zum Einfluss von körperlicher Belastung auf die Neurotransmitterfreisetzung<br />

stammen bereits aus den 1960er-Jahren, aber erst in<br />

den 1980er-Jahren begann man zu verstehen, welche Bedeutung<br />

dem Serotonin für Gehirnfunktionen zukommt (Meeusen et al.<br />

2001). Der Neurotransmitter Serotonin beeinflusst auf struktureller<br />

Ebene die Bildung neuronaler Netzwerke in seinen weitreichenden<br />

Zielgebieten. Man geht heute davon aus, dass es im Zentralnervensystem<br />

kaum eine Nervenzelle gibt, die nicht in ihrer Funktion durch<br />

Serotonin beeinflusst wird (Hüther u. Rüther 2000).<br />

Raphe-Kerne<br />

Serotonin wird in den Raphe-Kernen des<br />

Hirnstamms gebildet und von dort in seine<br />

weitreichenden Zielgebiete transportiert<br />

(modifiziert nach Spitzer 1996).<br />

Obwohl also prozentual gesehen dem zentralen serotonergen System des menschlichen Gehirns nur eine geringe<br />

Rolle zukommt, ist die funktionsgebende Bedeutung des serotonergen Systems groß.<br />

Der Neurotransmitter Serotonin beeinflusst praktisch alle zentralnervös gesteuerten Funktionen und ist so u. a.<br />

beteiligt an der Regulation von Stimmung, Appetit, Schlaf, Schmerz- und Stressverarbeitung, Angst, Gedächtnis,<br />

Aggression, motorischer Aktivität und der zirkadianen (tages-) Rhythmik (Hüther u. Rüther 2000). Die serotoninsteigernde<br />

Wirkung von körperlicher Aktivität scheint sich damit auch positiv auf die Selbstregulationsfähigkeit<br />

auszuwirken.<br />

Kann das Serotoninsystem aufgrund genetischer oder nachteiliger frühkindlicher Entwicklungsbedingungen nicht<br />

optimal ausreifen, besteht, so vermutet man, schon früh die Prädisposition für impulsives, antisoziales, aggressives<br />

und/oder melancholisches Verhalten. Aus diesen Verhaltensauffälligkeiten können in der weiteren Folge<br />

neurologisch-psychiatrische Erkrankungen entstehen (Hüther u. Rüther 2000), die teilweise mit Medikamenten<br />

behandelt werden, die auf pharmakologische Weise die Serotoninsynthese im Gehirn steigern.


Teil 1 Teil 1<br />

Eine Hauptfunktion des Serotoninsystems im Gehirn liegt in der Förderung von Bewegung. Gleichzeitig beeinflusst<br />

körperliche Aktivität die Serotoninkonzentration im Gehirn. Das ist beeindruckend, denn abgesehen von<br />

körperlicher Aktivität reagieren serotonerge Neuronen des Hirnstamms nur unwesentlich auf Umgebungsreize<br />

oder physiologische Stimuli wie Hitze, Lärm, Schmerz, Angst, Morphine (Schmerzmittel), künstlich veränderten<br />

Blutdruck sowie durch Insulinzufuhr erzeugte Hypoglykämie (zu niedriger Blutzuckerspiegel) (Jacobs u. Fornal<br />

1999). Und obwohl diese Faktoren zu physiologischen Veränderungen führen und einen starken Einfluss auf das<br />

Verhalten haben, bewirken sie lediglich geringe Veränderungen der Serotoninkonzentration im Wachzustand.<br />

Dies ist um so erstaunlicher, als es während des Schlafes zu großen Konzentrationsunterschieden kommt. Im<br />

Vergleich zum Wachzustand reduziert sich beim Einschlafen die serotonerge neuronale Aktivität im Hirnstamm<br />

um etwa 50 Prozent. Im auf den Tiefschlaf folgenden REM-Schlaf (engl. Rapid Eye Movements; schnelle Augenbewegungen)<br />

geht die Aktivität fast aller Serotoninneuronen der Raphe-Kerne sogar gegen Null (Jacobs u. Fornal<br />

1999). Aber wie gelingt es, über körperliche Aktivität die Serotoninkonzentration im Gehirn zu steigern? Hier sind<br />

wieder PFiFF und Pfote gefordert, um diesen Mechanismus, den man als Serotoninbiosynthese bezeichnet, zu<br />

veranschaulichen. Dann lauft mal los ihr beiden!<br />

Das Tryptophan ist<br />

mit dem Eiweiß im Blut<br />

verbunden. PFiFF und<br />

Pfote beginnen zu laufen.<br />

Sie fangen an, zu schwitzen<br />

und dabei Fett zu<br />

verbrennen. Die freien<br />

Fettsäuren im Blut steigen an.<br />

Die freien Fettsäuren<br />

lösen das Eiweiß<br />

vom Tryptophan.<br />

Es befindet sich 75% mehr<br />

freies Tryptophan im Blut.<br />

Das freie Tryptophan besetzt<br />

einen Carrier und kann damit die<br />

Blut-Hirn-Schranke passieren.<br />

Das freie Tryptophan<br />

befindet sich damit im<br />

Gehirn.<br />

Das freie Tryptophan wird<br />

in Serotonin umgewandelt.<br />

In den ersten 10 Erholungsminuten<br />

steigt das<br />

Serotonin nochmals an.<br />

Im Blut<br />

= Eiweiß<br />

= Carrier (Transporter)<br />

Auch andere Aminosäuren wollen<br />

den Transporter besetzen, werden<br />

aber durch die körperliche Belastung<br />

von der Muskulatur aufgenommen.<br />

Blut-Hirn-Schranke<br />

Im Gehirn<br />

= Tryptophan<br />

= freie Fettsäure<br />

= andere Aminosäuren<br />

= Serotonin<br />

Ausgangsstoff für die Serotoninbiosynthese ist die Aminosäure Tryptophan (Hüther u. Rüther 2000). Durch Sport<br />

(insbesondere Ausdauerbelastungen) geht das an das Plasmaeiweiß gebundene Tryptophan (TRP) durch den<br />

Anstieg freier Fettsäuren in eine freie Form (f-TRP) über und kann damit die Blut-Hirn-Schranke passieren<br />

(Chaouloff 1997). Die Transportrate an diesem Übergang hängt von der relativen Größe der peripheren<br />

Plasmaspiegel ab. Da die verzweigtkettigen Aminosäuren, die mit der gesteigerten Konzentration an f-TRP um<br />

den Eintritt in das Gehirn konkurrieren, verstärkt von der Muskulatur aufgenommen werden, steigt die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass das f-TRP an der Blut-Hirn-Schranke einen Transporter besetzen und auf diese Weise in das<br />

Gehirn gelangen kann. Aus Tryptophan wird schließlich Serotonin synthetisiert (Hüther u. Rüther 2000).<br />

Die nachgewiesene stimmungssteigernde und angstlösende Wirkung des Sports sowie die Verbesserung geistiger<br />

Funktionen nach körperlicher Belastung werden unter anderem auf Mechanismen zurückgeführt, die letztlich<br />

dazu führen, vermehrt Serotonin bereitzustellen (Kubesch 2008).<br />

Wissenstransfer mit PFiFF<br />

Wenn Kinder und Jugendliche Sport treiben und dadurch Fett verbrennen,<br />

erhöht sich die Sertoninkonzentration in ihren Gehirnen mit vielfältigen<br />

positiven Effekten: Stimmung bzw. Wohlbefinden können sich verbessern,<br />

Ängste und aggressives Verhalten abnehmen, Gedächtnisprozesse gefördert<br />

und die Stressverarbeitung unterstützt werden. Der Einfluss von Sport auf<br />

die Serotoninbiosynthese gleicht einem Wundermittel – zu deren Risiken und<br />

Nebenwirkungen müssen Sie keinen Arzt oder Apotheker befragen – da damit,<br />

vorausgesetzt man ist gesund, keine Nebenwirkungen verbunden sind.


