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Teil 1

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liegt eine ausführliche Literatur vor. Waren 1950 nur zwei einfache Pathotypen zu finden, so<br />

waren es 1980 bereits nur komplexe Pathotypen, die alle bis jetzt bekannten Hauptgene in der<br />

Kartoffel überwinden können (Tab. 1). Dabei ist die noch heute nicht geklärte Frage für die Praxis<br />

relativ uninteressant, ob die geschilderte Spezialisierung des Pilzes durch Mutation und Selektion,<br />

durch Selektion aus bereits vorhandenen Pathotypen oder durch sexuelle Neukombinationen<br />

entstanden ist. Wenn drei Jahre nach der Zulassung die Resistenz einer Sorte zusammenbricht,<br />

wie beispielsweise bei der Sorte „Kristalla“ mit dem Hauptgen 10, das durch den Pathotyp<br />

1.4.10 überwunden wurde, so ist das ein typisches Beispiel für die „Boom – and Bust – Zyklen“,<br />

mit denen wir es in der Züchtung auf rassenspezifische Resistenz zu tun hatten und haben.<br />

Tabelle 1: Entwicklung der Pathotypen von 1950 bis 2000<br />

(SCHÖBER-BUTIN 2000, RULLICH u. a. 2002)<br />

Jahr Pathotypen<br />

1950 0, 1<br />

1960 0, 1, 4, 1.4, 1.2.3.4<br />

1970 1, 4, 1.4, 1.2.4, 1.3.4, 1.2.3.4, 2.4<br />

1980 1.4, 1.3.4, 1.2.3.4, 1.3.10, 1.4.10, 1.3.4.10, 1.3.4.7.8.10.11<br />

1990 1.2.3.4.7.8, 1.2.3.4.7.8.10.11, 1.2.3.4.5.7.10.11, 1.2.3.4.5.7.8.10.11,<br />

1.3.4.7.10, 1.3.4.7.8.10, 1.3.4.6.7.8.10.11, 2.3.4.7.8.10.11, 3.4.7.8.10.11<br />

2000 1.3.4.7, 1.3.4.7.8, 1.3.4.7.10.11, 1.3.4.7.8.10.11, 1.3.4.5.7.10.11,<br />

1.3.4.5.7.8.10.11, 1.2.3.4.6.7, 1.2.3.4.5.7.8.10.11, 1.2.3.4.5.6.7.8.10.11,<br />

1.2.3.4.6.7.8.10.11, 3.4.7.10.11, 3.4.7.8.10.11<br />

Der im Jahre 1911 in der ersten Nummer der „Phytopathology“ von E. M. FREEMAN geäußerte<br />

Hinweis, dass Resistenz „nicht nur zu schaffen, sondern auch zu erhalten ist“, wurde auch in der<br />

Kartoffelzüchtung und -pathologie jahrelang überhört. Hinzu kommt, dass K. O. MÜLLER bereits<br />

1941 eine unterschiedliche Wirkung der spezifischen Resistenz zwischen Blatt und Knolle<br />

feststellte, die das Geschehen noch komplizierter macht und zumindest vier verschiedene Kombinationen<br />

im Resistenzverhalten der Sorten zulässt. Betrachtet man die heutigen molekular –<br />

biologischen Arbeiten, so wird meiner Meinung nach zu viel Hoffnung in die Entwicklung molekularer<br />

Primer und Marker zum Beschleunigen der auf einzelnen Genen beruhenden Resistenzzüchtung<br />

gesetzt. Ich fürchte, auch hier wird bald eine gewisse Ernüchterung über die praktische<br />

Bedeutung dieser Arbeiten einsetzen. Das gleiche gilt im Prinzip auch für die Gentechnik,<br />

wo mit hohem Aufwand eingeführte Resistenzgene durch Virulenzgene des Erregers genau so<br />

überwunden werden können, wie über herkömmliche Züchtung übertragene. Ich will damit aber<br />

in keiner Weise die Bedeutsamkeit solcher Arbeiten für die Entwicklung moderner Testmethoden<br />

in Abrede stellen.<br />

Seit Mitte der 80er Jahre sehen wir uns einer neuen Herausforderung durch den Erreger ausgesetzt.<br />

Der heterothallische Oomyzet hat sich in den früheren Jahren in Europa nur über Sporangien<br />

und Zoosporen ausgebreitet und konnte nur an befallenem Pflanzenmaterial überdauern. Für<br />

seine sexuelle Vermehrung mit der Bildung von Antheridien und Oogonien und damit zur Bildung<br />

der auch im Boden überdauernden Oosporen benötigt er die Paarungstypen A1 und A2.<br />

Sexuelle Neukombinationen waren früher nur aus Mexiko bekannt, wo beide Paarungstypen<br />

vorkamen. In allen anderen kartoffelbauenden Ländern war augenscheinlich nur der Paarungstyp<br />

A1 vorhanden. Seit den 80er Jahren kommen beide Paarungstypen fast weltweit vor (1980 wurde<br />

ihr Vorkommen durch Frau BITTNER in der DDR und 1986 durch Frau SCHÖBER und Frau<br />

RULLICH für Westdeutschland nachgewiesen) und es kommt zu einer größeren genetischen<br />

Vielfalt und Umschichtung des Erregerspektrums, verbunden mit früherem Auftreten durch Anpassung<br />

an Überdauerung im Lager und Oosporenüberwinterung im Boden, aggressiverem Verlauf<br />

der Pathogenese sowie gehäuftem Auftreten der „Stängelphytophthora“. Mit Hilfe molekularbiologischer<br />

Methoden lassen sich heute in der Population von Phytophthora infestans vier<br />

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