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Teil 1

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Betrachtet man die einschlägige wissenschaftliche deutsprachige Literatur der ersten Hälfte des<br />

vorigen Jahrhunderts, so ist sie angesichts der gleichzeitigen Arbeiten in den USA, den Niederlanden<br />

und England kein Ruhmesblatt. Man ist unwillkürlich an die obskuren Thesen Lysenkos<br />

zum Kartoffelabbau erinnert. Das Beharren auf überholten Positionen hat sich in Deutschlands<br />

Kartoffelbau nicht so negativ ausgewirkt, weil die praktischen Konsequenzen aus der Virustheorie<br />

und der ökologischen Standorttheorie ähnlich waren: Pflanzkartoffelanbau in Gesundheitslagen,<br />

Pflanzgutwechsel und Anbau gesunden Pflanzgutes. Heute wissen wir natürlich, dass es<br />

neben dem durch den Komplex der Viruskrankheiten verursachten Leistungsverfall der Kartoffel<br />

auch einen rein physiologisch bedingten gibt, an dessen Aufklärung die Lüsewitzer Kollegen<br />

großen Anteil haben.<br />

Den großen Durchbruch bei der Durchsetzung der Virustheorie des Kartoffelabbaus in Deutschland<br />

verdanken wir vor allem ERICH KÖHLER. Zwar hatte O. APPEL bereits die Blattrollkrankheit<br />

der Kartoffel als selbständige Krankheit aus dem Komplex der mit den Abbauerscheinungen<br />

verbundenen Kräuselkrankheit herausgelöst, gute Anleitungen zur Unterscheidung der<br />

parasitär bedingten Blattrollkrankheit von anderen, nichtparasitär bedingten Blattrollerscheinungen<br />

gegeben und die für diese Krankheit typischen Gefäßveränderungen beschrieben, aber von<br />

einer Aufklärung der Ätiologie des Komplexes war er noch weit entfernt. Als Ursache der Blattrollkrankheit<br />

sah er, befangen in den Ansichten seiner Zeit, pilzliche Erreger der Gattung Fusarien,<br />

orientierte aber die Praxis richtigerweise auf den Einsatz gesunden Pflanzgutes. Er schrieb<br />

1907: „Die bisher gemachten Erklärungsversuche haben sich alle als nicht haltbar erwiesen, da<br />

aber die Krankheit anscheinend ihren Sitz in den Gefäßen hat und daher meist erblich ist, kann<br />

als Bekämpfungsmittel die Benutzung gesunden Saatgutes angeraten werden“. Zu ähnlichen<br />

Erkenntnissen war übrigens auch Graf ARNIM SCHLAGENTHIN gekommen, wenn er schrieb,<br />

dass die Blattrollkrankheit „... ihren Sitz in den Gefäßbündeln (hat), also innerhalb der Knolle,<br />

sie unfehlbar auf die von der Mutterknolle erzeugten Tochterknollen durch die Augen resp.<br />

Knospen übergeht und (ihr) durch äußere Mittel nicht direkt beizukommen ist“,...(dass) es noch<br />

nie gelungen ist, selbst aus wenig kranken Knollen gesunde Pflanzen zu ziehen. Gegenteilige<br />

Behauptungen dürften stets auf ungenauer Beobachtung beruhen“. Im Jahre 1912 wurde bereits<br />

die Entfernung blattrollkranker Stauden aus dem Feldbestand empfohlen. ERICH KÖHLER überprüfte<br />

dann in der BRA Berlin-Dahlem mit seinen Mitarbeitern die in England von<br />

K. M. SMITH und Mitarbeitern bereits erarbeiteten Methoden der Virusdifferenzierung und -<br />

diagnose, führte diese in die Kartoffelvirologie in Deutschland ein (Stängelpfropfung, Saft- und<br />

Vektorübertragung mittels Myzus persicae), unterschied mit unterschiedlichen Übertragungsweisen<br />

und Indikatorpflanzen die X-, Y- und Blattrollkrankheit, charakterisierte nicht nur die biologischen<br />

Eigenschaften dieser Viren, sondern auch von Stämmen und setzte gegen große Widerstände<br />

in Deutschland die Virustheorie durch. Damit ebnete er den Weg für weitere Fortschritte<br />

in der Kartoffelzüchtung und Pflanzgutproduktion. Die weiteren Meilensteine dieser Entwicklung<br />

sind vor dem 2. Weltkrieg die Arbeit mit Testpflanzensortimenten und der Augenstecklingstest.<br />

Gerade in den dreißiger Jahren vollzogen sich dank der Anwendung neuer Analysemethoden<br />

und technischer Möglichkeiten, wie der Röntgenstrukturanalyse, Elektronenmikroskopie<br />

und Ultrazentrifugation, große Fortschritte in der Aufklärung der chemischen und physikalischen<br />

Eigenschaften pflanzlicher Viren, die sich natürlich positiv auch auf die Kartoffelvirologie auswirkten.<br />

Hier seien nur genannt: die Gewinnung des TMV aus dem Presssaft mosaikkranker Tabakpflanzen<br />

als kristallines Eiweiß durch STANLEY im Jahre 1935, der durch BAWDEN und<br />

PIRIE im Jahre 1937 erbrachte Nachweis, dass das TMV eine Verbindung von Nukleinsäuren<br />

und Protein, also ein Nukleoprotein darstellt, der 1936 erbrachte Nachweis der Stäbchenform des<br />

TMV durch BAWDEN, PIRIE, BERNAL und FANKUCHEN, die 1939 erfolgte erste elektronenoptische<br />

Darstellung des TMV durch KAUSCHE, PFANKUCH und RUSKA und der Nachweis<br />

von PURDY-BEALE in den Jahren 1928 bis 1931, dass pflanzliche Viren antigene Eigenschaften<br />

besitzen. In der Arbeitsgruppe von CARL STAPP der BRA wurden die Möglichkeiten<br />

der Anwendung serologischer Methoden in der Kartoffelvirologie geprüft, die dann nach dem<br />

Krieg in Ost- und Westdeutschland Bestandteil der Virustestung im Rahmen der Pflanzkartoffel-<br />

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