Teil 1<br />

Teil 2<br />

1.7 Motivation und Dopamin<br />

Wenn es um Motivation geht, ist ein ganz anderer Neurotransmitter gefragt: das Dopamin. Wir haben vier<br />

Dopaminsysteme in unserem Gehirn: eines ist für die Steuerung von Bewegungsabläufen wichtig, ein weiteres<br />

für den Hormonhaushalt zuständig. Die beiden Dopaminsysteme, die für Motivations- und Lernprozesse entscheidend<br />

sind, haben ihren Ursprung im Area A10 des Mittelhirns, das im Hirnstamm lokalisiert ist (Spitzer<br />

2002).<br />

Eines dieser Systeme, das mesolimbische Dopaminsystem, führt über die Aktivierung des sogenannten Nucleus<br />

Accumbens zur Ausschüttung körpereigener Stoffe mit opiatähnlicher Wirkung (endogene Opioide bzw. Endorphine)<br />

im Frontalhirn. Die Ausschüttung endogener Opiode erzeugt ein positives Gefühl.<br />

Das andere System, das mesokortikale Dopaminsystem, führt von der Area A10 des Mittelhirns direkt zum<br />

Frontalhirn, wo Dopamin ausgeschüttet wird. Von dieser Dopaminfreisetzung profitieren exekutive Funktionen<br />

wie das Arbeitsgedächtnis und die Aufmerksamkeitssteuerung (Abschnitt 2.2), die eine wichtige Grundlage für<br />

erfolgreiches Lernen sind. Dieses mesolimbisch-mesokortikale Dopaminsystem bezeichnet man als dopaminerges<br />

Belohnungssystem. Es macht deutlich, dass Lust und Lernen zusammen hängen (Spitzer 2002, 2010).<br />

Jetzt haben Sie sich eine Auszeit redlich verdient! Sie haben im ersten Teil des PFiFF-<strong>Lehrwerk</strong>s ein Verständnis<br />

davon bekommen, wie sich Lernen im Gehirn vollzieht und welche Bedingungen für das Lernen hilfreich sind.<br />

Gleichzeitig haben Sie erfahren, was für einen großen Einfluss körperliche Aktivität auf das Gehirn ausübt.<br />

Bevor wir zum zweiten Teil und damit zur Selbstregulation und den exekutiven Funktionen übergehen, bleibt<br />

noch Zeit, um eine Runde zu laufen und damit die Serotoninkonzentration im Gehirn zu steigern. Oder aber Sie<br />

lehnen sich einfach etwas zurück und legen die Beine hoch. Wenn Sie dabei einschlafen, macht das gar nichts.<br />

Denn während Sie schlafen, ist Ihr Hippokampus aktiv und wiederholt das Gelernte noch einmal. Ganz schön<br />

pfiffig oder?<br />

Das dopaminerge Belohnungssystem verleiht<br />

Ereignissen eine Bedeutung. Bedeutsam für uns ist:<br />

erstens, was neu ist,<br />

zweitens, was gut für uns ist und<br />

drittens, was besser als erwartet ausfällt<br />

(Spitzer 2002).<br />

Diese Bedingungen führen zu<br />

bestmöglichen Lernerfolgen. Das<br />

Gehirn prüft unablässig das<br />

Erlebte nach diesen Voraussetzungen.<br />

Endorphine<br />

Dopamin<br />

Nucleus Accumbens<br />

Area A10<br />

Teil 2: Selbstregulation und exekutive Funktionen<br />

Schematische Darstellung des dopaminergen Belohnungssystems<br />

(modifiziert nach Spitzer 2002), das sich aus dem mesolimbischen<br />

(gestrichelte Pfeile) und dem mesokortikalen<br />

Dopaminsystem (durchgezogene Pfeile) zusammensetzt.<br />

Wissenstransfer mit PFiFF<br />

Was bedeuten diese Erkenntnisse zum Belohnungssystem für die Sportstunde? Das Gehirn ist so<br />

angelegt, dass wir von Natur aus motiviert sind. Es bewertet alles nach den drei oben genannten<br />

Bedingungen. Es stellt sich folglich nicht die Frage, wie man motiviert. Wir sollten vielmehr<br />

darauf achten, dass wir nicht demotivierend auf die Heranwachsenden einwirken (Spitzer 2002).<br />

WAS GUT FÜR DIE KINDER UND JUGENDLICHEN IST: Ein ermunternder Blick des Übungsleiters<br />

oder Pädagogen verursacht bereits eine Aktivierung des Belohnungssystems, ebenso ein<br />

angemessenes, gezieltes und zeitnahes Lob. Belohnen wir immer nur die Besten, wirkt sich das<br />

demotivierend auf alle anderen aus. Sind wir dagegen selbst als Übungsleiter, Trainer und Pädagoge<br />

begeistert von dem, was wir den Kindern und Jugendlichen beibringen möchten, wird<br />

sich das auch auf die Begeisterungsfähigkeit und damit auf ihre Motivation und den Lernerfolg<br />

auswirken.<br />

WAS NEU IST: Kinder und Jugendliche sollten sich immer wieder in neuen sportlichen Aufgaben<br />

erproben können.<br />

WAS BESSER ALS ERWARTET IST: Die Sportstunde sollte so aufgebaut sein, dass sie Erfolgserlebnisse<br />

vermittelt. Je unerwarteter diese eintreten, desto besser. Das Gehirn möchte dieses<br />

belohnende Gefühl erneut erleben. Lernen ist dafür die Grundvoraussetzung.<br />

Im zweiten Teil des <strong>Lehrwerk</strong>s wollen wir Ihnen zunächst zeigen, wie bedeutsam die exekutiven Funktionen und<br />

die Fähigkeit zur Selbstregulation für die Lernleistung und die sozial-emotionale Entwicklung der Kinder und<br />

Jugendlichen sind. Dazu ist es notwendig, die exekutiven Funktionen zu definieren und zu erläutern, wie diese<br />

wichtigen Gehirnfunktionen mit der Selbstregulation zusammen hängen. Anschließend werden wir aufzeigen,<br />

wie die exekutiven Funktionen durch körperliches und kognitives Training spielerisch gefördert werden können.<br />

