Teil 1
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ihren Schriften zur Geschichte des Kartoffelbaus bzw. der Kartoffelkrankheiten beeindruckende<br />
Einblicke in diese Entwicklung.<br />
Von der Bedrohung des Kartoffelbaus durch Abbaukrankheiten am Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
in Deutschland, das in dieser Zeit zu dem größten Kartoffelanbauer und -erzeuger in Europa<br />
wurde, zeugt der immer wieder zitierte Hilferuf des Grafen Arnim Schlagenthin aus Nassenheide<br />
in Pommern in „Fühlings Landwirtschaftlicher Zeitschrift“ im Jahre 1908 unter dem Titel „Europas<br />
Kartoffelbau in Gefahr“, in dem er für das Anbaujahr 1908 einen Ertragsausfall von zwei<br />
Drittel der Kartoffelernte prophezeite, ein umfassendes Maßnahmepaket für den nach seiner<br />
Meinung eine lange Reihe von Jahren in Anspruch nehmenden „Kampf gegen die neuen Kartoffelkrankheiten“<br />
vorschlug, das umfangreiche Feldversuche und Laborarbeiten einschloss. „Für<br />
alles dieses, was erforderlich, ist zur Zeit so gut wie nichts vorhanden. Vorhanden ist meines<br />
Wissens nur bei der Kaiserlich Biologischen Anstalt für Land- und Forstwirtschaft in Dahlem<br />
ein räumlich ganz beschränktes, anderweitig bereits vielfach beanspruchtes Versuchsfeld und<br />
ein Spezialist für diese Frage, nämlich Herr Regierungsrat Dr. Appel, dem alles zu verdanken<br />
ist, was man bisher in der Sache weiß“.<br />
Aus dem Jahre 1782 liegt eine erste Beschreibung der Symptome der „Kräuselkrankheit“ als<br />
Verursacher des Kartoffelabbaus von D. J. SIMON vor: „ Aus äußerlich gesund scheinenden...<br />
Kartoffeln erwachsen in allen Jahren und Erdarten... mehr oder weniger häufig solche Pflanzstöcke,<br />
deren äußeres Aussehen bereits einem Unkundigen anzeiget, dass es ein missratenes abgeartetes<br />
Gewächs sei. Die Blätter sind nicht so glatt auf der Oberfläche, sondern rau, runzlich,<br />
mager, kraus und verschrumpfen.“ Er beobachtete die angeführten Symptome stets dann, wenn<br />
sie neben den aus England importierten „Viehkartoffeln“ angebaut wurden und vermutete einen<br />
Zusammenhang mit Fremdbefruchtungen. O. APPEL schloss daraus auf die infektiöse Ursache<br />
der beschriebenen Erscheinungen.<br />
Die Literatur zur Erkundung der Ätiologie und Pathogenese kaum einer anderen Krankheit ist bis<br />
in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein so voller Fehldeutungen und Irrmeinungen, auf keinem<br />
anderen Gebiet haben sich solche Auffassungen, besonders in Deutschland, so hartnäckig gehalten,<br />
wie bei der Aufklärung der Ursachen des Kartoffelabbaus. Das hatte vielfältige Gründe.<br />
Zum einen war der Zusammenhang zwischen Pflanze und Standort und den sich hieraus ergebenden<br />
ökologischen Verhältnissen so augenscheinlich, andererseits war das Instrument zur<br />
Aufklärung der Virusätiologie noch nicht entwickelt. Die praktische Bearbeitung des Abbauproblems<br />
war zunächst eine Aufgabe der Pflanzenbauwissenschaften, die das Reaktionsvermögen<br />
der Kartoffel in den Vordergrund stellten. Standorttheorien und Theorien über physiologische<br />
Ursachen des Abbaus herrschten vor. Gerade an Hand des Leistungsrückgangs der aus England<br />
stammenden „großen“ Kartoffelsorte des ausgehenden 19. Jahrhunderts, „Magnum Bonum“<br />
wurden solche Auffassungen lange genährt: Die 1876 nach Deutschland eingeführte Sorte zeigte<br />
ab 1891 zunehmende Abbauerscheinungen, die 1905 und 1910 außergewöhnliche Ausmaße annahmen.<br />
Noch in den 30er Jahren wurde von MERKENSCHLAGER und seinen Mitarbeitern,<br />
von denen vor allem KLINKOWSKI, HEY und WARTENBERG zu nennen sind, in der Biologischen<br />
Reichsanstalt in Berlin – Dahlem nach Zusammenhängen zwischen Umweltfaktoren und<br />
dem Auftreten von „Abbauknollen“ gesucht und an Methoden zur Unterscheidung von Vital-<br />
und Abbauknollen gearbeitet. Zwar wurden auch wertvolle Bausteine zur Virusepidemiologie<br />
erbracht (zu nennen ist der sogenannte Tagesparzellenversuch von WARTENBERG,<br />
KLINKOWSKI und HEY, aber der Virustheorie des Abbaus wurde lange Widerstand entgegengebracht.<br />
In Westeuropa und den USA hatte sie sich längst etabliert. An ihren Anfängen standen<br />
solche Namen wie QUANJER und OORTWIJN-BOTJES in den Niederlanden und SCHULZ<br />
und FOLSOM in den USA. Ersterer hatte aus Pfropfübertragungen von Symptomen kranker<br />
Pflanzen auf gesunde Kartoffelpflanzen geschlossen, dass es sich um ähnliche infektiöse Agenzien<br />
handeln muss, wie sie Ende des 19. Jahrhunderts für die Tabakmosaikkrankheit beschrieben<br />
wurden und schlug den Begriff „Virus“ für diese Art von Erregern vor. Den anderen Genannten<br />
war fast gleichzeitig die Übertragung mittels Blattläusen gelungen.<br />
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