2.1 Exekutive Funktionen –<br />

Grundlage für selbstreguliertes Verhalten<br />

Die Fähigkeit, das eigene Denken bzw. die Aufmerksamkeit und das Verhalten sowie die eigenen Emotionen gezielt<br />

steuern zu können, ist eine wichtige Grundlage für den Erfolg in der Schule und im Leben. Dieser Fähigkeit zur<br />

Selbstregulation liegen die sogenannten exekutiven Funktionen im Stirnhirn zugrunde, dessen Entwicklung erst im<br />

Erwachsenenalter abgeschlossen und das zeitlebens anpassungsfähig bzw. plastisch und damit lernfähig ist.<br />

Zu den exekutiven Funktionen zählen das Arbeitsgedächtnis, die Inhibition (Impulskontrolle) und die kognitive<br />

Flexibilität. Das Arbeitsgedächtnis ermöglicht es uns, Informationen kurzzeitig zu speichern und mit den gespeicherten<br />

Informationen zu arbeiten.<br />

Mit Hilfe der Inhibition sind wir in der Lage, spontane Impulse zu unterdrücken, die Aufmerksamkeit willentlich<br />

zu lenken und Störreize auszublenden.<br />

Die kognitive Flexibilität ist die Fähigkeit, den Fokus der Aufmerksamkeit zu wechseln, sich schnell auf neue<br />

Situationen einstellen und andere Perspektiven einnehmen zu können.


Teil 2<br />

Teil 2<br />

Diese exekutiven Funktionen steuern im Zusammenspiel selbstreguliertes Verhalten. Sie unterstützen uns zudem<br />

dabei, Entscheidungen zu treffen, planvoll, aber auch flexibel und zielgerichtet vorzugehen, das eigene Handeln<br />

zu reflektieren und dieses ggf. zu korrigieren.<br />

Arbeitsgedächtnis<br />

Informationen<br />

kurzzeitig<br />

speichern, mit<br />

den gespeicherten<br />

Informationen<br />

arbeiten<br />

Selbstregulation<br />

Inhibition<br />

Spontane Impulse<br />

und Emotionen<br />

unterdrücken,<br />

Aufmerksamkeit<br />

willentlich lenken,<br />

Störreize bzw.<br />

irrelevante Prozesse<br />

ausblenden<br />

Flexibilität<br />

den Fokus der<br />

Aufmerksamkeit<br />

wechseln, sich<br />

schnell auf neue<br />

Situationen<br />

einstellen, andere<br />

Perspektiven<br />

einnehmen<br />

Nur wer in der Lage ist, spontane Impulse zu unterdrücken und damit eigene Bedürfnisse für eine gewisse Zeit<br />

hinten anzustellen – man spricht auch vom Belohnungsaufschub – und so auch herausfordernde oder ermüdende<br />

Aufgaben mit Ausdauer meistern kann (Greene 2012), wer sein angestrebtes Ziel nicht aus den Augen bzw. aus<br />

dem Arbeitsgedächtnis verliert, wer flexibel reagieren kann und sich nicht allzu leicht ablenken lässt, kann erfolgreich<br />

lernen. Damit tragen die exekutiven Funktionen auch zur Willensbildung und zu diszipliniertem Verhalten bei.<br />

Die Fähigkeit zur Selbstregulation ist folglich auch Grundlage für eigenverantwortliches und selbstgesteuertes<br />

Lernen und Arbeiten (vgl. auch Brunsting 2009). Sie ist gleichzeitig Basis für die Entwicklung sozial-emotionaler<br />

Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen und damit für ein friedliches Zusammenleben in Gemeinschaften.<br />

PFiFF und Pfote werden uns nun verdeutlichen, in welchen Lebens- und Lernsituationen von Kindern und<br />

Jugendlichen exekutive Funktionen unter anderem gefordert sind.<br />

Arbeitsgedächtnis<br />

Das Arbeitsgedächtnis ist trotz seiner begrenzten Speicherkapazität – von etwa fünf bis sieben Elementen<br />

wie Worte, Objekte und Ziffern über einen Zeitraum von nur wenigen Sekunden – von großer Bedeutung. Es<br />

ermöglicht eine aktive Aufrechterhaltung aufgabenrelevanter Informationen, die für weitere Operationen<br />

benötigt werden, wodurch komplexe kognitive Funktionen wie die Sprache und mathematische Leistungen<br />

entstehen können.<br />

Das Arbeitsgedächtnis ist zum Beispiel dann besonders gefordert, wenn Schüler sich die Zwischenergebnisse<br />

einer Kopfrechnung merken, längere Sätze verstehen und mehrere Anweisungen befolgen sollen („Schlagt das<br />

Buch auf Seite 23 auf und bearbeitet die Aufgaben 4a bis 4c. Anschließend …“).<br />

Bäcker<br />

Milch<br />

Honig<br />

Damit Pfote nicht vergisst,<br />

was er erledigen möchte,<br />

wiederholt er die notwendigen<br />

Informationen im<br />

Kopf. Zur Unterstützung<br />

des Arbeitsgedächtnisses<br />

können bei kleinen Kindern<br />

auch Bildkarten eingesetzt<br />

werden.<br />

Ein gut funktionierendes Arbeitsgedächtnis ermöglicht es daher, sich an eigene Handlungspläne und an Instruktionen<br />

anderer Personen besser zu erinnern, wodurch auch Handlungsalternativen verstärkt berücksichtigt<br />

werden können.<br />

Inhibition<br />

Die Inhibition unterstützt situationsangemessenes Verhalten. Vielfach bedeutet dies, nicht ständig von äußeren<br />

Bedingungen, den eigenen Emotionen oder fest verankerten Verhaltensweisen beeinflusst zu sein, sondern zielgerichtet<br />

und flexibel zu handeln. Durch die Fähigkeit, Verhalten zu hemmen, gelingt es, diejenigen Aktivitäten<br />

oder Handlungen zu vermeiden, die einem angestrebten Ziel oder dem aktuellen Kontext entgegenstehen. Mit<br />

einer guten Inhibition fällt es also leichter, sich nicht ablenken zu lassen, den Computer nicht einzuschalten, sondern<br />

mit den Hausaufgaben zu beginnen oder einen Konflikt mit Worten und nicht mit Fäusten zu führen.<br />

Pfote hat morgen einen<br />

Mathetest, auf den er sich<br />

gut vorbereiten möchte.<br />

Er würde aber auch gern<br />

mit mir Fußball spielen.<br />

Er hat deshalb beschlossen,<br />

vor dem Fußballspielen<br />

fünf Aufgaben zu<br />

lösen. Jetzt ist nicht nur<br />

sein Arbeitsgedächtnis<br />

gefordert, das ihm hilft,<br />

sein selbst gesetztes Ziel<br />

nicht zu vergessen. Pfote<br />

braucht in dieser Situation<br />

vor allem auch seine<br />

Fähigkeit zur Inhibition<br />

bzw. zum Belohnungsaufschub.<br />

Kognitive Flexibilität<br />

Die kognitive Flexibilität ermöglicht es, den Fokus der Aufmerksamkeit zu wechseln und sich schnell auf neue<br />

Anforderungen einstellen zu können. Sie beschreibt zudem die Fähigkeit, Personen und Situationen aus neuen<br />

Perspektiven zu betrachten und zwischen diesen Perspektiven zu wechseln. Eine gut ausgebildete kognitive<br />

Flexibilität hilft, offen für die Argumente anderer zu sein, aus Fehlern zu lernen und sich auf neue Lebenssituationen<br />

und Arbeitsanforderungen schneller und besser einstellen zu können.<br />

Wenn Pfote beim Basketball<br />

nicht schnell genug<br />

von Angriff auf Verteidigung<br />

umstellen kann, hat<br />

der Gegner ein leichtes<br />

Spiel. Es ist wichtig sich<br />

schnell auf neue Situationen<br />

einstellen zu können,<br />

so z. B. in der Schule von<br />

der Pause zum Unterricht<br />

oder auch zuhause von<br />

der Spiel- zur Essenszeit.


Teil 2 Teil 2<br />

2.2 Sitz des exekutiven Systems<br />

Sitz des exekutiven Systems ist das Stirnhirn (präfrontaler Kortex), das nicht einzelne Informationen, sondern<br />

allgemeine Regeln speichert. Die Regeln, die wir in einem bestimmten Kontext lernen, können wir auf andere<br />

Kontexte übertragen. Ist das Sportangebot in Kindergärten, Schulen und Vereinen also darauf ausgerichtet, die<br />

Selbstregulation von Kindern und Jugendlichen zu fördern, kann die dort erlernte Selbstregulationsfähigkeit<br />

auf andere Bereiche und Lernsituationen übertragen werden. Dabei gilt es zu beachten, dass das Erlernen der<br />

Selbstregulation nicht von heute auf morgen und nicht allein aufgrund von Einsicht erfolgt. Da der präfrontale<br />

Kortex sich langsam entwickelt und vergleichsweise langsam lernt, benötigen Kinder und Jugendliche im Laufe<br />

ihrer Entwicklung sehr viele Situationen, in denen sie selbstreguliertes Verhalten üben und auf diese Weise<br />

lernen können. Ein Sportangebot, das auf die Förderung exekutiver Funktionen bzw. der Selbstregulation<br />

ausgerichtet ist, kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten.<br />

2.3 Entwicklung exekutiver Funktionen<br />

5 Jahre alt w 20 Jahre alt<br />

Entwicklung des Großhirnrinde (Ansicht von oben; modifiziert nach Gogtay et al. 2004).<br />

Das Ausmaß der Reifung ist von rot (noch nicht ausgereift) über gelb, grün, hellblau zu<br />

dunkelblau (vollständig ausgereift) dargestellt. Der Stirnlappen reift fortschreitend von<br />

hinten nach vorne heran, ausgehend vom motorischen zum präfrontalen Kortex.<br />

Die Entwicklung des Scheitellappens setzt mit dem sensorischen Kortex ein und geht<br />

seitlich über den Rest des Scheitellappens weiter. Der seitliche Schläfenlappen ist im<br />

hinteren Teil des Gehirns als Letztes voll funktionsfähig. Die Entwicklung des Hinterhauptslappen<br />

beginnt dagegen ebenfalls sehr früh. Die Entwicklung des Kortex stimmt<br />

mit den Meilensteinen der kognitiven und motorischen Entwicklung überein. Zunächst<br />

reifen die motorischen, sensorischen und visuellen Bereiche der Großhirnrinde heran.<br />

Danach entwickeln sich Gehirnabschnitte, die für die räumliche Orientierung und die<br />

Sprachentwicklung zuständig sind. Erst danach entwickeln sich die Gehirnbereiche, die<br />

an der motorischen Koordination, der Aufmerksamkeit und an den exekutiven<br />

Funktionen beteiligt sind (Gogtay et al. 2004).<br />

Dass die exekutiven Funktionen bei Kindern noch<br />

nicht vollständig entwickelt sind, wird als Hauptunterschied<br />

im Verhalten zwischen Kindern und<br />

Erwachsenen angesehen (Rothbart u. Posner 2001).<br />

Der Entwicklungsprozess dauert etwa bis zum 25.<br />

Lebensjahr an, wobei es große individuelle Unterschiede<br />

gibt. Das exekutive System beginnt sich<br />

ab dem Alter von zweieinhalb bis drei Jahren sehr<br />

schnell zu entwickeln. Zwischen dem dritten und<br />

fünften bzw. siebten Lebensjahr kommt es zu einer<br />

weiteren deutlichen Verbesserung der Inhibition<br />

und der kognitiven Flexibilität.<br />

Kinder sind in dieser Altersphase verstärkt in der Lage,<br />

Situationen und Personen aus unterschiedlichen<br />

Perspektiven wahrzunehmen und zu beurteilen.<br />

Ball!<br />

Ball!<br />

Ball!<br />

Bin ich froh,<br />

wenn sein<br />

präfrontaler<br />

Kortex endlich<br />

ausgereift ist.<br />

Die neuropsychologisch gemessene inhibitorische Verhaltenskontrolle in Konfliktsituationen steht dabei in<br />

einem engen Zusammenhang mit dem Temperament von Kindern und deren Fähigkeit, Emotionen zu kontrollieren<br />

(Rothbart u. Posner 2001). So verbessert sich bei Kindern ab dem dritten Lebensjahr nicht nur die Inhibition,<br />

sondern auch die emotionale Kontrolle wesentlich. Die erfolgreiche Verhaltenskontrolle vermindert aggressives<br />

und unterstützt gleichzeitig empathisches Verhalten (Carlson 2003, Rothbart u. Posner 2001). Wenn es von<br />

ihnen gefordert wird, können vier- bis fünfjährige Kinder, die eine für ihre Altersgruppe gut entwickelte<br />

kontrollierte Hemmung aufweisen, sowohl positive wie negative Emotionen besser unterdrücken als Kinder mit<br />

schlechter ausgebildeten Hemmungsfunktionen (Carlson 2003).<br />

Bei Unterschieden des Temperaments spricht man im Zusammenhang mit der Aufmerksamkeitssteuerung<br />

häufig von bewusster intentionaler Kontrolle (Kubesch 2008). Kinder mit einer gut ausgebildeten intentionalen<br />

Kontrolle scheinen ihre Aufmerksamkeit besser von belohnenden Aspekten der Aggression weglenken zu<br />

können als Kinder mit schlechterer Leistung in dieser Kontrollfunktion. Gleichzeitig zeigen die weniger aggressiven<br />

Kinder auch häufiger ein stärker ausgebildetes empathisches Verhalten. Man geht davon aus, dass es ihnen<br />

aufgrund der besser ausgebildeten Verhaltenskontrolle vermehrt gelingt, ihre eigenen Sorgen den Gedanken<br />

und Gefühlen anderer unterzuordnen (Rothbart u. Posner 2001).<br />

Die zunehmende Entwicklung inhibitorischer Funktionen vollzieht sich dabei<br />

parallel zur Entwicklung des Stirnhirns. Je weiter insbesondere der dorsolaterale<br />

Anteil (dorsal: Richtung obere Schädeldecke, lateral: seitlich) des präfrontalen<br />

Kortex entwickelt ist, desto besser ist auch die Arbeitsgedächtnisleistung<br />

(Diamond 2002). So zeigen 19-Jährige bessere Ergebnisse bei Arbeitsgedächtnisaufgaben<br />

als 10-Jährige, die wiederum besser abschneiden als 9-jährige<br />

Kinder (Brocki u. Bohlin 2004). In Bezug auf die Inhibitionsleistung zeigen<br />

Studienergebnisse, dass sich zwischen dem 7. und dem 16. Lebensjahr die Verhaltenshemmung<br />

ebenfalls zunehmend verbessert (Lamm, Zelazo u. Lewis 2006).<br />

Dorsolateraler präfrontaler Kortex<br />

Die Verbesserung der exekutiven Funktionen hängt dabei u. a. mit dem Rückgang der synaptischen Dichte, der<br />

Elimination von Axonen, der zunehmenden Myelinisierung (Nelson, de Haan u. Thomas 2006) und der<br />

dopaminergen Neurotransmission in dieser Gehirnregion zusammen.<br />

Synaptische Dichte<br />

Im Vergleich zu Erwachsenen haben Kinder etwa 40 Prozent mehr Synapsen. Diese Überproduktion<br />

an Synapsen scheint vorwiegend genetisch angelegt zu sein. Die ersten Synapsen bilden sich um die<br />

23. Schwangerschaftswoche. Im präfrontalen Kortex wird die höchste Dichte an Synapsen zwischen<br />

dem ersten Lebensjahr und eineinhalb Jahren erzielt. Die Dichte von jungen Erwachsenen wird erst<br />

in der Mitte bis Ende der Adoleszenz (im Alter von ca. 18 bis 24 Jahren) erreicht. Der Rückgang an<br />

Synapsen ermöglicht eine höhere Effizienz der Informationsverarbeitung (Nelson, de Haan u.<br />

Thomas 2006).<br />

Dopaminerge Neurotransmission<br />

Das Dopaminsystem reift, ähnlich wie das serotonerge System, sehr langsam heran. Es ist bereits<br />

zum Zeitpunkt der Geburt nachweisbar und entwickelt sich über die gesamte Kindheit, Pubertät<br />

und Adoleszenz bis zum Erwachsenenalter (Benes 2001). Je weiter das Dopaminsystem ausgereift<br />

ist, desto besser arbeiten die exekutiven Funktionen.


Teil 2<br />

Teil 2<br />

Myelinisierung<br />

Die Nervenzellen sind zum Zeitpunkt der Geburt bereits<br />

vorhanden, aber noch nicht alle Axone sind von einer<br />

sogenannten Myelinschicht oder Markscheide umgeben,<br />

die sie elektrisch isoliert. Durch die Myelinschicht<br />

können Aktionspotenziale schneller übertragen werden.<br />

Ohne Myelinschicht werden die elektrischen Impulse<br />

mit einer Geschwindigkeit von 3 m pro Sekunde übertragen.<br />

Myelinisierte Axone können Aktionspotenziale<br />

dagegen bis zu 110 m pro Sekunde leiten (Spitzer 2002,<br />

Kandel, Schwartz u. Jessel 1996). Zunächst sind die Axone<br />

der sensorischen und motorischen Großhirnrinde myelinisiert<br />

– also in den Bereichen, die am Sehen, Hören und<br />

Tasten beteiligt sind. Im Frontalhirn dauert die Myelinisierung<br />

bis ins Jugendalter an (Spitzer 1996).<br />

Betrachtet man den Verlauf der exekutiven Funktionen über die gesamte Lebensspanne, so weisen Kinder und<br />

ältere Menschen im Vergleich zu jungen Erwachsenen schlechtere Leistungen auf. Die exekutiven Funktionen<br />

können durch Übung und Sport gefördert werden und sie scheinen zudem von individuellen Unterschieden in<br />

Bezug auf Motivation und Intelligenz abzuhängen (Nelson, de Haan u. Thomas 2006).<br />

2.4 Exekutive Funktionen, Selbstregulation und Lernleistung<br />

Schülern, denen es nicht gelingt, sich auf den Unterricht zu konzentrieren, weil sie Sorgen haben, ängstlich oder<br />

verärgert sind, sie von Mitschülern bzw. der Klassenraumgestaltung abgelenkt werden oder weil zu viele Informationen<br />

die Kapazität ihres Arbeitsgedächtnisses übersteigen, haben oftmals nicht gut ausgebildete exekutive<br />

Funktionen. Ihnen fehlt damit eine wichtige Basis für den Lernerfolg.<br />

Die exekutiven Funktionen spielen auch dann eine Rolle, wenn es Kindern schwer fällt, umzuschalten, so<br />

z. B. von einer Umgebungsbedingung auf eine andere (von der freien Spielsituation auf dem Pausenhof zur<br />

Stillarbeit im Klassenzimmer) oder von einer Aufgabe auf eine andere (von dem Bereitlegen der Lernmaterialien<br />

(der Vorbereitung) zum eigentlichen Start<br />

der Arbeit) (Greene 2012). Dieser Mangel<br />

insbesondere an kognitiver Flexibilität und<br />

Inhibitionsfähigkeit zeigt sich auch in Situationen,<br />

in denen es Kindern und Jugendlichen<br />

schwer fällt, mit Unvorhersehbarkeiten,<br />

Unsicherheiten und Neuheiten umgehen zu<br />

können. Heranwachsende mit schwachen<br />

exekutiven Funktionen haben deshalb auch<br />

häufiger Probleme, von Routineabläufen oder<br />

einem ursprünglichen Plan abzuweichen bzw.<br />

Situationsfaktoren einzubeziehen, die nahelegen,<br />

einen Handlungsplan entsprechend zu<br />

modifizieren (Greene 2012).<br />

Axon<br />

Ranvier-<br />

Schnürring<br />

Myelinscheide<br />

Es gibt vermutlich eine große Zahl von Kindern und Jugendlichen mit nicht ausreichend ausgebildeten exekutiven<br />

Funktionen (Gathercole u. Alloway 2010). Die exekutiven Funktionen sind jedoch schon für die Schulvorbereitung<br />

sowie für die schulische Lernleistung während der gesamten Schulzeit von zentraler Bedeutung. Insbesondere<br />

das Arbeitsgedächtnis und die Fähigkeit zur Inhibition korrelieren mit der Lernleistung in den Bereichen<br />

Mathematik, Sprache und Naturwissenschaft (zur Übersicht: Diamond et al. 2007). So gibt es z. B. einen engen<br />

Zusammenhang zwischen Arbeitsgedächtnis und Aufmerksamkeitssteuerung mit mathematischen Fähigkeiten<br />

(Meyer et al. 2010). Dabei profitiert neben der schulischen Lernleistung (Holmes et al. 2009) und dem Alltagsverhalten<br />

(Klingberg 2009) auch die fluide Intelligenz (Jaeggi et al. 2008) von einem Arbeitsgedächtnistraining.<br />

Und auch hier kommt es auf die Übung an: Je häufiger das Arbeitsgedächtnistraining erfolgt, desto größer ist der<br />

Effekt in Bezug auf die Intelligenz (Jaeggi et al. 2008). Gleichzeitig gilt es zu berücksichtigen, dass das Arbeitsgedächtnis<br />

(z. B. im Alter von 5 Jahren) im Vergleich zum IQ der bessere Prädiktor für die schulische Lernleistung in<br />

den Bereichen Sprache und Mathematik (im Alter von 11 Jahren) ist (Alloway u. Alloway 2010). Bislang werden<br />

Arbeitsgedächtnisprobleme von Schülern jedoch häufig „fehldiagnostiziert“. Pädagogen beschreiben Schüler mit<br />

einem defizitären Arbeitsgedächtnis oftmals fälschlicherweise als „motivationslos“, „aufmerksamkeitsgestört“<br />

oder „weniger intelligent“ (Gathercole u. Alloway 2010).<br />

Neben dem Arbeitsgedächtnis ist auch die Fähigkeit zur Selbstregulation insgesamt für die schulische Lernleistung<br />

bedeutsamer als der IQ (Blair u. Razza 2007, Duckworth u. Seligman 2005). Zudem besteht ein enger<br />

Zusammenhang zwischen der Selbstregulationsfähigkeit von Schülern und unentschuldigten Fehltagen.<br />

Gleichzeitig erlaubt die Selbstregulation Aussagen darüber, wann Schüler mit den Hausaufgaben<br />

beginnen, wie lange sie für deren Erledigung benötigen und wie viel Zeit sie vor dem Fernseher<br />

verbringen (Duckworth u. Seligman 2005).<br />

2.5 Exekutive Funktionen und<br />

sozial-emotionale Entwicklung<br />

Kinder und Jugendliche mit einer höheren Selbstregulationsfähigkeit<br />

verfügen aber nicht nur über bessere Schulleistungen, sondern können<br />

auch besser mit Stress und Frustration umgehen (Mischel et al.<br />

1989). So können Kinder, die gute Ergebnisse in einem Inhibitionstest<br />

aufweisen, sowohl positive als auch negative Emotionen leichter<br />

unterdrücken als Kinder mit schlechteren Testergebnissen.<br />

Andere Studienergebnisse zeigen, dass weniger aggressive Kinder<br />

zudem häufig über ein stärker ausgebildetes empathisches Verhalten<br />

verfügen (Carlson 2003). Gleichzeitig zeigen Kinder mit einer besseren<br />

inhibitorischen Verhaltenskontrolle ein ausgeprägteres Sozialverhalten<br />

und weniger Internalisierungsprobleme (wie Minderwertigkeitsgefühle,<br />

Einsamkeit und depressive Verstimmung) als Kinder mit<br />

schlechteren kognitiven Kontrollfunktionen (Rhoades et al. 2009).<br />

Eine schlecht ausgeprägte Selbstregulationsfähigkeit im frühen Kindesalter<br />

(4 Jahre) sagt darüber hinaus eine Ablehnung von Gleichaltrigen<br />

im späteren Kindesalter (9 Jahre) voraus, die wiederum antisoziales<br />

Verhalten im frühen Jugendalter (11 Jahre) prognostiziert (Trentacosta<br />

u. Shaw 2009). Die exekutiven Funktionen befähigen zu Mitgefühl und<br />

Selbstbeherrschung und sind damit eine wichtige Grundlage für das<br />

soziale Zusammenleben in Familie, Schule und Freundeskreis.<br />

Die Fähigkeit zur Selbstregulation von Kindern<br />

im Alter zwischen drei und zehn Jahren<br />

ermöglicht Aussagen sowohl zum Wohlstand<br />

als auch zur Gesundheit im Erwachsenenalter.<br />

Unabhängig von ihrem IQ und der sozialen<br />

Schichtzugehörigkeit ihrer Eltern, sind Kinder<br />

mit besserer Selbstregulation im Erwachsenenalter<br />

(von ca. 30 Jahren) wohlhabender,<br />

gesünder und auch weniger häufig straffällig<br />

als Erwachsene, die in ihrer Kindheit über<br />

eine schlechter ausgebildete Selbstregulationsfähigkeit<br />

verfügten (Moffitt et al. 2011).<br />

Um auf die Gesundheit und den Wohlstand<br />

der Menschen sowie auf die soziale Sicherheit<br />

der Gesellschaft Einfluss zu nehmen, ist es<br />

daher wichtig, die Selbstregulationsfähigkeit<br />

von Kindern in Kindergarten und Schule<br />

gezielt und umfassend zu fördern.


Teil 2<br />

Teil 2<br />

2.6 Förderung exekutiver Funktionen<br />

und der Selbstregulation<br />

in Kindergarten und Schule<br />

Die Förderung der exekutiven Funktionen und der Selbstregulation konnte<br />

besonders eindrucksvoll in Kindergarten- und Schulprogrammen wie „Tools<br />

of the Mind“, „MindUP“, „Montessori“ und „PATHS“ (Diamond u. Lee 2011)<br />

nachgewiesen werden. Diese Programme integrieren die Förderung der exekutiven<br />

Funktionen bzw. der Selbstregulation täglich wiederkehrend in den<br />

Kindergarten- und Schultag – und dies in sozialer Interaktion im Spiel und<br />

beim Lernen.<br />

Beim US-amerikanischen Kindergarten- und Vorschulprogramm „Tools of the<br />

Mind“ (Werkzeuge des Geistes) lernen die Kinder im Rollenspiel planvoll vorzugehen.<br />

Sie lernen:<br />

fg<br />

Beim kanadischen „MindUP“-Programm (vom Kindergarten bis zur achten Klasse) werden Kindern und Jugendlichen<br />

zudem neurobiologische Grundkenntnisse zu den exekutiven Funktionen vermittelt. Damit zusammenhängend<br />

integriert das Programm tägliche Achtsamkeits- und Atemübungen in den Schulalltag.<br />

Schüler aus dem „MindUP“-Programm zeigen im Vergleich zu Schülern aus Kontrollschulen positive Effekte nicht<br />

nur hinsichtlich der Förderung exekutiver Funktionen, sondern auch im Zusammenhang mit der Lernleistung, dem<br />

Sozialverhalten und dem Stresshormonspiegel (Schonert-Reichl u. Lawlor 2010, Schonert-Reichl et al. 2012).<br />

den Plan auf einem Blatt Papier darzustellen<br />

Heute bin ich ein Astronaut und fliege zum Mond!<br />

2.7 Exekutive Funktionen und Selbstregulation<br />

spielerisch fördern<br />

Die Förderung der exekutiven Funktionen und der Selbstregulation kann, wie man am Beispiel von „Tools of<br />

the Mind“ und „MindUP“ sehen kann, in spielerischer Form erfolgen. Dies konnte auch anhand von eigens für<br />

die Förderung exekutiver Funktionen entwickelten Computerspielen nachgewiesen werden (Klingberg 2010,<br />

Posner u. Rothbart 2007). Studien zeigen aber auch, dass mediales Multitasking (Spitzer 2009) und das Anschauen<br />

schneller Zeichentrickfilme (Lillard u. Peterson 2011) exekutive Funktionen beeinträchtigen können. Dagegen<br />

wirken sich Malen, Instrumentalunterricht (Pallesen et al. 2010) sowie das konzentrierte Hören von Musik<br />

(Moreno 2011) positiv auf exekutive Funktionen aus.<br />

Es gibt zahlreiche Kinderspiele, die exekutive Funktionen beanspruchen, wie z. B. „Ochs am Berg“‚ „Feuer-Wasser-<br />

Sturm“, „Alle Vögel fliegen hoch“ oder auch Lieder wie ‚„Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ und „Auf der Mauer<br />

auf der Lauer, sitzt, ne kleine Wa ...“. All diese Spiele fordern exekutive Funktionen.<br />

Sie haben, was die Förderung der exekutiven Funktionen anbelangt, jedoch auch ihre Grenzen.<br />

Mit zunehmend entwickelten exekutiven<br />

Funktionen muss das Training der Leistungsfähigkeit<br />

des exekutiven Systems der<br />

Kinder und Jugendlichen angepasst werden;<br />

dann ist es notwendig, Regeländerungen<br />

vorzunehmen oder die Spielregeln<br />

zu erweitern, um die Schwierigkeitsstufen<br />

nach und nach zu erhöhen.<br />

Sturm!<br />

Feuer!<br />

und an der Entscheidung festzuhalten, um nicht kurzentschlossen,<br />

den Mond zu verlassen, um im Kaufladen lieber<br />

Trauben abzuwiegen.<br />

Im „Tools“-Programm, das die exekutiven Funktionen und die Selbstregulation von Kindern nachweislich fördert,<br />

werden zudem Partnerübungen gezielt dazu eingesetzt, die Selbstregulation zu üben. Dabei bekommen die<br />

Kinder kleine Bildkarten mit der Abbildung eines Mundes oder eines Ohres, die als Arbeitsgedächtnisstütze (fürs<br />

Zuhören bzw. fürs Erzählen) dienen.<br />

Wasser!<br />

<strong>PFIFF</strong>F<br />

Sturm!<br />

Zunächst spielen PFiFF und Pfote „Feuer-Wasser-<br />

Sturm“ nach folgender Regel: Ruft PFiFF „Sturm!“,<br />

dann soll sich Pfote schnellstmöglich flach auf den<br />

Boden legen. Bei dem Zuruf „Feuer!“ muss Pfote in<br />

eine Ecke laufen, bei „Wasser!“ auf einen Gegenstand<br />

hinaufklettern. Nach mehreren Durchgängen<br />

kann PFiFF die Zurufe mit einem Pfiff aus seiner<br />

Pfeife verbinden, wodurch sich die Regel ändert und<br />

die exekutiven Funktionen verstärkt gefordert sind.


Teil 2<br />

Teil 2<br />

2.8 Exekutive Funktionen<br />

im und durch den Sport fördern<br />

Neben der spielerischen Förderung exekutiver Funktionen auf kognitiver Ebene<br />

profitieren exekutive Funktionen auch von einem körperlichen Training. Durch körperliche<br />

Aktivität und Fitness geförderte exekutive Funktionen zeigten sich unter anderem<br />

im Zusammenhang mit der Aufmerksamkeitssteuerung, der Inhibition und der Arbeitsgedächtnisleistung<br />

(zur Übersicht siehe Chaddock-Heyman et al. 2013). In verschiedenen<br />

Studien konnte sowohl bei jungen Erwachsenen (Themanson u. Hillman 2006)<br />

als auch bei Jugendlichen (Stroth et al. 2009) und Kindern (Hillman et al. 2005, Hillman<br />

et al. 2009a, Chaddock et al. 2012) nachgewiesen werden, dass körperliche Fitness in<br />

einem positiven Zusammenhang mit exekutiven Funktionen steht. So zeigen z. B.<br />

körperlich fitte Jugendliche im Vergleich zu weniger fitten Jugendlichen höhere Aufmerksamkeitsprozesse<br />

und eine effektivere kognitive Kontrolle (Stroth et al. 2009). Daraus lässt sich<br />

folgern, dass die Gehirne von körperlich leistungsfähigeren Menschen effizienter arbeiten als die von Menschen<br />

mit geringerer Fitness.<br />

Entscheidungen treffen, flexibel sein im Denken und im Handeln, Impulse kontrollieren, die Aufmerksamkeit<br />

ganz auf die motorische Aufgabe richten, ohne sich ablenken zu lassen. Emotionen müssen gesteuert und<br />

negative Gefühle und Gedanken ausgeblendet werden. Die Spieler müssen sich Spielabläufe und Spielverhalten<br />

des Gegners einprägen und in der Spielsituation im Arbeitsgedächtnis aufrechterhalten, um die richtige Aktion<br />

schnellstmöglich einleiten zu können.<br />

Das alles sind wichtige Voraussetzungen für Erfolge im Mannschaftssport, die auch im Vereins- und Schulsport<br />

geschult und für die allgemeine Förderung kognitiver und sozial-emotionaler Entwicklungsprozesse genutzt<br />

werden können. Aufgrund von Studienergebnissen, die eine Kausalität zwischen körperlicher Fitness bzw.<br />

körperlicher Belastung und verbesserten exekutiven Funktionen sowie Lernleistungen nachgewiesen haben,<br />

sollte dem Sportangebot in Kindergärten, Schulen und Vereinen ein weitaus größerer Stellenwert zukommen.<br />

Will man die akuten positiven Effekte auf die Aufmerksamkeitsleistung von Kindern und Jugendlichen im Anschluss<br />

an eine körperliche Belastung (die den zeitlichen Rahmen, aber auch die Intensität einer gewöhnlichen bewegten<br />

Pausen übersteigt) nutzen, sollte der Sportunterricht bzw. der außerunterrichtliche Sport nicht in den Randstunden<br />

stattfinden, sondern möglichst täglich vor anderen wichtigen Fächern sowie vor den Hausaufgaben- und weiteren<br />

Lernzeiten platziert werden.<br />

Akute Belastungseffekte auf exekutive Funktionen konnten u. a. bei jugendlichen Schülern nach einem<br />

30-minütigen, schwerpunktmäßig koordinativ- und ausdauerorientierten Sportunterricht nachgewiesen werden<br />

(Kubesch et al. 2009). Im Vergleich zu einer Ruhebedingung konnten die Schüler nach dem Sportunterricht<br />

Störreize besser ausblenden. Dieser Effekt zeigte sich jedoch nicht nach einer fünfminütigen Bewegungspause<br />

beim Unterricht im Klassenzimmer. Die Fähigkeit, Störreize ausblenden zu können, steht in einem positiven Zusammenhang<br />

mit der schulischen Lernleistung (Lan 2009). So zeigte sich in einer Studie mit Kindern, dass sich<br />

nach einer 20-minütigen mittleren Ausdauerbelastung (Walking) nicht nur die Fähigkeit verbesserte, Störreize<br />

auszublenden, sondern die Kinder schnitten nach der Ausdauerbelastung auch in Lernleistungstests besser ab<br />

(Hillman et al. 2009b). Die kognitiven Kontrollstrategien von Kindern, die nahezu täglich Sport treiben, scheinen<br />

sich den Kontrollstrategien von jungen Erwachsenen anzugleichen: von einer schnellen, reaktiven Kontrolle hin<br />

zu einer flexibleren, anhaltend zielorientierten Kontrolle (Chaddock-Heyman et al. 2013).<br />

Kampfsportarten bzw. Kampfkunst wie Taekwondo<br />

und Tai-Chi, aber auch Yoga, führen ebenfalls zu<br />

verbesserten exekutiven Funktionen (Diamond<br />

u. Lee 2011). Im Fußball konnte nachgewiesen<br />

werden, dass männliche und weibliche Angreifer,<br />

Mittelfeld- und Abwehrspieler aus dem Profi- (1.<br />

Liga) und höchsten Amateurbereich (3. Liga) im<br />

Vergleich zur Allgemeinbevölkerung über bessere<br />

exekutive Funktionen verfügen. Und im Vergleich<br />

der Fußballspieler schnitten die Spieler und Spielerinnen<br />

der 1. Liga besser ab als die der 3. Liga.<br />

Gleichzeitig lässt sich der Torerfolg aus den exekutiven<br />

Funktionen ableiten. Spieler mit trainierteren<br />

exekutiven Funktionen sind (zwei Jahre später) in<br />

der Torvorbereitung und im Torabschluss besser<br />

als Spieler mit schlechter ausgebildeten exekutiven<br />

Funktionen (Vestberg et al. 2012).<br />

In Mannschafts-, aber auch in den Individualsportarten<br />

müssen die Athleten oftmals in Bruchteilen<br />

von Sekunden und unter großem Druck die richtigen<br />

Komm,<br />

wir gehen unsere<br />

exekutive<br />

Funktionen<br />

trainieren!<br />

Fazit<br />

Herzlichen Glückwunsch! Sie haben gemeinsam mit PFiFF und Pfote das Ziel erreicht! Sie haben einen Einblick<br />

erhalten, in welcher Form und unter welchen Bedingungen sich Lernen im Gehirn am effektivsten vollzieht.<br />

Sie haben die exekutiven Funktionen kennengelernt und wissen jetzt, in welchem Zusammenhang sie mit der<br />

Fähigkeit zur Selbstregulation stehen. Und vor allem sollte Ihnen nun bewusst sein, wie bedeutsam sie für die<br />

Förderung der Kinder und Jugendlichen sind – sowohl was das Lernen als auch ihre sozial-emotionale Entwicklung<br />

anbelangt.<br />

Gleichzeitig konnten Sie erfahren, welchen großen Einfluss körperliche Aktivität auf die exekutiven Funktionen<br />

ausübt. Es ist aber nicht nur die Bewegung an sich, die Wirkung zeigt. Sport bietet vielfältige Möglichkeiten, die<br />

exekutiven Funktionen und die Selbstregulationsfähigkeit in jeder einzelnen Übungsstunde zu trainieren und auf<br />

diese Weise zu fördern. Das zu erkennen und in die Praxis umzusetzen, dafür braucht es Pädagogen, Übungsleiter<br />

und Trainer, die sich der besonderen Bedeutung des Sports für die Förderung exekutiver Funktionen und der<br />

Selbstregulation bewusst sind und die über das Wissen verfügen, wie diese im Sport gefördert werden können.


Teil 2<br />

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„Gewissenhaftigkeit, bei der Sache bleiben, sich nicht ablenken lassen, Pläne entwickeln, sie verfolgen und zugleich<br />

die Anforderungen der jeweiligen Umgebung berücksichtigen, kurzfristigen Impulsen widerstehen, um langfristige<br />

Ziele zu verfolgen - all diese Fähigkeiten sind entscheidend für den Erfolg beim Lernen und im gesamten Leben überhaupt.<br />

Man spricht auch von Arbeitsgedächtnis, der Fähigkeit zur Selbstregulation oder allgemein von exekutiven<br />

Funktionen. Exekutive Funktionen lassen sich im Spiel und durch den Sport fördern. Je früher diese Förderung ansetzt,<br />

desto besser. Mit PFiFF lernen Übungsleiter und Pädagogen die wichtige Bedeutung der exekutiven Funktionen<br />

kennen und sie erfahren, wie sie die Erkenntnisse mit Kindern in Bewegung, Sport und Spiel umsetzen können.“<br />

Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer, ZNL TransferZentrum für Neurowissenschaften und Lernen, Universität Ulm<br />

„Bei der Selbstregulation geht es darum, das eigene Handeln bewusst zu beeinflussen. Damit ist keine Absage an<br />

Spontaneität gemeint, sondern die Fähigkeit, in spezifischen Situationen störende Emotionen einer abwägenden<br />

Kontrolle unterziehen oder die Sichtweisen anderer berücksichtigen zu können. In der Wissenschaft werden die der<br />

Selbstregulation zugrunde liegenden Fähigkeiten als exekutive Funktionen bezeichnet. Sie spielen bei der zielorientierten<br />

Ausübung von Sport eine zentrale Rolle. Es ist von großer Bedeutung, dass diese Fähigkeiten nicht nur beim<br />

erfolgreichen Sporttreiben ständig benötigt werden, sondern durch Bewegung, Spiel und Sport hervorragend entwickelt<br />

werden können. Besonders für Kinder und Jugendliche bietet der Sport zahlreiche Möglichkeiten, Lern- und<br />

Übungssituationen zu gestalten, in denen die Aktivitäten so auf Gehirnprozesse einwirken, dass exekutive Funktionen<br />

wirkungsvoll gefördert werden.“<br />

Heinz Janalik, Diplompädagoge, Präsident Badischer Sportbund Nord e.V.<br />

„Das Leben von Kindern und Erwachsenen ist heute von zahlreichen Anforderungen bestimmt, die im Zeitalter von<br />

Terminstress und ständiger Erreichbarkeit häufig zeitgleich und ungefiltert auf uns einwirken. Schon bei Kindern und<br />

Jugendlichen kommt immer häufiger das Gefühl auf, durch zu viele Informationen und Aufgaben überlastet zu sein.<br />

Um den schulischen Alltag erfolgreich bewältigen zu können, ist es – für Lehrkräfte wie für Schülerinnen und Schüler<br />

– notwendig, ein gutes Arbeitsgedächtnis zu haben, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden und sich ganz auf<br />

eine Sache konzentrieren zu können. Hier wirkt sich das Üben, Fördern und Trainieren der exekutiven Funktionen in<br />

allen Fächern über die gesamte Schulzeit hinweg äußerst positiv aus. Deshalb sollte es sich Schule zur Aufgabe machen,<br />

alle Kinder und Jugendlichen in einer bewegten Schulkultur, die den Tag sinnvoll rhythmisiert, auf die steigende<br />

Beanspruchung ihrer exekutiven Funktionen vorzubereiten.“<br />

Ulla Seitz, Studiendirektorin, Stellvertretende Leiterin des Landesinstituts für Schulsport,<br />

Schulkunst und Schulmusik Baden Württemberg<br />

€ 12,90 (D)<br />

€ 13,20 (A)<br />

VERLAG<br />

BILDUNG plus<br />

www.verlag-bildungplus.org<br />

ISBN 978-3-95637-010-6

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